Als Ingenieurin bei der Wasserbehörde hat Julia Meister im Job nichts mit Tieren am Hut. In ihrer Freizeit blüht sie allerdings zur Imkerin auf. Im Protokoll erzählt sie, wie sie zum Imkern kam, wie es mit dem Frauenanteil unter Imker*innen aussieht – und sie erklärt, wie wir alle Imker*innen werden können, egal ob wir auf dem Land oder in der Stadt wohnen.

Bei uns im Ort wird sehr viel geimkert. Auf knapp 400 Einwohner kommen hier etwa 40 Bienenvölker. Fast jeder hat Verwandte, die Bienen halten. Bei meinem Mann war es der Opa, bei mir ein Uropa und ein Großonkel. Das führt nicht nur dazu, dass immer ein Glas Honig da ist, es weckt auch Interesse. Imker wurden wir trotzdem von heute auf morgen. Als ein Arbeitskollege anrief und meinte, er habe zwei Völker abzugeben, ging alles sehr schnell. Wir sind spontan hingefahren und kamen mit unseren ersten Bienenvölkern nach Hause. Plötzlich waren wir Imker. Jetzt machen wir das im dritten Jahr.

So verändert sich das Leben als Imker*in

In der ersten Zeit ist alles ganz schön aufregend. Zum Glück hatten wir mit meinem Onkel eine Art Imkervater. Gerade am Anfang ist es gut, jemanden fragen zu können. Es gibt viele Situationen, die ich am Anfang nicht deuten konnte. Einmal wuselten furchtbar viele Bienen vor dem Flugloch rum und ich wusste nicht, ob sie abhauen wollen. Mein Onkel hat sich das angeschaut und gemeint, die freuen sich einfach, dass die Sonne scheint und, dass sie eine gute Tracht gefunden haben. Heute kann ich das einschätzen. Natürlich habe ich viel gelesen, aber das bleibt eben Theorie. So klar und einfach wie beschrieben, ist es in der Praxis nicht.

Inzwischen sind wir viel gelassener, wenn die Bienen unruhig werden. Wenn sie wirklich schwärmen wollen, sind sie aggressiver als sonst und bauen Weiselzellen, in denen Königinnen herangezogen werden. Ich muss regelmäßig Wabe für Wabe durchsehen. Wenn Weiselzellen dabei sind, greife ich ein und bilde Ableger. Ich setze einen Teil der Brut in eine neue Beute und habe ein neues Volk, das sich selbst eine Königin heranzieht.

Seit wir Bienen haben, ernte ich Himbeeren bis in den Herbst." – Julia Meister

Es ist schon ein ziemlicher Wahnsinn, wie Bienen sich organisieren und was sie leisten. Ich bin immer noch fasziniert davon, wie schnell sie diese gleichmäßigen Waben bauen. Dass sie fleißig sind, merke ich auch im Garten. Seit wir Bienen haben, ernte ich Himbeeren bis in den Herbst. Honig fand ich immer schon toll. Aber mit dem eigenen Honig ist das etwas anderes, den habe ich selbst geerntet, geschleudert und wochenlang jeden Tag gerührt. Den Honig essen wir selbst oder wir verkaufen oder verschenken ihn.

Beruflich habe ich nichts mit Tieren zu tun. Ich bin Ingenieurin bei der Wasserbehörde. Um die Bienen kümmere ich mich am Abend und am Wochenende. Im Moment sind wir fast jeden Abend damit beschäftigt. Das ist ein Nachteil der Bienen. Im Sommer spontan zwei Wochen wegfahren geht nicht. Wir müssen regelmäßig nachschauen.

Gerade haben wir angefangen, Honig zu schleudern, Königinnen zu ziehen und Ableger zu bilden. Da geht eine Menge Zeit drauf. Manchmal möchte ich gerne mal wieder etwas anderes machen. Aber wenn ich bei den Bienen reingucke und sehe, wie es vorangeht, dann finde ich sie wieder großartig. In den Urlaub fahren wir Ende August, da ist das Bienenjahr vorbei. Im Herbst und Winter tut sich wenig. Weil manche Völker nicht über den Winter kommen, bilden wir vorher Ableger. So können wir davon ausgehen, dass wir nächstes Jahr mit sechs Wirtschaftsvölkern weitermachen. Das ist für uns die richtige Größe.

Es ist übrigens eine gute Idee, als Paar zu imkern." – Julia Meister

Früher war Imkern eine Männerdomäne. Frauen durften bestenfalls Honig schleudern. Jetzt kommen immer mehr Frauen dazu, gerade jüngere. Ich kenne eine Menge Imker und Imkerinnen in meinem Alter. Hier im Ort gibt es ein Jungimkerprojekt, aber auch in der Stadt bei den Arbeitskollegen reden wir viel über Bienen.

Es ist übrigens eine gute Idee, als Paar zu imkern. Zum einen ist es ein recht zeitintensives Hobby. Zum anderen ist eine körperlich schwere Arbeit. Wenn die Bienen viel eingelagert haben, sind die Beuten wirklich schwer. Da ist es besser, wenn jemand mithält. Außerdem sehen vier Augen mehr als zwei. Es geht beim Imkern sehr viel darum, Bienen zu beobachten und Waben durchzusehen. Wir schauen nach, wie weit der Honig ist, ob sie gut eingetragen haben, wie es der Königin geht und, ob sich Krankheitsbilder abzeichnen.

Bienen retten, Imker*in werden?

Jeder kann etwas für Bienen tun. Dafür muss man nicht Imker werden. Wer einen Balkon oder einen Garten hat, kann bienenfreundliche Blumen pflanzen. Wichtig ist auch, Honig nicht im Supermarkt zu kaufen, sondern beim regionalen Imker. Da kostet das Glas vielleicht einen Euro mehr, dafür gibt es aber auch richtigen Honig und nicht nur Zuckerwasser. Wer seinen Honig im Glas des Imkerbunds verkauft, wird regelmäßig kontrolliert und garantiert artgerechte Haltung und gute Inhaltsstoffe.

Wenn ich jemanden vom Imkern überzeugen wollte, würde ich den Umweltgedanken reinbringen. Wir haben ein Riesenproblem mit dem Insektensterben und die Bienen sind für unsere Ernährung sehr wichtig. Etwa 80 Prozent unserer Nutz- und Wildpflanzen werden durch Bienen bestäubt. Durch Wildbienen, Hummeln und Honigbienen.

Wenn eine Königin das Volk im Griff hat, sind alle zufrieden und fleißig." – Julia Meister

Natürlich sind Bienen ganz andere Haustiere als etwa ein Hund. Um Individualität geht es bei Bienen nicht. Die paartausend Arbeiterbienen leben etwa sechs Wochen. Das einzige Lebewesen mit einer gewissen Individualität ist die Königin. Sie organisiert das Volk, gibt vor, was zu tun ist und alle tanzen nach ihrer Pfeife. Wenn die Königin weg ist, werden die Bienen unsicher und aggressiv. Sie wissen dann nicht, was sie machen sollen. Wenn eine Königin das Volk im Griff hat, sind alle zufrieden und fleißig.

Wer sich wirklich für die Bienen interessiert, findet auch in der Stadt einen Kurs zum Reinschnuppern. Dort finden Bienen zum Teil leichter Nahrung als zwischen Monokulturen. Am Anfang ist Imkern allerdings recht kostspielig. Die Grundausstattung kostet etwa 500 Euro. Da hat man noch keine Schleuder. Was manche Leute vom Imkern abhält, ist die Angst vor Stichen. Dabei sind Bienen eigentlich friedlich. Wenn ich ihnen nichts tue, tun sie mir auch nichts. Die sterben schließlich, wenn sie stechen. Wenn es mal passiert, lege ich eine aufgeschnittene Zwiebel auf den Stich, dann ist es schnell vorbei.