Der zwölfte G20-Gipfel sollte einer internationalen Verständigung über weltweite Hungersnöte, Migration sowie Finanz- und Wirtschaftsthemen dienen. Im Fokus der Öffentlichkeit standen am Ende allerdings vor allem die Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Demonstrant*innen. Deren Aufeinandertreffen artete zu einem Straßenkampf in Hamburgs Schanzenviertel aus.

Fast 5.500 gewaltbereite Linksextremist*innen sollen sich in Hamburg an den Demonstrationen beteiligt haben, ein Drittel davon war aus dem europäischen Ausland angereist. Es kam teilweise zu brutalen Auseinandersetzungen mit über 30.000 Polizist*innen. Die Schäden, die dabei entstanden, belaufen sich auf circa zwölf Millionen Euro.

Das Chaos löste Debatten über Polizeigewalt und Umgang mit dem schwarzen Block aus. Aber was sind die Konsequenzen aus den Ereignissen und den Diskussionen?

Die Strafverfolgung wird intensiviert

Kurz nach den Protesten sagte Regierungssprecher Steffen Seibert: "Die Bundesregierung steht zu der Entscheidung für Hamburg als Gipfelort." An dieser Aussage wird auch ein Jahr später festgehalten. Auf unsere Nachfrage, was die Bundesregierung in einer Situation wie vor einem Jahr anders machen würde, antwortet eine Regierungssprecherin knapp mit: "Diese Frage stellt sich aktuell nicht."

So kreativ protestierten Künstler*innen gegen den G20-Gipfel in Hamburg

Hamburgs Innensenator Andy Grote hat nach den Protesten einige Veränderungen in Gang gesetzt. Es ist geplant, dass Polizist*innen künftig Nummern tragen sollen, damit sie besser identifiziert werden können. Damit reagierte Grote auf die Forderungen, es müsse auch in Hamburg eine Kennzeichnungspflicht für Polizist*innen im Einsatz geben. In neun Bundesländern – Berlin, Brandenburg, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen – gibt es diese bereits.

Gegen Gewalttäter*innen bei Demonstrationen soll künftig intensiver ermittelt werden, sagte Grote dem NDR. "Wir werden das Entdeckungsrisiko für diejenigen, die sich an solchen Ausschreitungen beteiligen, hochhalten", so Grote. Straftäter*innen dürften sich auch nach Jahren oder im Ausland nicht vor Verfolgung ihrer Taten sicher fühlen.

Stand der Ermittlungen bis heute

Den Aktivist*innen werden Straftaten wie Körperverletzung, Landfriedensbruch, Widerstand gegen Beamte oder Sachbeschädigung vorgeworfen. Am härtesten wurde ein 29-jähriger Deutscher verurteilt, der bei der Welcome-to-Hell-Demo einen Polizisten mit einer abgeschlagenen Bierflasche verletzt hatte. Er wurde zu drei Jahren und sechs Monaten Gefängnis verurteilt.

Auch Beamten wird vorgeworfen, sich während der Proteste falsch und ungerechtfertigt gewalttätig verhalten zu haben. Im Dezernat Interne Ermittlungen sammeln sich 155 Verfahren gegen Beamte, größtenteils wegen Körperverletzung im Amt, 74 davon sind von den internen Ermittlern selbst initiiert. Bislang ist aus diesen Verfahren keine einzige Anklage entstanden. Nach Angaben der Polizei fehlten in vielen Fällen die Aussagen von Zeug*innen.

Wie viele Demonstrant*innen und Zivilist*innen verletzt wurden, ist bis heute unklar, da es große Abweichungen zwischen den Zahlen von Krankenhäusern und der Regierungsantwort auf eine Anfrage der Linken gibt. Das Medium Buzzfeed recherchierte für einen Beitrag insgesamt rund 735 Verletzte.

Für die Verantwortlichen gab es keine Konsequenzen

Bereits vorab gab es Bedenken an der Wahl Hamburgs als Austragungsort des G20-Treffens. Der ehemalige Oberbürgermeister Olaf Scholz beschwichtigte damals. Er versicherte in einem Interview mit dem Tagesspiegel Sicherheit für Bürger*innen und internationale Gäste. Diese Fehleinschätzung hatte keine Konsequenzen für ihn: Scholz ist inzwischen amtierender Bundesfinanzminister und Vizekanzler. Auch Hamburgs Innensenator Andy Grote ist weiterhin im Amt. Hartmut Dudde, der Leiter des Polizeieinsatzes, wurde im Mai zum Chef der neu strukturierten Hamburger Schutzpolizei befördert.

Der neue Hamburger Oberbürgermeister Peter Tschentscher kündigte in seiner 100-Tage-Amtsrede kürzlich an: "Wenn es erneut zu linksextremer Gewalt kommt, "dann gehen wir da rein." Damit meint Tschentscher die linksorientierte Einrichtung Rote Flora, die laut ihm "keine Bestandsgarantie" habe. Die Rote Flora gilt als Treffpunkt von Linken. Bereits Vorgänger Scholz hatte die Zukunft der Roten Flora in Frage gestellt. "Es kann dort nicht so bleiben, wie es ist", sagte er im August vergangenen Jahres der Bild. Passiert ist bisher noch nichts.

Proteste gab es übrigens auch in diesem Jahr: Am Jahrestag des Gipfel-Treffens und der Proteste demonstrierten etwa 2.300 Menschen im Hamburger Schanzenviertel – allerdings friedlich.

Disclaimer: Dieser Artikel hatte interpretative und inhaltliche Fehler. Wir haben sie in einer neuen Version des Beitrags korrigiert (Stand 14.7., 15:40 Uhr).