Das Herz schwebt, im Gesicht ist das Lächeln eingraviert, die Welt trägt Weichzeichner. Wer verliebt ist, ist im Glücks- und Hormonrausch und will seine Gefühle am liebsten mit allen teilen. Oft passiert auch genau das. Bis dieser Satz fällt und alles verändert: "Du redest echt nur noch über deine Beziehung."

Schlagartig macht sich erst Unsicherheit breit, dann Unverständnis. Der Weichzeichner ist weg und das Herz hält inne. Was ist da gerade passiert?

Glück vs. Probleme

Wenn es soweit kommt, hat sich wahrscheinlich einiges aufgestaut, zwei unterschiedliche Bedürfnislagen kollidieren. Auf der einen Seite der*diejenige, der*die vor Glück in der Liebe übersprudelt; auf der anderen der*diejenige, der*die das – logischerweise – nur bis zu einem gewissen Grad nachzuvollziehen vermag. Womöglich hat er*sie Sorgen und Probleme, die er*sie gern in Ruhe besprechen möchte, und die aufgrund der aktuellen Hormonlage wenig bis gar keinen Raum bekommen.

Davon mal abgesehen, Hand aufs klopfende Herzchen: Es kann selbst für den*die Tapferste*n grausam öde werden, sich wochenlang: "Und dann hat er gesagt…", "Und dann hat sie gelächelt…", "Und diese Haare…." auf Repeat anhören zu müssen. Wenn es also bei dir in der Liebe mal richtig gut läuft, bei deinem*r Gegenüber aber so gar nicht – wie gehst du vernünftig damit um?

Glück in der Liebe, Pech mit Freund*innen?

Dass eine neue Beziehung zu Lasten von Freundschaften gehen kann, haben Wissenschaftler*innen der Universität Oxford schon 2010 nachgewiesen. "Leute in romantischen Beziehungen haben statt der durchschnittlich fünf nur noch vier Personen im engsten Kreis. Wenn man berücksichtigt, dass eine davon die neue Beziehung ist, hat man zwei Freunde verloren", so der Anthropologie-Professor Robin Dunbar. Eine neue Beziehung fordert demnach so viel Aufmerksamkeit, dass für andere Menschen nicht mehr viel übrig ist.

Dennoch heißt das nicht, dass du all deine Gefühle schlucken und verbergen solltest, nur um eine Freundschaft zu erhalten. Erstens gehören ja immer zwei Menschen zu einer Freundschaft und deine Gefühle haben genauso Raum verdient wie die der*des anderen – egal ob gute oder schlechte. Und zweitens: Wer wichtige Gefühle vor Freund*innen versteckt, verbiegt sich.

Bewusst gegensteuern, nicht schweigen

Wenn es Dinge gibt, über die nicht geredet werden darf, öffnet sich eine Kluft, die auf Dauer unüberwindbar werden kann – beide ziehen sich zurück. Die Lösung lautet: gegenseitige Rücksicht. Also bewusst gegensteuern und offen miteinander reden, anstatt sich verletzt zu fühlen und womöglich zum Gegenangriff auszuholen.

Für den*die frisch Verliebte*n bedeutet das etwas in die Richtung zu sagen von: "Ich bin total verliebt, ich kann mir nicht helfen. Sag mir bitte nett, wenn es dir zu viel wird. Ich merke das gerade einfach nicht." Dann muss es aber auch okay sein, wenn das Gegenüber "Stopp" sagt.

Pause für Schmetterlinge im Bauch

Es kann auch helfen, zu beobachten, ob während der Stunde zusammen Kaffee trinken schon ganze 49 Minuten für epische Oden an den*die neue*n Partner*in draufgegangen sind. Einfach mal tief Luft holen und bewusst mehr Energie als sonst dafür aufwenden, den*die andere*n gezielt nach seinem*ihrem Befinden zu fragen – eine kleine Kurskorrektur sozusagen. Und ja, die Schmetterlinge im Bauch dürfen mal kurz Pause machen.

Auf "Du redest ja echt nur noch über deine Beziehung" könntest du also beispielsweise erwidern: "Ja, freu dich – ich bin nämlich sauglücklich! Aber hast du was auf dem Herzen? Lass uns darüber sprechen." Dann aber auch wirklich zuhören und die Sorgen der*des anderen ernst nehmen und nicht nur darauf lauern, dass das Gespräch endlich wieder auf den*die Angebetete*n kommt.

Im Rausch der Gefühle? Okay!

Und der*die Freund*in hingegen könnte zum Beispiel versuchen, immer mal wieder bewusst Redezeit einzufordern, ohne beleidigt zu sein. Einfach locker hinnehmen, dass da grad jemand voll im Rausch der Gefühle schwimmt. Es dauert in dieser Form ziemlich sicher nicht ewig.

Außerdem ist Glück in der Liebe absolut nichts, wofür sich jemand schämen müsste. Und wahre Freund*innen, die können auch gönnen.

Außerdem auf ze.tt: Der ganz normale Beziehungswahnsinn – aus der Sicht eines Mannes