Du glaubst, du kennst dich mit so neumodischen Kram wie Smartphone, Tablet und Laptop besser als deine Eltern aus? Du glaubst, du kannst sie so leicht verstehen und bedienen, weil du mit ihnen aufgewachsen bist und dich als Digital Native definierst? Du bist von den lapidaren Fragen deiner Eltern genervt, wenn sie wieder mal das Internet gelöscht haben? Schlechte Nachrichten: Du liegst bereits falsch, wenn du nur eine dieser Fragen beantwortest.

Aber beginnen wir von vorne. Wikipedia sagt, ein sogenannter Digital Native ist eine Person, die in der digitalen Welt aufgewachsen ist. Sie kennt die Zeit nicht, in der es noch keine Smartphones und eReader gab oder kann sich nur schwer daran erinnern. Wenn du diesen Text auf ze.tt liest, bist DU mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Digital Native. Dein Gegenteil wäre ein Digital Immigrant, also jemand, der diese digitale Welt erst als Erwachsener kennengelernt hat.

Dementsprechend schlecht verstehen Angehörige dieser Generation die digitale Welt. So lautet zumindest der Vorwurf. Digitale Immigranten lernen zu langsam, wie man neue Geräte bedient, brauchen nervig oft Hilfe, kennen den Unterschied zwischen einer MP3- und einer MP4-Datei nicht, halten Twitter für ein Brettspiel. Gemeinhin gilt das Jahr 1980 als referenzielles Geburtsjahr. Alle, die davor geboren sind, mussten erst in diese digitale Welt immigrieren und finden sich nur schwer darin zurecht. Sagt man.

Sagt man falsch. Die Ergebnisse einer Studie, die kürzlich im wissenschaftlichen Journal Teaching and Teacher Education veröffentlicht wurde, beweisen: Die informationsversierten Digital Natives existieren nicht. Trotz der Tatsache, dass sie mit dem Internet und damit einhergehender Technologie aufwachsen, würden keine empirischen Beweise dafür existieren, dass junge Generationen technikaffiner sind.

Wenn wir annehmen, Student*innen hätten einzigartige technologische Fähigkeiten, wäre das für deren Lernkurve sogar hinderlich, meint Paul Kirschner, Ko-Autor der Studie und Psychologie-Professor an der Fernuniversität der Niederlande in Heelen. "Wir müssen alle Menschen gleich behandeln, nämlich als kognitiv Lernende, und aufhören, einer spezifischen Gruppe spezielle Fähigkeiten zuzuschreiben", sagte er zu Discover. Niemand könne einfach so mit neuer Technologie verschmelzen. Die Annahme, junge Menschen bräuchten aufgrund ihres digitalen Aufwachsens spezielle multimediale Lehrmethoden, ist schlichtweg falsch. Kirschner und sein Forschungskollege Pedro de Bruyckere plädieren daher dafür, unsere Beziehung zu Technologie zu überdenken. Nicht nur das: Die junge Generation kann auch nicht unbedingt besser multitasken als digitale Immigrant*innen. Wenn ihr also während der Vorlesung im Hörsaal oder eures Jour Fixes im Büro wieder mal eure Whatsapp-Nachrichten checkt, geht euch ziemlich sicher Wissen flöten. Kirschner würde sagen, es geht auf kognitive Kosten. In Wirklichkeit widmen wir uns beim vermeintlichen Multitasking nämlich bloß mehreren Sache nacheinander und nicht gleichzeitig.