Die Gesellschaft spaltet sich grob gefasst in zwei Gruppen: Die Arbeitstiere und die Müßiggänger. Die erste Gruppe definiert sich über ihren beruflichen Erfolg und schuftet endlos, um am Ende des Monats ein stattliches Gehalt auf dem Kontoauszug bewundern zu können. Die anderen arbeiten weniger und verzichten damit auf das große Geld – haben dafür mehr Freizeit.

Was wir aber schon seit langem ahnen, konnte jetzt eine Studie der Society for Personality and Social Psychology (SPSP) beweisen: Wer Zeit mehr als Geld schätzt, ist glücklicher. Und immer mehr Menschen besinnen sich darauf und ändern ihre Prioritäten. Mittlerweile hat sich eine regelrechte Freizeitbewegung entwickelt.

Nicht nur Mütter wollen in Teilzeit arbeiten, sondern auch erfolgreiche Manager oder Führungskräfte, die dafür sogar auf eine Beförderung verzichten. Die Studie der SPSP liefert den Beweis, dass Menschen mehr Zeit mit mehr Zufriedenheit verbinden. Das ist kaum überraschend. Neu hingegen ist, dass weder Geschlecht noch Einkommen dabei einen Unterschied machen. Einzig das Alter potenziert das Bedürfnis nach freier Zeit.

Gretchen-Frage: Geld oder Zeit?

Für die Untersuchung sollten sich 4600 Teilnehmer zwischen zwei Alltagsszenarien entscheiden: Würden Sie lieber in einem teuren Apartment leben, dafür aber einen längeren Weg zur Arbeit in Kauf nehmen müssen – oder umgekehrt? Und: Würden Sie lieber einen Beruf erlernen, der mehr Arbeitsstunden, dafür aber ein höheres Einstiegsgehalt bedeutet – oder einen Job, der weniger Zaster, dafür mehr Freizeit bringt?

Mehr als die Hälfte der Befragten priorisierten Zeit anstatt Geld. Und je älter die Teilnehmer, desto wichtiger die Gestaltung der freien Zeit. Mit dem Bewusstwerden der eigenen Sterblichkeit steigt also die Wertschätzung der eigenen Lebenszeit: "Wenn die Leute älter werden, wollen sie ihre Zeit mit etwas Sinnvollerem füllen als Geld verdienen", erklärt Forscherin Ashley Whillans. Daher würden Hobbies mit zunehmenden Alter immer beliebter werden.

Einziger Schwachpunkt der Studie: Sie schaut auf den ohnehin schon privilegierten Teil der Gesellschaft. Keiner der Befragten lebte unterhalb der Armutsgrenze. Die Herausgeber vermuten, dass sich Menschen aus ärmlichen Verhältnissen wohl eher für Geld entscheiden würden, um ihren Lebensstandard zu verbessern – liefern dafür aber keinen Beweis.

Glück muss man sich leisten können

Für die Forscher und den gesunden Menschenverstand klingt es plausibel, doch für die meisten Angestellten bleibt gekürzte Arbeitszeit Wunschdenken. Für sie ist es schlichtweg finanziell nicht möglich oder sie scheitern an der weit verbreiteten Präsenzkultur und Vollzeitstellen. Ein Umdenken findet bei den Unternehmen nur langsam statt.

Insofern sind die Ergebnisse zwar traumhaft, aber etwas realitätsfern. Ein kleines Trostpflaster soll die nächste Studie von Ashley Whillans und ihrem Team bieten. Sie wollen beweisen, dass wir Geld einsetzen können, um uns Zeit – ergo Glück – zu erkaufen. Beispielsweise indem wir ungeliebte Aufgaben wie Hausputz auslagern. 

Wer sein hart verdientes Geld also richtig einsetzt, kann sich zumindest über die endlosen Bürostunden hinweg trösten.