Die US-Amerikanerin Taylor Myers teilt auf ihrem Tumblr-Blog Texte, Gedichte, Gedanken und alles, was ihr gefällt. In einem Text, den sie bereits im Juli 2016 veröffentlichte, erklärt die heute 25-Jährige, dass sie im Alter von 17 Jahren ein Seminar mit dem Titel Relationships For Life, also Beziehungen für das Leben, besuchte und dort viel über die Liebe lernte. Sie schreibt: "Viele Menschen fragen mich, was meine größte Angst ist, wovor ich mich am meisten fürchte." Doch anstatt Höhe, enge Räume oder etwas in der Art zu nennen, geht Taylor auf das Seminar ein: "Ich habe da gelernt, dass die meisten Menschen sich aus denselben Gründen, aus denen sie sich verliebt haben, auch wieder ent-lieben."

"Das einst sture Verhalten der anderen Person wird zum Sich-nicht-auf-Kompromisse-Einlassen, das Geradeaus-Denken wird zu Unsicherheit, die schlechten Angewohnheiten, die du früher toll fandest, sind es plötzlich nicht mehr; die Spontaneität wird Leichtsinnigkeit; die Füße auf dem Armaturenbrett sind nicht mehr sexy, sondern eine Ablenkung im eh schon anstrengenden Alltag", schreibt sie und fasst damit zusammen, wie sich Menschen und Gedanken in Beziehungen verändern können. Was man vor einiger Zeit noch gut fand, wird unerträglich. Diese Tatsache beschäftigt Taylor, macht ihr Angst. Sie beendete ihren Text damals mit der Zeile: "Nichts macht mich trauriger, nichts macht mir mehr Angst als der Gedanken, dass ich für jemanden hässlich werde, der mich zuvor noch toll fand."

Ist Liebe ein Gefühl oder eine Entscheidung?

Taylors Text scheint viele Menschen zu beschäftigen: Seit der Veröffentlichung reagierten über 1,4 Millionen Tumblr-User*innen auf die bewegenden Worte der 25-Jährigen. Doch Taylor hatte in ihrem ersten Text eine wichtige Erkenntnis, die sie aus dem Seminar mitnehmen konnte, gar nicht erwähnt. Das große Interesse an ihren Gedanken schien sie jedoch dazu veranlasst haben, diese Information nicht länger für sich behalten.

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"Ich hätte niemals damit gerechnet, dass das mein beliebtestes Gedicht wird – von all den Hunderten, die ich geschrieben habe", schreibt sie. Sie sei beim Verfassen des Textes jedoch extrem verbittert und traurig gewesen und habe deshalb den schönen Teil des Seminars gar nicht erwähnt, gibt sie zu. Die Seminarleiterin habe den Kurs damals gefragt, ob Liebe ein Gefühl oder eine Entscheidung sei. "Wir waren ein Haufen Teenager. Natürlich haben wir gesagt, es ist ein Gefühl. Daraufhin sagte die Leiterin, wenn wir an diesem Glauben festhalten, werden wir niemals irgendeine Art von langer Beziehung führen", schildert Taylor.

Liebe ist ein ständiges Commitment

Die Kursteilnehmer*innen mussten daraufhin Interviews mit Erwachsenen führen, die entweder verheiratet sind oder es zumindest waren. In den Interviews sollten sie in Erfahrung bringen, ob die Interviewten Liebe für ein Gefühl oder eine Entscheidung hielten. Taylor fasst das Ergebnis der Befragung zusammen: "Alle haben gesagt, es ist eine Entscheidung. Es ist ein ständiges Commitment. Es ist etwas, woran du jeden Tag mit einer Person zusammenarbeitest, die sich auch dafür entschieden hat."

Alle interviewten Personen erklärten, dass in einer Ehe das Gefühl von Verliebtsein irgendwann verschwand oder verblasste und sie nicht mehr glücklich waren. "Sie sagten, Gefühle verändern sich immer schnell und du kannst nichts auf so einem wackligen Fundament aufbauen. Die Verheirateten sagten, wenn alles schlimm sei, entscheiden sie sich, darüber offen zu sprechen, sich zu dem, was nicht funktioniert, zu bekennen und daran zu arbeiten, es wieder aufzubauen. Und auch die Geschiedenen sagten, sie hätten sich entschieden, wegzugehen", schreibt Taylor.

Ich habe keine Angst mehr.
Taylor Myers

Diese Erkenntnis hat in Taylor einiges bewirkt: Sie habe seitdem einen ganz anderen Blick auf Beziehungen. "Ich habe keine Angst mehr vor dem Tag, an dem mich jemand, für den ich vorher alles war, keine Sterne mehr in meinen Augen sieht, solange die andere Person sich dafür entscheidet, die Sterne so lange zu suchen, bis sie diese wieder sehen kann." Taylors Worte scheinen vielen Menschen aus der Seele zu sprechen, auch heute, knapp zwei Jahre nach der Veröffentlichung der Texte. Der Onlineplattform Bored Panda erklärt sie: "Die Reaktionen haben mich umgehauen. Ich bekomme heute noch wöchentlich Nachrichten von Menschen, die mir erzählen, wie der Text sie beeinflusst hat, ihre Beziehung gerettet hat oder ihnen die Stärke gegeben hat, von etwas wegzugehen, das sie zurückhielt. Es haut mich total um, dass etwas, das ich geschrieben habe, so viele Menschen weltweit berührt hat".