Was ist bisher passiert?

Das letzte Lebenszeichen des 59-jährigen Journalisten ist auf Videoaufzeichnungen vom 20 Oktober zu sehen: Jamal Khashoggi betrat das saudi-arabische Konsulat in Istanbul, um Papiere für die Hochzeit mit seiner türkischen Verlobten abzuholen.

Als Jamal Khashoggi nach mehreren Stunden die Botschaft immer noch nicht verlassen hatte, informierte seine Verlobte die türkischen Behörden. Seitdem galt er als verschwunden. Fast drei Wochen lang behauptete die Regierung in Riad, nichts mit seinem Verschwinden zu tun zu haben und auch nichts darüber zu wissen.

Nachdem der Druck aus dem Ausland immer größer wurde, bestätigte Saudi-Arabien schließlich am vergangenen Wochenende erstmals den Tod des Journalisten. Die staatliche saudi-arabische Nachrichtenagentur Spa berichtete, dass es zwischen Khashoggi und mehreren Personen im Istanbuler Konsulat zu einem tödlichen Streit gekommen sei. Die Nachrichtenagentur Reuters zitierte am selben Wochenende hingegen einen namentlich nicht genannten hochrangigen Regierungsvertreter, wonach Khashoggi durch einen Würgegriff gestorben sei. Es habe den Plan gegeben, den Journalisten zu überreden nach Saudi-Arabien zurückzukommen. Reuters berichtet zudem, dass der langjährige Berater und Vertraute Saud al-Qahtani via Skype in das Konsulat zugeschaltet gewesen sei. Dieser habe Khashoggi beschimpft und ihn schließlich mit den Worten "Bringt mir den Kopf dieses Hundes!" zur Tötung freigegeben.

Wer war Khashoggi?

Jamal Khashoggi war Journalist und schrieb für die Washington PostEr lebte seit 2017 im Exil in den USA, nachdem er in seiner Heimat nicht mehr schreiben durfte und um seine Sicherheit fürchtete. Khashoggi entstammt einer einflussreichen Familie und hatte gute Kontakte zum saudi-arabischen Königshaus. Mit Kritik hielt er sich dennoch nicht zurück, besonders zuletzt an Kronprinz Mohammed bin Salman.

Wer ist Kronprinz Mohammed bin Salman?

Mohammed bin Salman ist der saudi-arabische Kronprinz. Er gilt in mancher Hinsicht als modern, da er einige gesellschaftliche und wirtschaftliche Reformen eingeleitet hat. So verfolgte er etwa das ehrgeizige Programm Vision 2030, mit dem das ölreiche Königreich zu einem Zentrum für Technologie und Innovation umgebaut werden soll. Er hob das Fahrverbot für Frauen in Saudi-Arabien auf und öffnete nach 35 Jahren erstmals wieder ein öffentliches Kino. Trotzdem geht er gegen seine Kritiker*innen hart vor. So heißt es aus vertrauten Kreisen, dass er Kritiker*innen in das Land zurückhole, um sie dort einzusperren.

Was hat die USA damit zu tun?

Der Fall Khashoggi stellt die USA vor ein Problem: Saudi-Arabien ist seit Jahrzehnten ein strategischer Verbündeter für sie, als Gegengewicht zum Iran, sowie als Öllieferant und Investor in Technologiefirmen im Silicon Valley wie Apple, Twitter und Uber. Unter Donald Trump als Präsident haben sich die Verbindungen weiter vertieft.

Wie geht es weiter?

Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan kündigte an, bei der öffentlichen Fraktionssitzung seiner Partei AKP im Parlament, die "nackte Wahrheit" über den Fall aufzudecken. Viel Neues kam dabei jedoch nicht heraus: Erdogan bezog sich dabei nicht auf Audio- oder Videoaufnahmen, von denen noch vergangene Woche in den türkischen Medien berichtet wurde. Aber Erdoğan stellt die offizielle Version des saudischen Königshauses über den Tod von Jamal Khashoggi infrage: "Wir haben Hinweise darauf, dass dies keine spontane Tat war", gab er zu verstehen. Es seien bereits 18 tatverdächtige Personen festgenommen worden.

Am Dienstag beginnt in der saudischen Hauptstadt Riad eine Investor*innenkonferenz, zu der Hunderte Banker*innen und Manager*innen erwartet werden. Der Kronprinz Mohammed bin Salman wollte dort Werbung für seine wirtschaftlichen Projekte machen. Doch etliche Teilnehmer*innen haben bereits abgesagt, wie etwa die IWF-Direktorin Christine Lagarde, die Finanzminister Frankreichs, Großbritanniens und der USA sowie die Chef*innen einiger Großbanken. Sie alle wollen sich nicht an der Seite des Kronprinzen zeigen. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht sich dafür aus, dass ohne eine Aufklärung der Todesumstände Khashoggis keine neuen deutschen Waffenexporte mehr nach Saudi-Arabien genehmigt werden sollen. Ob diese Sanktion so einfach umzusetzen ist, bleibt fraglich, da diese Verträge über Kooperation mit anderen Ländern laufen und ein Stopp sehr viel Geld kosten würde.Die Internationale Journalistenföderation (IFJ) forderte als Konsequenz nun eine UN-Konvention zum weltweiten Schutz der Rechte von Journalist*innen. Nach deren Angaben wurden im vergangenen Jahr 82 Journalist*innen weltweit getötet und nur in zehn Prozent der Fälle wurden Ermittlungen eingeleitet.