Die EU-Kommission beschloss heute Maßnahmen gegen die Umweltverschmutzung durch Plastik. Einweggeschirr, Besteck, Strohhalme, Wattestäbchen und Luftballonhalterungen aus Kunststoff – all das soll in Zukunft verboten werden.

Die Maßnahme betrifft nur Produkte, die einfach durch kunsttstofffreie Alternativen ersetzt werden können. Außerdem soll das Maßnahmenpaket die Hersteller von Plastikverpackungen stärker in die Verantwortung nehmen, indem sie sie maßgeblich an der Abfallverwertung beteiligt. Die EU-Kommission hatte bereits Anfang 2018 bekannt gegeben, dass spätestens 2030 Plastikverpackungen in der EU vollständig recyclingfähig sein müssen.

Mehr Verantwortung für die Profiteur*innen, statt für die Konsument*innen

Die angekündigten Maßnahmen der EU sind ein wichtiger Schritt. Denn sie tun, was schon vor Jahren hätte getan werden müssen: Sie nehmen den Verbraucher*innen die Verantwortung für die Umweltverschmutzung durch die Produktion von Kunststoffabfall zumindest teilweise ab. Stattdessen wird sich stärker auf die eigentlichen Verursacher*innen des Problems konzentriert: die Produzent*innen und Händler*innen.

Fast alle kennen diese Rechnung: Eine Plastiktüte braucht ungefähr 500 Jahre um zu verfallen. Zwischen 70 und 80 Prozent des Mülls im Meer ist Kunststoff. Und doch: Bis der Deutsche Handelsverband im Sommer 2016 eine freiwillige Verpflichtung unterzeichnete, Plastiktüten nur kostenpflichtig anzubieten, verwendete jede*r Bürger*in jährlich durchschnittlich 71 Plastiktüten im Jahr. 2017 sind es nur noch 45 Plastiktüten pro Kopf jährlich. Keine endgültig zufriedenstellende, aber doch eine erfreuliche Bilanz.

Die Selbstverpflichtung des Deutschen Handelverbands zeigt: Verpflichtende Empfehlungen, im besten Fall sogar Verbote, sind notwendig, um eine nachhaltigere Umweltpolitik herbei zu führen. Wir alle wissen seit der Grundschule, wie schädlich Plastik für die Umwelt ist, aber es bewegt doch nur die wenigsten von uns dazu, Eigeninitaitve zu ergreifen um weniger Kunststoffmüll zu produzieren. Denn das würde richtig viel Mitdenken erfordern.

Ein Tag ohne Plastikverbot, an dem der*die Verbraucher*in aber dennoch auf Plastik verzichten möchte, sieht ungefähr so aus. Der Kaffee to go morgens würde ausfallen; zumindest wenn man ihn gerne mit Deckel durch die Gegend trägt. Wer kein Arbeitslunch vorbereitet und dieses im Glas mitgebracht hat, muss auf das Curry, die Suppe oder den Salat im Park verzichten. Die kommen nämlich immer mit Wegwerfbehälter und Wegwerfbesteck aus Kunststoff. Das Gedankenspiel kann jede*r für sich weiterspinnen. Für die meisten bleibt es ein Gedankenspiel. Nur einzelne Bürger*innen leben bereits so.

Aber schon das gedankliche Experiment zeigt, dass die Entscheidung für oder gegen den Nutzen von Kunststoff und damit für oder gegen den Schutz der Umwelt viel zu sehr bei den Verbraucher*innen liegt. Wenn die Maßnahmen der EU-Kommission auch nur ein klein wenig dazu beitragen, uns die Entscheidung abzunehmen, wäre das bereits. Denn die relevanten Fragen – welche Alternativen für Kunsstoffe lassen sich finden? Welche Produkte lassen sich einfacher und schneller recyclen? – sollten Produzent*innen und Händler*innen beantworten. Immerhin machen sie das Geschäft mit dem Kunststoff und profitieren vom unbedachten Konsum der EU-Bürger*innen.

Es ginge noch viel drastischer

Natürlich ginge es noch viel drastischer. Es bleibt zu hoffen, dass die angekündigten Maßnahmen der EU erstens streng umgesetzt werden – sprich Missachtung mit Geldstrafen geahndet werden –  und zweitens bald noch mehr Handlungsanweisungen, Empfehlungen und Verbote folgen, die unseren Plastikonsum regulieren.

Ruanda macht es vor: Dort herrscht seit zehn Jahren ein strenges Verbot von Polyethylen-Plastik, aus dem auch die meisten Tüten produziert sind. Händler*innen, die zum Beispiel in Küchen Frischhaltefolie verwenden möchten, brauchen dafür eine Genehmigung. Ruanda reagierte auf die massive Umweltverschmutzung durch Kunststoff – und übertrug mit dieser Politik die Verantwortung der Wirtschaft, statt den Verbraucher*innen.