Achtung, Spoiler: Dieser Artikel behandelt entscheidende Szenen der achten Staffel sowie den Ausgang der Fantasyserie.

Was hat diese Serie in den letzten Zügen für Gezeter ausgelöst. Fast King's Landing gleich, stand die letzte Staffel von HBOs Fantasyserie Game of Thrones in den vergangenen Wochen im Internet unter Feuer. Zuletzt starteten Fans sogar eine Petition, in der sie den Sender HBO auffordern, die letzte Staffel neu zu drehen. Aber ist die Kritik wirklich gerechtfertigt?

Ohne George R. R. Martin fehlte den Fans etwas

Los ging es mit dem Argwohn gegenüber Staffel acht bereits Anfang Mai. Im Internet kursierte ein viel beachteter Zusammenschnitt auf YouTube: In Interviewschnipseln ließen die Game of Thrones-Darsteller*innen durchblicken, dass sie unzufrieden sind mit der Story der Serie. Mit dem Start der Staffel im April verhärtete sich unter Fans eine Front gegen das Finale. Obwohl keine Staffel so imposante Schauwerte bot wie diese, so große Schlachten und epische Szenen, motzten die Zuschauer*innen auf Reddit, in Foren und auf Twitter rum. Das Hauptproblem: die Drehbücher.

George R. R. Martin, der Autor der Romanvorlage Das Lied von Eis und Feuer, war schon seit einigen Staffeln nicht mehr als treibende Kraft an Bord. Schließlich sitzt er selbst immer noch am vorletzten Buch seines Fantasyepos, The Winds Of Winter. Deshalb brachten die Showmacher David Benioff und D. B. Weiss die Handlung auf eigene Faust zu Ende, die sich schon in den vorangegangenen Staffeln an einigen Stellen deutlich vom Buch unterschied. Die Entscheidungen des Duos führten zu einem Shitstorm, den miesesten Wertungen für GoT-Folgen überhaupt und viele entsetzte Gesichter.

Es haben doch alle bekommen, was sie wollten

Die Entwicklung der Serie überschneidet sich ironischerweise mit einer ihrer wichtigsten Figuren: Daenerys Targaryens. Wurde die TV-Serie in ihren Anfängen als vielversprechende Exotin zur Rettung der Fernsehlandschaft hochgejubelt, erlag sie am Ende den eigenen Allmachtfantasien. Alles schnell zum wohligen Ende bringen zu können, klappte weder bei Daenerys noch bei David Benioff und D. B. Weiss.

Die Kritik ist in vielen Fällen jedoch deutlich überzogen. Ein Großteil des Unmutes rührt daher, dass Game of Thrones nicht so ausgegangen ist, wie viele Fans es wollten – sie bekamen keinen sauberen Sieg der Guten. Als aufmerksamer Serienfan muss man sich aber fragen, wer das überhaupt noch sein soll. Daenerys Werdegang führte fast unvermeidlich zum Erbe ihres Vaters, dem verrückten König, dessen wahnsinnige Ansage, "Verbrennt sie alle", letztlich von ihr umgesetzt wurde. Für sich betrachtet: Was für ein großartiger Storybogen, oder? Für viele nicht, die übersahen, dass ihre geliebte Drachenmutter ebenso wie alle anderen Herrscher*innen in GoT für den Machtgewinn über Leichen gehen mussten. Und dass Daeny schon zuvor immer ihren eigenen Prinzipien treu blieb, allen voran: Keine Gnade für jene, die sie als fehlgeleitet empfand.

Wer also Cersei als das pure Böse und Daeny als das reine Gute sehen wollte, konnte nur enttäuscht werden. Zudem: Wie bringt man eine Geschichte zu Ende, die mit so vielen und dabei dennoch wichtigen und alles entscheidenden Charakteren bestückt ist? Jedes Szenario der achten Staffel war prinzipiell im Bereich des Möglichen. Das liebten wir doch an GoT, dass niemand sicher und alles immer offen war. Held*innen? Gab es im Grunde nie. Selbst Jon Snow alias Aegon Targaryen ließ nach seiner Wiederbelebung die Verräter hinrichten – unter ihnen einen kleinen Junge. Und letztlich tötet er im finalen Akt des Verrats die barbarische Drachenkönigin, die nicht merkte, dass sie zu dem wurde, was sie selbst immer so hasste: eine Tyrannin.

Klar fielen manche Dialoge gegen Ende deutlich plumper aus als zu Beginn. Wer aber argumentiert, dass Tyrion in der letzten Staffel all seine Finesse verloren habe oder dieser und jener Charakter sich gänzlich entgegen seiner sonstigen Entwicklung verhielt, sollte bedenken: Es herrscht Krieg in Westeros. Menschen sind reduziert auf Instinkte. Selbst ohne diesen Umstand handelt wohl nicht jede*r immer so, wie er*sie es im besten seiner*ihrer Momente tun würde.

Entfernungen wurden in Windeseile überwunden, überall klaffen Logiklöcher

Die berechtigte Kritik an Game of Thrones konzentriert sich also eher auf die extrem geraffte und gehetzte Handlung der letzten beiden Staffeln. Plötzlich wurden Entfernungen in Windeseile überwunden, für welche die Figuren sonst tagelange Reisen hinter sich bringen mussten. Ein Schwesternkonflikt zwischen den Stark-Frauen wurde konstruiert, nur um am Ende einen (wenig überraschenden) Twist zu haben. Und ja, gerade in der achten Staffel klaffen Logiklöcher in Schlachten, Figurenszenarien und der Kräfteverteilung, so groß wie jene in der Eiswand, durch die der Night King mit seiner Armee spazierte. Keine Frage: Das hätte man deutlich besser machen können.

In den kommenden Tagen werden viele sich dennoch abermals darüber ereifern, dass Bran Stark die wohl schlechteste Option für den – hey, sowieso geschmolzenen – Königsthron ist. Aber in der Welt, in dem Universum der Serie ist das Ende doch schlüssig und nachvollziehbar. Zu dieser Welt gehört es eben auch, dass manchmal das kleinere Übel die bessere Wahl ist.

Spätestens bei Daenerys Ansprache über die "endgültige Befreiung" (gefährliches Terrain), musste letztlich jeder*m klar werden, dass sie am Ende zu den großen Übeln zählte. Die Ideallösung für alle in Westeros – und vor den Bildschirmen – gibt es nicht. Gerade diese Erkenntnis ist doch ein für GoT würdiges Ende, oder? Gerade beim finalen Treffen der Königsberater*innen, den Seitenhieben und kleinen Anekdoten von Samwell, Bron, Tyrion und Co. wird schmerzlich bewusst, wie sehr diese Serie fehlen wird. Goodbye und danke, Game of Thrones – Valar Morghulis.