Okay, ich gebe es zu. Manchmal habe ich im Flugzeug auch ein mulmiges Gefühl. Dafür müssen die Turbulenzen aber ganz schön heftig sein und die ersten Kotztüten mit Inhalt befüllt werden. Sonst bin ich eher entspannt, lese, mampfe Kekse, schlafe oder unterhalte mich mit meinen Sitznachbar*innen.

Bei meiner Freundin Jana sieht das etwas anders aus. Sie ist eigentlich eine mutige, selbstbewusste Frau. Eigentlich. Wenn es aber ums Fliegen geht, wird sie ganz kleinlaut, ängstlich und gerne auch etwas panisch. Schon Wochen vor dem Flug leidet sie unter Angstzuständen, schreibt mir Nachrichten wie "Ich hatte die ganze Nacht Albträume von Flugzeugabstürzen" und spielt deshalb regelmäßig mit dem Gedanken, den gebuchten Flug wieder zu stornieren. Vorfreude auf den anstehenden Urlaub – Fehlanzeige.

Damit ist Jana nicht alleine. Laut einer Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach haben 15 Prozent der Deutschen große Flugangst, weitere 20 Prozent fühlen sich hoch in den Lüften mehr als unwohl. Die Angst über den Kontrollverlust, dem*r Pilot*in quasi das eigene Leben in die Hände zu legen und im Fall der Fälle hoch oben in den Lüften nichts tun zu können, ist für viele unerträglich. Herzrasen, Panik, feuchte Hände, Schwindel, sorgenvolle Gedanken à la Was waren das für Geräusche?, Warum wackelt die Maschine?, oder Stürzen wir jetzt ab?, plagen daher jede*n Dritte*n an Bord.

[Außerdem auf ze.tt: Das sieht ein Pilot, wenn er bei der Arbeit aus dem Fenster schaut]

Trotzdem entschieden Jana und ich uns zusammen zu verreisen. Mit dem Flugzeug versteht sich. Berlin – Madrid. Barcelona – Berlin. Jeweils knapp drei Stunden in der Luft. Für sie auf den ersten Blick 180 Horrorminuten, doch mit ein paar Tipps und Tricks haben wir es geschafft, ihre Angst ein kleines bisschen einzudämmen und einen guten Flug und vor allem Urlaub zu haben.

Doppelt hält besser

Wie heißt es so schön: Geteiltes Leid ist halbes Leid. Falls möglich, hol dir eine*n Freund*in als Partner*in in Crime mit an Bord. Mit einer lieben Person an der Seite fühlst du dich gleich etwas sicherer und wohler. Und sollte es doch einmal etwas turbulenter up in the air werden: Händchen halten und eine Schulter zum Anlehnen wirken wahre Wunder. Versprochen. Sprich, alleine wäre Jana wohl nie in ein Flugzeug gestiegen. Zusammen mit mir aber schon. Ich habe ihr Händchen gehalten, mich gekümmert und immer wieder ausdrücklich betont: "Es ist alles gut".

Der richtige Platz

Richtig gelesen, allein die Wahl des richtigen Platzes kann an Bord für ein besseres Wohlbefinden sorgen. Dabei erfüllt dieser am besten gleich zwei Voraussetzungen: Er befindet sich am Gang und in der Nähe der Tragflächen. Letzteres nicht um diese einem ständigen Kontrollcheck zu unterziehen, sondern weil du dort die Bewegung des Flugzeugs am wenigstens spürst. Den Gangplatz ziehst du dem Fensterplatz vor, um weniger eingeengt zu sein und dem Blick in die Tiefe zu umgehen. Sind keine Plätze in der Nähe der Tragflächen mehr buchbar, weiche in den vorderen Bereich des Flugzeugs aus – hier ist es ruhiger als hinten. Jana und ich hatten Glück: Platz 17B und 17C, exakt auf Höhe der Tragflächen.

Ablenkung hilft

Was hat der*die Pilot*in da gerade durchgesagt? Was sind das für dunkle Wolken? Was war das für ein Geräusch? Und warum leuchten jetzt die Anschnallzeichen auf? Wenn du dich auf jede klitzekleine Kleinigkeit versteifst und deshalb gedanklich schon die nächste Flugzeugkatastrophe vor Augen hast, ist es kein Wunder, dass da Panik in dir aufsteigt. Deshalb: Lenk dich ab. Schnapp dir ein spannendes Buch, lass dich vom Bord-Entertainment berieseln, hör deine Lieblingssongs, verpasse den Ordnern deines Laptops endlich eine sinnvolle Struktur oder quatsche deine*n Sitznachbar*in voll. Egal was du tust, es beugt Langeweile und vor allem komische Gedanken vor. Geräusche, Pilot*innen-Durchsagen und eine komische Mimik dem*r Steward*ess – war da was?

Deshalb war auch bei Jana und meinem Flug nach Madrid Ablenkung alles. Wir haben Bibi & Tina gehört, ausgiebig über anstehende gemeinsame Projekte gebrainstormt, Uno gespielt und uns gemeinsam aus einem Buch vorgelesen. Und es hat funktioniert. Außer einer kurzen turbulenten Phase war Jana ausnahmslos abgelenkt. Von Gedanken an drohende Flugzeugabstürze kaum eine Spur.

Relax

Manchmal sind es die kleinen Dinge, die uns in Angstsituationen etwas mehr Sicherheit geben. Für mich, die unter Höhenangst leidet, sind es beispielsweise bequeme Turnschuhe, in denen ich mich irgendwie geerdet und sicherer fühle. Gleiches gilt auch beim Fliegen. Schon klitzekleine Kleinigkeiten und Verhaltensmuster können dafür sorgen, deinen Adrenalinspiegel zu senken, dich zu beruhigen und deinen verkrampfen Körper wieder ein bisschen zu lockern: Atemübungen, eine aufrechte Sitzposition oder fest auf den Bogen gestellte Beine zum Beispiel.

Do it!

Klar, wer unter Flugangst leidet, würde wohl am liebsten gar kein Flugzeug betreten. Das ist aber wohl der gänzlich falsche Ansatz, denn aus der Ferne betrachtet, wirken angstauslösende Situationen um einiges schlimmer. Deshalb heißt es: Augen zu und losfliegen – auch wenn es sich rational gesehen, alles andere als gut anfühlt. Ist der vermeidliche Horrortrip dann heil überstanden, stellt unser Gehirn fest, dass Flugzeugfliegen nicht zwangsläufig lebensgefährlich ist. Beim nächsten Flug ist zwar die Angst sicherlich nicht verschwunden, aber vielleicht schon nicht mehr ganz so ausgeprägt.

Expositionstherapie nennt sich das Ganze. Und ich kann bestätigten: Es funktioniert. Ich selbst habe damit meine Höhenangst etwas besser in den Griff bekommen. Hohe Brücken, mehrstöckige Treppen, Glasaufzüge an Gebäudefassaden, Balkone ab dem dritten Stockwerk – bis vor einem Jahr habe ich alles versucht, auf gar keinen Fall damit konfrontiert zu werden. Dann kam die Therapie. Dabei musste ich mich immer wieder bestimmten Höhen aussetzen und diese aushalten. Je länger ich in den Situationen blieb, desto mehr merkte ich: Ey, das ist gar nicht so schlimm, ich falle ja gar nicht runter. Irgendwann begann mich dort, hoch oben, sogar zu bewegen und sicherer zu fühlen. Heute kann ich sagen: Die Angst ist zwar noch da, aber wesentlich geringer. Genauso ging es wohl auch Jana. Nach unserem Hinflug nach Madrid meinte sie: "Ich hatte es mir schlimmer vorgestellt."

Inzwischen hat Jana schon ihren nächsten Flug gebucht. Nach Thailand soll es gehen. Zwölf Stunden reine Flugzeit, alles andere als ein Zuckerschlecken. Aber sie hat ja jetzt ein paar Tricks zur Hand, die es ihr leichter machen, die Zeit in der Luft zu überstehen. Denn nicht zu Fliegen ist für sie auch keine Lösung – schließlich gibt es überall auf der Welt wunderbare Plätze zu entdecken …

Trotzdem: Für Menschen mit hochgradiger Flugangst ist es ratsam sich professionelle Hilfe zur Seite holen. Beispielsweise bei professionellen Seminaren. Hier wird gelernt, mit der Angst zu leben – und vor allem abzuheben. Angeboten werden diese unter anderem von verschiedenen Airlines.