Es gibt viele Gründe, seine Heimat zu verlassen: Krieg, Gewalt, Verfolgung, politische Instabilität, Hunger und wirtschaftliche Notlagen. Wer kann, versucht es bis in die westlichen Industriestaaten zu schaffen. Dort, wo demokratische Grundrechte, Gleichberechtigung und juristische Sicherheiten scheinbar selbstverständlich zur Kultur gehören. Wie zum Beispiel in Deutschland.

Auf der Suche nach Sicherheit

Doch auch diejenigen, die das schaffen, lassen damit selten Armut und Gewalt hinter sich. Der Alltag in den Notunterkünften und die unbehandelten Traumata des Krieges und der Flucht belasten sie und erschweren ihre Integration.

Eine kürzlich von der Berliner Charité veröffentlichte Studie zeigt nun, wie vor allem Frauen unter den Bedingungen ihrer Flucht und den Zuständen in deutschen Unterkünften leiden. Insgesamt 660 Teilnehmerinnen aus Syrien, Afghanistan, Iran, Irak, Eritrea und Somalia wurden in sieben Fokusgruppen zu ihren Fluchterlebnissen und ihrem Leben in Deutschland befragt. Die überwältigende Mehrheit von ihnen gab an, unter ihrer aktuellen Situation zu leiden.

Frauen sind selten allein

Vor allem die räumliche Enge, der Mangel an Privatsphäre und die schwierigen hygienischen Zustände in den Unterkünften waren für die Frauen quälend. Gleichzeitig litten sie oft unter der Trennung von ihren Familien, den frustrierenden bürokratischen Abläufen und der allgemeinen Unsicherheit über ihre Zukunft. Über 80 Prozent der Studienteilnehmerinnen gaben an, regelmäßig zu weinen und von einem anhaltenden Gefühl der Traurigkeit betroffen zu sein.

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Die Studie legt außerdem nahe, dass die Traumata der Flucht und die Belastung in den Unterkünften für Frauen gravierendere Folgen haben als für Männer. Innerhalb der Familie übernehmen Mütter oder ältere Töchter häufig die Verantwortung für jüngere Kinder und stünden so unter größerem Druck. Außerdem seien beengte Wohnverhältnisse ein Nährboden für Frust und Gewalt. Es käme häufig zu Streitereien oder Handgreiflichkeiten.

Das größte Problem für die Frauen sind jedoch Männer. 30 Prozent der Frauen gaben sexuelle Gewalt als einen ihrer Fluchtgründe an. Vor allem allein reisende Frauen berichten jedoch auch von sexuellen Übergriffen während der Flucht und sogar in den Unterkünften.

Frauen schützen und integrieren

Die Missstände sollten umgehend behoben werden – zu diesem Schluss kommen die Autor*innen der von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen Studie. Sie empfehlen die Einrichtung von Beschwerdestellen für Frauen und Kinder und eine bessere psychologische und medizinische Versorgung in den Unterkünften.

Aydan Özoğuz, die Beauftragte für Migration, Flüchtlinge und Integration, sieht in der Studie einen ersten Schritt zum Schutz und der besseren Integration der Frauen.

Die Frauen sind sehr motiviert und wollen sich integrieren. Darum müssen Integrationskursträger und Arbeitsagenturen mit ihren Angeboten aktiv auf die Frauen zugehen, damit sie von Sprachkursen und Berufsberatung profitieren können."

Ob und wie die Empfehlungen der Autor*innen umgesetzt werden, steht im Moment noch nicht fest.