Wissenschaftler sind besorgt. Durch das sogenannte Larsen-Schelfeis in der Antarktis, genauer gesagt der größte Teil dieses Schelfs namens Larsen C, zieht sich ein riesiger Riss, der sich immer schneller vergrößert. Allein in den vergangenen zwei Monaten wuchs er um mehr als 27 Kilometer. Laut einem Bericht der New York Times vergrößert sich der Riss jeden Tag um fünf Footballfelder.

Der Riss im Larsen C ist an manchen Stellen drei Kilometer breit und mittlerweile mehr als 175 Kilometer lang. Und er droht das Ende des Schelfs zu erreichen. Sollte das passieren, würde diese riesige Eisplatte ins Meer fallen – man spricht hier wie bei Kühen vom Kalben. Die schwimmende Platte würde dann einen der größten Eisberge in der Geschichte der Aufzeichnungen darstellen. Die Platte ist derzeit noch an gerade mal 20 Kilometern Gletscher fixiert.

Der komplette Abbruch könnte in wenigen Tagen, aber auch erst in Jahren passieren. Project MIDAS, ein Forschungsteam in der Antarktis um Adrian J. Luckman von der Swansea University in Wales, das seit einigen Jahren den Riss verfolgt, geht allerdings davon aus, dass die Platte in einigen Monaten ins Meer fallen wird. Sie würden das Spektakel "mit angehaltenem Atem" beobachten.

Ob und inwiefern der Klimawandel an dem Schlamassel Schuld ist, ist nicht sicher. Das Forschungsteam selbst kann keinen kausalen Zusammenhang zwischen Riss und Klimawandel ziehen. Auch wenn der allgemeine Rückgang des Schelfeises südwärts entlang der antarktischen Halbinsel wohl der Klimaerwärmung zuzuschreiben ist. Dieser spezifische Riss würde sich seit Jahrzehnten entwickeln. Seine Entstehung hat demnach vermutlich einen natürlichen Ursprung.

Da die Platte bereits im Meer schwimmt, würde deren komplette Trennung vom Larsen-Schelfeis den Meeresspiegel nicht erhöhen. Je nachdem wie schnell sie daraufhin in wärmere Gebiete driftet oder in kleinere Stücke zerbricht, könnte der entstandene Eisberg sogar Jahrzehnte erhalten bleiben. Auf jeden Fall wird er einen eigenen Namen bekommen.

Eisschelf ist eine große Eisplatte, die auf dem Meer schwimmt und von Festland-Gletschern gespeist wird. Gletscher und Schelf sind miteinander verbunden und geben sich gegenseitig strukturellen Halt. Ohne das vorgelagerte Schelfeis könnten Gletscher schneller ins Meer fließen.

Das Abbrechen des Larsen-Schelfeises wird übrigens auch im Katastrophenfilm von Roland Emmerich The Day After Tomorrow erwähnt. Ein Riss im Schelf Larsen B läutet da eine globale Klimakatastrophe ein. Just sayin'.