"Zungenakrobat sucht Schlangenbeschwörerin" – was nach einer besonders schlechten Kontaktanzeige klingt, ist die Klokritzelei eines Halbstarken: Aaron (Bjarne Meisel) ist selbsternannter Pornstar No. 1 und einer von sechs Jugendlichen, die in der Komödie Get Lucky – Sex verändert alles ihren Sommer gemeinsam auf der Jungferninsel verbringen.

Der Titel ist Programm, und so dreht sich in dem Film von Ziska Riemann auch wirklich alles um das Paarungsverhalten von Teenager*innen. Vom ersten Mal über die Frage nach weiblichen Orgasmen bis hin zu Behaarungstrends wird hier besprochen, was den jugendlichen Geist beschäftigt. Themen, bei denen es nicht immer ausreicht zu googeln, schließlich werden im Internet häufig falsche Perfektion und Ideale hochgehalten. Darauf macht die Komödie, wenn auch in etwas klamaukiger Umsetzung, aufmerksam.

Fünf Freund*innen und das Geheimnis des sexuellen Höhepunkts

Die Freund*innen des Pornostar No. 1  sind Julia (Emma-Katharina Suthe), ihre kleine Schwester Emma (Lilly Terzic), David (Benny Opoku-Arthur) und das Traumpaar Hannah (Luissa Cara Hansen) und Mehmet (Jascha Baum). Urlaub machen die fünf Freund*innen plus kleiner Schwester bei Julias und Emmas Tante Ellen (Palina Rojinski). Sie ist nicht nur cool und jung, sondern arbeitet auch noch als Sexologin. Was klischeehaft wirkt, dient als Aufhänger für all die unerfahrenen Fragen, die bei den Teenager*innen auftreten. Denn dass es mit der jugendlichen Aufklärung trotz Internet nicht weit her ist, zeigen unter anderem Aarons Flirttipps. "Mach sie klein, beleidige sie...", heißt seine Aufreißermasche, mit der er zum Glück sofort auf weibliche Abwehr trifft.

Wer mich nicht leckt, weil ich ’nen Busch habe, ist eh nicht der Richtige.
Julia (Emma-Katharina Suthe)

Überhaupt wirken die sexuellen Vorurteile, auf den ersten Blick recht aus der Zeit gefallen. Die Szene, in der Hannah Julia für deren Achsel- und Intimbehaarung öffentlich shamed, erinnert stark an Sex and the City und den Haarentfernungszwang, der dort gerne propagiert wurde. Umso schöner, dass sich die Empörung darüber im nächsten Augenblick gleich wieder legt, wenn es "Wer mich nicht leckt, weil ich ’nen Busch habe, ist eh nicht der Richtige" heißt. Dass besagter Busch dann doch noch professionell zurechtgestutzt und pink gefärbt wird, ist ein Kompromiss, von dem nicht ganz klar wird, warum es ihn braucht. Vielleicht für das erste Mal, das dann dank fehlendem Kondom und verantwortungsbewusstem One-Night-Stand doch nicht wie geplant stattfinden kann.

Die überdimensionierte Plüsch-Vulva und der weibliche Orgasmus

Während die fünf Freund*innen nur den Geschlechtsakt im Sinn haben, ist Emma noch nicht so weit und eher genervt vom triebgesteuerten Verhalten ihrer Schwester und deren Freund*innen. Obwohl sie sich selbst nicht recht mit dem Heranwachsen anfreunden mag, hat sie Fragen: Ob man die Pille auch vaginal einführen kann, was ein Muschi-Pups ist und warum Papas Freundin unlängst gefesselt war. All das muss Tante Ellen beantworten. Auch die pubertierenden Jungs kommen mit ihren Fragen zur weiblichen Anatomie zu Ellen. Besonders interessiert ist Mehmet, der sich etwas sorgt, da seine Freundin Hannah noch keinen Orgasmus hatte. Mit einer überdimensionierten Plüsch-Vulva wird in das Wissen um den weiblichen Orgasmus eingeführt. Was interessant sein könnte, ist in wenigen Sekunden abgehandelt und nur semi erkenntnisreich.

Zwar sind die Ansätze der Komödie durchdacht und vielversprechend, bei der angemessenen Umsetzung mangelt es aber. Die homosexuelle Liebe zwischen David und dem Surflehrer Noah (Richard Kreutz) wirkt, als sei sie nur Teil der Geschichte, um diese möglichst zeitgemäß erscheinen zu lassen. Über Sex zwischen Männern wird nicht gesprochen. Gibt es da etwa keinen Aufklärungsbedarf?

Die Jungenrollen kommen insgesamt nicht gut weg: Zwischen primitiven Anmachsprüchen, Wettwichsen am Strand und peinlichem Eifersuchtsgehabe wirken die Heranwachsenden ziemlich einfältig. Die Mädchenrollen sind im Gegensatz dazu seltsam abgeklärt, was nicht so recht ihrem Alter entsprechen will. Ihre Gespräche über klitorale und vaginale Orgasmen klingen auswendig gelernt und nicht halb so erfahren, wie beabsichtigt.

Selbst der Kurzauftritt von Jella Haase als beratende Mitarbeiterin in einem Sexshop schafft es nicht, der Thematik des Films mit etwas mehr Ernsthaftigkeit zu begegnen. Statt Sexspielzeug als interessante Komponente im Liebesspiel darzustellen, hinterlässt die Szene nur ein Gefühl von Scham, das auch dem restlichen Film größtenteils anhaftet.