Auch wenn es manche nicht gerne zugeben: Jeder, wirklich jeder, furzt. Manche lauter, manche leiser. Manche Furze kitzeln zart die Geruchsknospen, andere vergewaltigen die Nase. Aus medizinischer Sicht fördert die Furzerei zumindest die Gesundheit. Denn wenn nach dem Essen die Verdauung einsetzt, bilden sich große Mengen an Gas, die auf den Brust- und Bauchrraum drücken und auf irgendeine Art und Weise raus müssen.

Die meiste Zeit passiert die Entgasung von selbst. Acht- bis zehnmal täglich, unbemerkt, lautlos und, wenn du Glück hast, geruchlos. Wer seine Gase krampfhaft im Körper hält, riskiert im Extremfall Atembeschwerden, Rücken- und Magenschmerzen, teilweise sogar Herzbeschwerden. Unter den Gasen ist allerdings auch Methan, das bekanntermaßen für das Ozonloch mitverantwortlich ist. Aber irgendwo müssen die Schicksalsgase ja hin.

Im Jahr 2013 gab es eine Furz-Weltmeisterschaft in Finnland – inklusive Dezibelmesser, Mikrofon und einem Team-Event. Die Teilnehmer wurden angehalten, mit runter gelassenen Hosen und mithilfe einer Plastikröhre so laut wie möglich in eine Tonne zu furzen. Dafür hatten sie zwei Versuche zu je 30 Sekunden Zeit. Die Gewinner waren zwei Russen.

Roland der Furzer

Und dann gibt es Menschen, die sich das Furzen zum Beruf machen und damit ihren Lebensunterhalt verdienen. So zum Beispiel Roland. Er war seinerzeit Hofnarr von König Heinrich II. – und Kunstfurzer. Sein stahlhart trainierter Schließmuskel war in der Lage, die Tonhöhe seines Gesäßhustens zu kontrollieren und erkennbare Melodien zu erzeugen. Sein einziger Job war es, beim alljährlichen Weihnachtsumzug "unum saltum et siffletum et unum bumbulum" durchzuführen: ein Sprung, ein Pfiff, ein Furz. Das konnte er so gut, dass er vom König für seine Leistungen einen Landsitz im englischen Suffolk mit tausenden Quadratmetern an Grundfläche bekam.

Valerie Allen, Literaturprofessorin am John Jay College of Criminal Justice, beschrieb Rolands Geschichte in ihrem Buch "On Farting: Language and Laughter in the Middle Ages" (2007). Demnach soll Roland erst bei König Heinrich I. und später bei seinem Nachfolger gefurzt haben. Ein späterer König, wahrscheinlich Heinrich III., war von Rolands Geruchsspiel allerdings nicht mehr so fasziniert und nahm ihm das Grundstück samt Landsitz wegen "Unanständigkeit" wieder weg.

Laut dieser Zeitleiste ging sein höfisches Furzen allerdings mehr als 120 Jahre. Selbst die Autorin gesteht, dass die tatsächliche Geschichte von Rolands Karriere ein Mysterium bleibt.

"Furzen war zentral und notwendig, und bedurfte eines hohen Maßes an Fähigkeiten und Tricks."

– Autorin Valerie Allen

Tatsache ist, dass Roland Teil des traditionellen Entertainments am Hof war. Die königliche Bespaßung kam – abgesehen von Menschen mit Blähungen – von Jongleuren, Feuerschluckern, Geschichtenerzählern, Akrobaten, Komikern und Musikern ohne Blähungen, manchmal auch ohne Kleider. Nicht alle furzenden Menschen waren zu dieser Zeit Grundbesitzer, trotzdem war das Kunstfurzen eine anerkannte Disziplin. Bei festlichen Anlässen war das anal-artistische Ausatmen "zentral und notwendig, und bedurfte eines hohen Maßes an Fähigkeiten und Tricks", meint Allen.

Viel mehr ist über Roland den Furzer nicht bekannt. Er ist bloß einer der Vertreter aus der Kunstfurz-Szene. Eine Szene, die es heute zwar nicht mehr gibt, aber dennoch eine lange Geschichte hat. Und die Tradition scheint noch weiter zurückzugehen. Augustinus von Hippo, Lehrer und Philosoph aus dem 5. Jahrhundert berichtet von Menschen, die auf Kommando musikalische Töne produzieren; das klinge dann wie Gesang. Und laut japanischen Erzählungen aus der Kamakura-Zeit (1185 bis 1333) soll ein meisterlich pupsender Mann namens Fukutomi no Oribe Furztänze für den Hochadel aufgeführt haben.

Auch der angeblich älteste Witz der Welt handelt von Darmwinden und stammt aus der Kultur Mesopotamiens. Er geht so: "Was ist seit Urzeiten noch nie geschehen? Eine junge Frau sitzt auf dem Schoß ihres Mannes und pupst nicht." Das, was die Sumerer 1900 vor Christus zum Schlapplachen brachte, ist heute eher lahm.

Furzen für den Lebensunterhalt

Ein bekannter Name in der Szene war der Franzose Joseph Pujol, besser bekannt unter seinem Pseudonym Le Pétomane. Er war in der Lage, durch den Mund inhalierte Luft über sein Rektum wieder zu entlassen. Am Ende seiner Karriere füllte er mit seinen Furzen eine 90-minütige Show im berühmten Moulin Rouge. Dabei trug er Fliege mit Frack und kündigte jeden Ton, also jeden Furz, vorher an. Er pupste nicht nur ganze Lieder und Donnerimpressionen, er konnte angeblich sogar Zigaretten rauchen und mit seinen Darmwinden Kerzen ausblasen. Und obwohl das die Mehrheit der Zuschauer überaus lustig fand, fielen auch einige in Ohnmacht.

Einer der letzten und bekanntesten Bläser ist der Brite Paul Oldfield. Seit 1991 furzt er in lauter Manier im Superheldenkostüm und unter dem Pseudonym Mr. Methane. Auf Facebook hat er beinahe 4000 Fans, die er zuletzt mit gesegneten Weihnachtsfürzen beglückte.

Paul kann genau wie Le Pétomane frisch eingeatmete und daher nicht stinkende Luft lautstark durch seinen Hintern auslassen. Laut eigenen Angaben schaffe er drei verschiedene Tonhöhen. Wie genau das funktioniert, wisse er selbst nicht. Nur, dass es eine Kombination aus Verengen und Lockern seines Zwerchfells und Schließmuskels sei. Er würde die Luft durch seinen Dickdarm ziehen, im richtigen Moment den Druck loslassen und durch die richtige Verengung des Schließmuskels Töne erzeugen. Mithilfe von Dehnübungen und Yoga hält sich das Wunderfurzkind körperlich fit. Seine Fähigkeiten präsentiert er auf der ganzen Welt. Er war zu Gast bei Radio- und TV-Shows, in Werbespots und Sitcoms zu sehen, tritt bei Festivals auf und nahm von Sinead O’Connor schonmal eine 20-Stück-Bestellung seiner Furz-DVD Mr. Methane Let's Rip entgegen.