Eine Kompanie lässt sie auflösen, Übungen einstellen: Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hat am Dienstag angekündigt, das Kommando Spezialkräfte (KSK) grundlegend umzustrukturieren. Hintergrund sind mehrere rechtsextremistische Vorfälle in der Truppe. Doch was macht diese Spezialeinheit überhaupt? ze.tt klärt die wichtigsten Fragen.

Was genau macht das KSK?

Während des Bürgerkriegs in Ruanda mussten Mitarbeitende der Deutschen Welle gerettet werden. Wie die FAZ schreibt, hatte die Bundeswehr keine eigene Truppe, die dafür ausgerüstet und ausgebildet gewesen wäre. Also übernahm das damals belgische Para-Commando die Aufgabe.

Eine solche Situation sollte sich nach dem Willen damaliger Verteidigungspolitiker*innen nicht wiederholen. Die Antwort war die Gründung des Kommando Spezialkräfte im Jahr 1996. Ursprünglich war die Truppe lediglich zur "Rettung und Evakuierung deutscher Staatsbürger und/ oder anderer Personen in besonderen Lagen im Ausland" geplant. Der damalige Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) erweiterte den Aufgabenbereich jedoch um die "Gewinnung von Schlüsselinformationen in Krisen- und Konfliktgebieten", den "Schutz von Personen in besonderer Lage" und "Kampfeinsätze im gegnerischen Gebiet".

Das KSK ist somit vergleichbar mit dem britischen Special Air Service (SAS) oder den Navy Seals der USA. KSK-Soldat*innen kämpften in Afghanistan gegen die Taliban, wo das Kommando 2013 einen Toten zu beklagen hatte. Im früheren Jugoslawien half das KSK vom UN-Tribunal gesuchte Kriegsverbrecher*innen zu finden und festzunehmen. Geiseln hat das KSK nach Informationen des Spiegel bis jetzt nicht befreit. Allerdings liegt es in der Natur solcher Spezialeinheiten, dass wenig nach außen dringt. Wo Soldat*innen des KSK überall eingesetzt waren, ist nicht öffentlich bekannt.

Wie viele Soldat*innen hat die Einheit und wo sind sie stationiert?

Die Einheit besteht nach Angaben der Süddeutschen Zeitung aus 1.600 Soldat*innen. Untergebracht ist das KSK in der Graf-Zeppelin-Kaserne in Calw, Baden-Württemberg. Die Truppe besteht vor allem aus Menschen, die eine zweijährige Basisausbildung durchlaufen haben. Danach folgt eine einjährige Spezialisierung in den Bereichen Fernmeldetechnik, Waffen, Spreng- und Pionier*innenwesen, Sanitätsdienst, Gebirgskampf und Freifall-Fallschirmspringen sowie amphibische Operationen.

Welche Kritik gibt es am KSK?

Bereits vor der Gründung stand das KSK in der Kritik, die seitdem nie ganz abriss und zuletzt so groß wurde, dass Kramp-Karrenbauer die Einheit nun reformieren möchte. Zu Beginn kam die Kritik vor allem aus der Friedensbewegung und der Partei Bündnis 90/ Die Grünen. Hauptkritikpunkt war die Ausrichtung des KSK und die demokratische Legitimation. In Situationen, in denen schnell entschieden werden müsse oder Geheimhaltung erfordert werde, sei es nicht möglich, eine Zustimmung durch den Bundestag einzuholen – genau das hatte das Bundesverfassungsgericht jedoch in einem Urteil aus dem Jahr 1994 gefordert.

Seit der Gründung drangen vor allem Nachrichten über rechtspopulistische bis extrem rechte Machenschaften nach außen. Schon im Jahr 2003 entließ Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) den damaligen langjährigen Kommandeur der ersten Zeit, Reinhard Günzel. Der hatte auf offiziellem Briefpapier einen Unterstützerbrief für den ehemaligen Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann (CDU) geschrieben. Dieser hatte gesagt, dass "man Juden mit einiger Berechtigung als 'Tätervolk' bezeichnen" könne. Daraufhin war er aus der Fraktion entlassen worden und Günzel war ihm beigesprungen.

Im Mai dieses Jahres hatte die Polizei einen sächsischen KSK-Soldaten festgenommen. Die Polizist*innen fanden auf seinem Grundstück zwei Kilo Sprengstoff, Tausende Patronen, Schusswaffen, Waffenteile, einen Schalldämpfer und Nazischriften. Der Mann ist inhaftiert und schweigt. Nach Angaben von Kramp-Karrenbauer fehlen dem KSK aktuell mindestens 62 Kilo Sprengstoff und 48.000 Schuss Munition.

Nur drei Tage nach der Festnahme ging ein zwölfseitiger Brief im Verteidigungsministerium ein. Geschrieben hatte ihn ein KSK-Hauptmann. Während der Ausbildung würden "Indizien rechtsextremer Umtriebe (…) intern zwar wahrgenommen, aber (…) kollektiv ignoriert oder gar toleriert", wie die ARD berichtet. Der Soldat habe von einer toxischen "Kultur des Hinnehmens" geschrieben.

Wie reagiert die Politik?

Annegret Kramp-Karrenbauer hatte noch im Mai eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die ein Konzept zur Bekämpfung des Extremismus in der Elitetruppe erarbeitet hat. Ebenjenes hat sie diesen Dienstag vorgestellt. Das Konzept sieht vor, dass die Spezialeinheit "alle Übungen und internationalen Kooperationen einstellt sowie weitgehend aus laufenden Einsätzen zurückgezogen wird", schreibt die ARD.

Eine von vier Kompanien wird aufgelöst. Außerdem soll dem KSK die Oberhoheit über die Ausbildung genommen werden. Nach dem Plan der Arbeitsgruppe hat das KSK bis zum 31. Oktober Zeit, sich zu bewähren. Gelingt das nicht, droht die komplette Auflösung.

(mb)