Vor dem Rasen kommt der Tunnel. Die Fotografin Maja Hitij hat Fußballer während der Weltmeisterschaft, kurz bevor sie aufs Spielfeld liefen, geknipst und Emotionen zwischen Anspannung und Kampfeslust eingefangen.

Die ersten Bilder einer Fußballübertragung zeigen nicht das Spiel selbst. Erst einmal fokussiert die Kamera: die Spieler, hautnah. Wir sehen die Sportler, ehe die Stadionbesucher*innen sie zu Gesicht bekommen. Noch bevor ihre Stollen das erste Mal den Rasen berühren. Wir blicken in ihre angespannten Gesichter. Ihre Augen starren in die Ferne, Richtung Spielfeld, oder auf die Ränge, wo die Menge tobt. Als erstes sehen wir immer: die Spieler im Tunnel.

Der Tunnel verbindet zwei Welten. Die Welt der Umkleidekabinen, in der die Spieler unter sich sind und Interna bereden können. Und die Stadionwelt, in der Tausende von Menschen die Sportler beobachten. In der Zwischenwelt des Tunnels findet bei den Männern, so scheint es im Fernsehen, eine Verwandlung statt. Im Tunnel beantworten die Sportler keine Fragen. Sie brüllen keine Kommandos über den Platz. Wir sehen sie einmal ruhig, fokussiert, geradezu in sich gekehrt.

Wie sich die Stimmung im Tunnel anfühlt, weiß die Getty-Images-Sportfotografin Maja Hitij aus erster Hand.

Der Weg durch den Tunnel ist ein Moment der Ruhe

Maja Hitij hat einige Sportler bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2018 begleitet. Als Teil eines 50 Personen starken Teams des Fotodienstes Getty Images war es ihr Job, bereits eine Woche vor der WM Gruppenfotos der Nationalmannschaften zu schießen. Später folgte sie den Spielern dann durch den Tunnel auf den Platz.

"Die Spieler sind im Tunnel meist selbst schon im Tunnel", berichtet Maja. Sie bezeichnet diese kurzen Augenblicke, bevor die Sportler ins Rampenlicht treten, als "letzten Atemzug". Ein letzter Moment der Ruhe. Ein Moment des Zu-sich-kommens. Geredet werde im Tunnel nicht viel, erzählt Maja. Weder untereinander noch mit den Kontrahenten. "Vielleicht hier und da mal ein Handschlag oder manchmal treffen auch Spieler aufeinander, die zusammen für einen Verein spielen oder gespielt haben."

Einen lockeren Austausch gebe es vor allem mit den Escort Kids, mit denen die Sportler ins Stadion einlaufen. "Die Kids sind noch nervöser oder aufgeregter als alle anderen und es ist schön zu sehen, wie sie auf diese Handberührung warten." Natürlich würde sich jeder Sportler anders verhalten. "Ronaldo beispielsweise zieht viel Aufmerksamkeit auf sich, das spürt man, während Messi auf mich sehr ruhig wirkt." Aber immer liegt eine Anspannung in der Luft. Auch bei Maja selbst. "Man muss sehr darauf achten, die Spieler nicht einzuschränken oder den TV-Teams in die Quere zu kommen."

Mit dem Verlauf des Spiels verändert sich auch die Stimmung im Tunnel. In der Pause gebe es aufmunternde Zurufe der Mannschaftskapitäne oder Anweisungen. "Manchmal diskutieren sie auch mit Schiedsrichtern über Entscheidungen, die diese in der ersten Halbzeit getroffen haben", erzählt Maja. "Nach dem Spiel ist der Tunnel eine Art gemischte Zone, in der Spieler Interviews für unterschiedliche TV-Medien geben. Etwas zur Ruhe kommen die Spieler wahrscheinlich erst, wenn sie in der Umkleide sind."

Das Schwierigste ist, seine Kräfte richtig einzuteilen

Maja war nicht immer Sportfotografin. Ihre Karriere begann die Slowenierin vor circa zehn Jahren. "Damals arbeitete ich als Freelancerin in Israel und Palästina für eine slowenische Zeitung", berichtet sie. Sie zog nach Berlin und absolvierte Praktika bei Nachrichtenagenturen. "Ich habe in den letzten zehn Jahren zu sehr unterschiedlichen Themen fotografiert, unter anderem die Folgen des Palmölanbaus in Sierra Leone und die Zerstörung in Gaza", erzählt Maja. "Mein Focus hat sich in den letzten Jahren mehr auf Sportfotografie gerichtet."

Das Schwierigste an ihrem Job? Einzuschätzen, wie man seine Kräfte am besten einteilt und, wann man seine Energie verschwendet, findet Maja. "Das klingt einfach, ist es aber nicht. In Russland war das Reisen eine ziemliche Herausforderung, der Zeitplan war eng und wir haben nicht viel Schlaf bekommen. Man musste es einfach akzeptieren, sich konzentrieren und es so gut wie möglich genießen."