Zwei Frauen müssen Wasser aus einer Straßenpfütze schöpfen. Eine andere Möglichkeit, an Wasser zu kommen, gibt es für die beiden nicht. Die meisten Brunnen sind ausgetrocknet oder das Wasser versalzen. Das ist eine Szene aus dem Alltag Mosambiks. Die Menschen in dem südostafrikanischen Land sind Opfer der Trockenheit von El Niño. Diese Wetteranomalie stellt in regelmäßigen Abständen die Wettersituation von drei Viertel der Erde auf den Kopf.

Wegen El Niño haben 2,3 Millionen Menschen in Mosambik nicht ausreichend zu essen, mehr als 100.000 Kinder gelten als akut unterernährt. Die Hilfsorganisation Care ist vor Ort, um den Menschen zu helfen. Sie arbeitet mit mehr als 300 Menschen aus Mosambik zusammen, die selbst unter der Dürre leiden. Sie absolvieren freiwillig Workshops, in denen sie etwa lernen wie wichtig Hygiene trotz Wassermangels ist und wie man Unterernährung bei Kindern misst und was man dagegen tun kann. Sie alle wollen – obwohl sie selbst täglich gegen die extreme Trockenheit ankämpfen müssen – anderen Menschen helfen.

Die Hilfsorganisation beschloss, dieser Dürre ein menschliches Gesicht zu geben – und gab sieben dieser freiwilligen Helfer*innen in Mosambik eine Kamera. Sie sollten jeweils eine Woche lang ihren Alltag dokumentieren. In einer kurzen Schulung lernten sie die Handhabe und die Basics über Belichtung und Perspektive. Schließlich hatten sie noch nie zuvor eine Kamera gesehen oder benutzt. Entgegen den Erwartungen stellte sich eine Woche später heraus: Die Fotos waren richtig gut gelungen. Sie waren kreativ, qualitativ hochwertig und sie alle erzählten einzigartige, persönliche Geschichten. Geschichten, die eindrucksvoll zeigten, wie die Dürre das alltägliche Leben und Arbeiten beeinflusst. ze.tt zeigt eine Auswahl.

João Lambo

"Schritt für Schritt verbessern wir gemeinsam unser Leben."

João ist 50 Jahre alt und unterstützt sechs verschiedene Familien in Mbone in Funhalouro. Mit seinen Fotos möchte er der Außenwelt zeigen, wie hart alle daran arbeiten, das Leben der Menschen in seinem Dorf zu verbessern. In der Vergangenheit wurden beispielsweise viele Kinder krank, weil ihre Familien keine Latrinen hatten. "Sie gingen in den Busch, doch manchmal liefen Tiere durch die Fäkalien und brachten sie zurück ins Dorf – dorthin, wo die Menschen essen und schlafen", erzählt João. Er würde ihnen nun dabei helfen, Latrinen zu bauen und Löcher für den Müll zu graben. Wenn alle zusammenhelfen, seien sie binnen eines Tages fertig.

Wasser ist aufgrund der Dürre kaum verfügbar. Die Menschen müssten immer größere Strecken zurücklegen, um Wasser zu holen. Hygiene bliebe daher auf der Strecke, schließlich wäre das Trinken immer noch wichtiger. "Manchmal muss ich die Menschen daran erinnern, wie wichtig Hygiene ist. Insbesondere, wenn die Sorgen wegen Dürre und Hunger alles überschatten."

Rita Mazive

"Wir müssen lernen, wie wir das Beste aus der Situation machen können."

Rita ist 43 Jahre alt und in ihrer Gemeinde Mbone für ihre guten Ratschläge bekannt. Die Bewohner*innen vertrauen ihr. Ihre 18 Jahre alte Tochter Erleia geht noch zur Schule und ist bereits selbst Mutter einer neun Monate alten Tochter. Erleia, ihre Tochter und drei ihrer Geschwister wohnen bei Rita. Ihr Mann hat sie verlassen. Jeden Tag müssen Rita oder Erleia 14 Kilometer weit laufen, um Trinkwasser in einem 20-Liter-Kanister zu holen. 20 Liter Wasser, die sie zum Trinken, Kochen, Duschen und Waschen verwenden. Zum Vergleich: Deutsche verbrauchen mehr als 120 Liter pro Tag. "Der Idealfall von drei Mahlzeiten am Tag ist leider nur in der Theorie möglich", sagt Rita. "Meine eigene Enkelin weint vor Hunger und wir können ihr einfach nicht genug zu essen geben".

In ihrer Gemeinde schult sie Frauen in Sachen Gesundheit, Hygiene und Kinderernährung. "Viele ältere Menschen kümmern sich um ihre Enkelkinder, weil die Eltern wegen der Dürre gezwungen sind, an einem anderen Ort Arbeit zu suchen", erzählt sie. "Oft müssen kleine Kinder aber auch dabei helfen, in der Wildnis nach Essen zu suchen, und junge Mädchen müssen Wasser holen und Feuerholz verkaufen, um ihre Familie zu ernähren."

"Ich habe noch nie eine Kamera benutzt. Und ich habe mich noch nie auf einem Foto oder in einem Spiegel gesehen."

– Rita Mazive

Obwohl Rita selbst sehr unter der Nahrungsmittelknappheit und Hunger leidet, hilft sie. "Ältere Frauen und Mädchen brauchen am dringendsten Unterstützung", sagt Rita. Sie möchte ein gutes Vorbild sein und tut ihr Möglichstes, dass ihre Tochter Erleia weiterhin zur Schule gehen kann.

Raulina Filipe

"Kein Wasser, keine Schule"

Raulina ist 33 Jahre alt und Mutter von sechs Kindern. Sie alle leben in dem kleinen Dorf Malave in der Inhambane-Provinz im Süden Mosambiks. Für das Fotoprojekt begleitete sie die 10-jährige Filani auf ihrem langen Weg zu einer Wasserstelle – und hat dabei selbst einen Kübel Wasser auf dem Kopf.  Filani kann manchmal nich zur Schule gehen, weil sie ihrer Familie helfen muss. Die freiwilligen Helfer setzten sich lange dafür ein, dass Eltern ihre Kinder zur Schule schicken können. Das ist mittlerweile kaum mehr möglich. "Durch die Dürre sind wir alle in der gleichen Situation" sagt Raulina.

20 Liter sind eigentlich zu schwer für ein kleines Mädchen wie Filani. "Sie ist erschöpft und geschwächt, weil sie seit der letzten Nacht nichts gegessen hat", sagt Raulina. Filani ginge normalerweise mit anderen Mädchen und Frauen aus dem Dorf zur Wasserstelle. Sie versuche, nur ein- oder zweimal Pause zu machen. Denn je früher sie zurück ist, desto wahrscheinlicher kann sie zumindest noch ein paar Stunden in den Schulunterricht gehen.

Artur Tafula

"Es ist so viel Zeit und Arbeit notwendig, um einen weiteren Tag zu überleben."

Artur ist 49 Jahre und lebt in der Gemeinde von Malave. Er sagt, dass es schwierig für Menschen in Europa und in den USA ist, sich die Auswirkungen der Dürre vorzustellen. Das möchte er mit seinen Fotos ändern. "Ich möchte zeigen, was die Menschen essen, welche langen Strecken sie dafür auf sich nehmen, wie sie Wildfrüchte und Blätter verarbeiten", sagt Artur. Er hat Lauras Alltag fotografiert, sie bei der Nahrungssuche begleitet und dabei, wie sie das Essen zubereitet. Laura ist 47 Jahre alt und kümmert sich um ihre Enkelkinder im Alter von zwei bis sechs Jahren. Ihre eigenen Kinder sind gestorben.

Am meisten Sorgen mache Artur sich um die Kinder im Dorf. Denn deren kleine Körper würden sich nicht so entwickeln, wie sie sollten. Sie wären sogar zu schwach, um zu spielen. "Ich habe Angst, dass es noch schlimmer wird."

Hortência Jacinto

"Jeden Tropfen Wasser, den du verbrauchst, musst du auch tragen."

Hortência lebt mit ihren drei Kindern in Chirucuveta. Sie versucht dabei zu helfen, die negativen Auswirkungen der Dürre auf die Entwicklung der Kinder zu reduzieren. Dafür erklärt sie den Bewohner*innen des Dorfes, wie wichtig Sauberkeit ist. Sie bringt ihnen grundlegende Hygieneregeln bei, denn "andernfalls werden sie krank und die Dürre wird auch für ihre Gesundheit eine Katastrophe", sagt sie.

Außerdem setzt sich Hortência dafür ein, dass Eltern mehr mit ihren Kindern spielen. Das ist durch die Dürre schwer geworden, da die Eltern den ganzen Tag mit der Suche nach Essen und Wasser beschäftigt sind. Danach wären sie so erschöpft, dass ihre Kinder oft den Eltern bei vielen Aufgaben helfen müssten. Spielen sei dennoch wichtig für die Entwicklung der Kinder. Durch die Bewegung trainieren sie ihre motorischen Fähigkeiten.

"Wir können es nicht riskieren, eine gesamte Generation an die Dürre zu verlieren."

– Tereza Titosse, Mutter von sechs Kindern