Jeden Dienstag und Sonntag findet in Rotterdam der größte Markt der Niederlande statt. Von neun Uhr morgens bis fünf Uhr abends verkaufen Händler auf der zentralen Binnenrotte-Straße Klamotten, Antiquitäten und allerlei Kalorienbomben.

Was für Rotterdam-Touris ein Must-see ist, geht vielen Anwohnern gehörig auf die Nerven. Sie stören sich nicht nur am Marktlärm, sondern vor allem am Müll: Um ihre Abfälle fachgerecht zu entsorgen, müssten die Marktleute 12 Cent pro Kilo Müll zahlen – also lassen sie ihn lieber liegen. Die Folge: Die Binnenrotte ist regelmäßig zugemüllt.

Einem Teil dieses Mülls wollen Aktivisten mit einer Upcycling-Idee der besonderen Art beikommen. Aus Fruchtabfällen stellt die Gruppe crEATe Fruchtleder her – und daraus unterschiedliche Produkte, zum Beispiel Taschen und Lampenschirme, um der Welt zu zeigen: Fruchtabfälle lassen sich weiterverarbeiten!

Entkernen, stampfen, kochen, ausrollen

Hugo de Boon ist einer von ihnen. Mit fünf Kommilitonen hat der 21-Jährige crEATe gegründet und das Projekt "Fruitleather Roterdam" gestartet. "Von unserer Uni aus hatten wir einen guten Blick auf die Binnenrotte und haben natürlich auch den ganzen Müll gesehen", erzählt der Spatial Designer. "Nach mehreren Tagen Brainstorming sind wir auf die Idee gekommen, Fruchtleder herzustellen und damit den vielen Abfall sinnvoll weiterzuverarbeiten."

Um die zähe Masse zu produzieren, sammeln die Studenten zunächst den vermeintlichen Abfall der Marktleute ein. Anschließend werden die Früchte

  • entkernt
  • zerstampft
  • gekocht, um sämtliche Bakterien abzutöten
  • wie Teig ausgerollt
  • und getrocknet.

Das dauere mehrere Tage, sagt de Boon, je nachdem, wieviel Masse produziert werden soll. Einen detaillierteren Einblick in die Rezeptur des Leders will er nicht geben. Im Netz finden sich zwar viele Rezepte für Fruchtleder, das soll dann aber auch gegessen und nicht zu langlebigen Produkten geformt werden. Wie das genau geht? "Das ist unser Gruppengeheimnis."

Wasser ist der Feind Nummer eins des Materials

Erste Produkte hat das Kollektiv zwar bereits vorgestellt. Die perfekte Rezeptur für ihr Material hat das crEATe-Team allerdings noch nicht gefunden. "Zurzeit experimentieren wir mit so vielen verschiedenen Sorten von Früchten wie möglich", erklärt de Boon. "Fruchtleder kann man aus so gut wie allen Früchten herstellen, aber mit manchen erzielen wir ein besseres Ergebnis als mit anderen." Eine Mango mache ihren Job besser als eine Wassermelone. Einmal hat das Team fast 2000 Nektarinen ausgepresst, um enttäuscht festzustellen, dass man daraus nicht viel Fruchtleder gewinnen kann.

Auch an der Haltbarkeit des Materials tüfteln die Studenten noch. "Im Moment ist Wasser der Feind Nummer eins unseres Materials", sagt de Boon. Handtaschen seien noch nicht widerstandsfähig genug. Dennoch: Die Idee komme gut an. "Die Händler müssen ihren Müll nicht mehr illegal loswerden, die Stadt muss nicht mehr so viel reinigen", resümiert de Boon. Und für die Zukunft gibt es auch schon einen Plan: "Langfristig könnte Fruchtleder sogar ein Ersatz für echtes Leder werden, wodurch weniger Tiere getötet werden müssten."