Dieses Jahr war unter anderem der Dichter Heinrich Heine auf dem Rosenmontagsumzug der Stadt Düsseldorf vertreten. Als überlebensgroße karnevalistische Pappmascheefigur zierte er den Mottowagen der jüdischen Gemeinde der Stadt.

Mit einer Schreibfeder ausgerüstet liegt er zwischen der Lambertuskirche und der Synagoge der Stadt. Der Wagen, auf welchem Heine thront, ist der erste Mottowagen einer jüdischen Gemeinde, der seit über 80 Jahren an einem Karnevalsumzug in Deutschland teilnimmt.

Der Karneval hat eine lange antisemitische Geschichte

Dass eine jüdische Gemeinde an dem traditionell katholisch-christlichen Brauch teilnimmt, ist nicht das erste Mal. Aber das erste Mal seit langer Zeit. Laut einem Bericht des Deutschlandfunks verbot das Kölner Karnevalskomitee 1923, dass Jüd*innen an einem Umzug teilnehmen. Die ein Jahr zuvor gegründete jüdische Karnevalsgesellschaft Kölns war damit vom Umzug ausgeschlossen.

Zwischen der Machtergreifung Hitlers 1933 und dem Beginn des Zweiten Weltkrieges 1939 wurden die Karnevalsumzüge auch dafür genutzt, um Hass gegen Jüd*innen zu schüren und antisemitische Propaganda zu verbreiten. Jüdische Verbände und Gemeinden in Deutschland waren daraufhin bis 2018 nicht ins Narrengeschehen zurückgekehrt. Dieses Kapitel der deutschen Karnevalsgeschichte wurde lange Zeit totgeschwiegen.

Den Anstoß, das zu ändern, gab der Verwaltungsdirektor der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf. Michael Szentei-Heise schlug vor, auf dem Umzug 2018 Präsenz zu zeigen. Dem Deutschlandfunk sagte er: "Es gibt in jeder Stadtgesellschaft bestimmte Dinge, die einfach der Stadt sehr eigen sind und Karneval in den drei Karnevalshochburgen Düsseldorf, Köln und Mainz ist eines dieser Dinge. Und wenn man da mitmacht, dann ist man wirklich auch Teil der Stadtgesellschaft. Deswegen wollten wir uns beteiligen."

Jüdisch und muslimisch Gläubige gemeinsam auf einem Wagen

Auch der Vorstandschef des Verbandes Düsseldorfer Muslime, Dalinç Dereköy, fährt auf dem Wagen der jüdischen Gemeinde mit. Vor dem Umzug sagten Szentei-Heise und er der Rheinischen Post, dass es ihnen wichtig sei, als Minderheiten gemeinsam für Zusammenhalt zu demonstrieren. Vor allem aber gehe es darum zu zeigen, dass beide Gruppen am kulturellen Leben der Stadt teilhaben – und teilhaben wollen. Der Wagen war übrigens mit 1,3 Tonnen koscherer, also halaler Süßigkeiten, der sogenannten Kamellen, ausgestattet.

Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, nahmen 126 Wagen am Rosenmontagsumzug in Düsseldorf teil, darunter zwölf Wagen mit politischen Motiven. Auch wenn der Wagen mit Vertreter*innen der jüdischen und muslimischen Gemeinden wohl nicht offiziell in diese Kategorie zählte, war es ein politischer Auftritt; setzt er doch in Zeiten des erstarkenden Rechtspopulismus ein Zeichen für den Zusammenhalt innerhalb verschiedener Minderheiten. Und für deren Teilhabe am öffentlichen Leben der Gesellschaft.