Als Brynjar Karl Birgisson anfing, die Titanic aus kleinen Legosteinen nachzubauen, wusste er noch nicht, dass das sein Leben verändern und seine Welt auf den Kopf stellen würde. Brynjar lebt in Reykjavik, der Haupstadt Islands, und wurde mit Autismus geboren. Als er gerade zehn Jahre alt wurde, wusste er so gut wie alles über die Titanic. Bei einem Besuch des Legolands in Dänemark war Brynjar fasziniert von den riesigen Modellen aus den bunten Plastiksteinen und beschloss, auch so ein Modell zu bauen – und zwar ein Modell der Titanic.

Gesagt, getan: Zusammen mit seinem Großvater entwickelte Brynjar auf Grundlage der echten Titanic-Baupläne einen Entwurf für das Lego-Schiff, sein Großvater setzte das Ganze in einen Maßstab, um zu wissen, wie viele Bausteine in etwa benötigt werden. Wer jetzt jedoch an ein kleines Modlel denkt, das in jedes normale Kinderzimmer passt, liegt falsch: In elf Monaten und knapp 7.000 Arbeitsstunden entstand ein acht Meter langes Modell des weltbekannten Passagierschiffs, bestehend aus insgesamt 65.000 Bausteinen.

Vor allem seine Mutter Bjarney unterstütze ihn damals wo sie nur konnte: "Meine Mutter war mein Coach und meine Mentorin", verrät der mittlerweile 15-jährige Brynjar dem Titanic-Museum Titanic Pigeon Forge. Sie kümmerte sich um eine Crowdfunding-Kampagne, mit der sie 3.000 US-Dollar für den Kauf von Legosteinen einsammelte; sie bestellte die Bausteine, kümmerte sich um einen großen Raum, in dem Bjarney ungestört bauen konnte, und zeigte ihm, wie er mit Gästen und der Presse umgehen soll.

Das Projekt half Brynjar

Brynjar sorgte damals mit seinem Lego-Modell für Aufsehen, einige Medien nannten ihn sogar den "Lego-Jungen" und er inspirierte viele Menschen mit seiner Geschichte – auch wenn ihm das damals noch gar nicht klar war. Er erklärt: "Ich hätte mir niemals vorstellen können, dass mein Projekt so einen Einfluss hat. Die Dinge haben sich einfach entwickelt und wir sind der Strömung gefolgt. Aber es ist mir eine große Ehre und ich bin wirklich froh, dass mein Projekt so eine Inspiration für viele andere war – auch meine Motivation, den eigenen Träumen zu folgen." Heute verstehe er jedoch, dass es dabei gar nicht nur um das Titanic-Modell gegangen sei, sondern um seine Geschichte.

"Die ganze Reise half mir raus aus diesem autistischen Nebel. Auch wenn ich noch immer autistisch bin – und es auch immer sein werde – habe ich mir beigebracht so ,normal wie möglich' zu sein. Was auch immer normal heißt", erklärt Brynjar. Damals sei er nicht in der Lage gewesen, zu kommunizieren und heute stehe er auf der Bühne und gäbe sogar Interviews, führt er aus. "Es hat mir Selbstbewusstsein gegeben. Als ich mit dem Bauen anfing, hatte ich einen Person, die mir in der Schule bei jedem Schritt geholfen hat; aber heute lerne ich ohne irgendeine Unterstützung. Meine Schulnoten sind besser geworden, in meiner Klasse gehöre ich dazu. Ich hatte die Möglichkeit viel zu reisen, zu entdecken und viele wunderbare Menschen zu treffen."

Meine Geschichte hat Eltern von autistischen Kindern die Hoffnung gegeben, dass die Diagnose gar nicht so schlimm ist."

Brynjars Titanic-Modell hat mittlerweile schon einiges hinter sich: Es wurde bereits auf Island, in Schweden, Norwegen und Deutschland ausgestellt – und wird nun im Titanic Pigeon Forge, einem Museum in Tennessee, gezeigt. Mary Kellog, Miteigentümerin des Museums, sagte gegenüber der Online-Plattform Know News, sie habe von dem Lego-Modell durch einen Brief erfahren: "Es war kein Platz mehr da. Das Schiff wäre zerstört wurden, wenn sie kein neues Zuhause dafür gefunden hätten." Und so nahm das Museum sich der Sache an und ließ den riesigen Lego-Nachbau in drei Teilen in die USA liefern, wo er nun zu bestaunen ist. Auch Brynjar selbst wird am 21. April vor Ort sein Modell der Öffentlichkeit präsentieren. Außerdem möchte er Menschen Hoffnung geben: "Autistisch zu sein hört sich erst mal ein bisschen gruselig an, denn es gibt keine Heilung und auch kein Medikament dagegen, aber es gibt Wege damit umzugehen und ich bin ein Beweis. Meine Geschichte hat Eltern von autistischen Kindern die Hoffnung gegeben, dass die Diagnose gar nicht so schlimm ist.

Die kleinen, bunten Plastiksteine haben Brynjar zwar berühmt gemacht, doch mittlerweile hat der Teenager das Interesse am Bauen verloren. "Ich muss zugeben, dass die Lego-Zeit für mich vorbei ist, ich habe nach der Titanic nichts mehr gebaut", gibt er zu. Mittlerweile interessiere er sich vielmehr für die Schiffe und ihre Geschichten, denn später, wenn er groß ist, möchte Brynjar Kapitän werden.