"Wie geht es dir?"

"Super! Und selbst?"

"Auch total gut."

"Toll! Ja, dann... Bis bald!"
"Bis bald!"

Ende des Gesprächs. Spannend, oder? Nicht.

Wer sich selbst als glücklich empfindet und bezeichnet, ist meist mit sich und dem Leben im Reinen und rundum zufrieden. Es ist eben "alles gut". Und obwohl das grundsätzlich ein wunderbarer, begrüßenswerter Zustand ist, kann er eintönig werden, wenn er von Dauer ist.

Die wenigen Menschen, die ausschließlich immer glücklich und zufrieden sind, finde ich häufig langweilig. Und bevor jetzt jemand "Hä? Was stimmt denn nicht mit dir?!" fragt: Es gibt durchaus Gründe für diese Sichtweise – und die haben nichts mit Nicht-Gönnen zu tun.

Glückliche Menschen können weniger ertragen

Erst durch belastende Situationen erwerben wir beispielsweise die Fähigkeit, die positiven Seiten des Lebens wertzuschätzen und entwickeln gleichzeitig neue Bewältigungsformen, sagte mir eine Resilienzforscherin mal in einem Interview. Das würde im Umkehrschluss heißen: Menschen, die stets glücklich und zufrieden sind, können nicht so gut mit Stress und Krisen umgehen. Wie auch? Sie sind vergleichsweise schlecht darauf vorbereitet. Wenn es dann doch mal zu einem Kataströphchen kommt, geht direkt die Welt unter.

Anders verhält es sich logischerweise mit Leuten, die schwere Schicksalsschläge überstanden haben und danach tiefe Dankbarkeit empfinden. Aber wer eben nie gelitten hat, weiß gar nicht so genau, was Glück ist.

Glückliche Menschen erleben weniger

Wenn alles prächtig und in schönster Ordnung ist, besteht wenig Notwendigkeit, etwas daran zu ändern. Das kann zur Folge haben, dass einige Tiefzufriedene es sich in ihrer flauschigen Komfortzone gemütlich machen. Was okay ist – nur passiert dort eben nicht allzu viel Aufwühlendes.

Das heißt ausdrücklich nicht, dass das menschliche Seelenheil in der ununterbrochenen Hetzjagd nach dem nächsten Kick liegt. Aber wer echte, tiefe Erfahrungen machen, daran wachsen und Neues lernen will, kommt zuweilen nicht umhin, seine oder ihre eigenen Grenzen zu überschreiten und auch mal Schmerz ertragen zu müssen. Das ist anstrengend, unangenehm und tut weh. Aber es lohnt sich.

Glückliche Menschen sind unkreativer

Kreativität ist zugegebenermaßen ein sehr komplexer Vorgang. Laut Mark Davis, Psychologe an der University of North Texas, beruht jedoch ein Teil von Kreativität unter anderem auf der Fähigkeit, Probleme lösen und Hindernisse überwinden zu können. Dauerglücklichen mangelt es daran. Logisch: Wer kaum Probleme hat, hat auch nicht so viel Übung darin, welche zu lösen.

Außerdem durchsuchten die Computerwissenschaftlerin Anna Jordanous und der Sprachforscher Bill Keller gemeinsam Studien der vergangenen fünf Jahrzehnte, um Kreativität besser verstehen zu können. Sie extrahierten 14 Teilaspekte – keiner davon war Glücklichsein, schreibt Quartz.

Und wir alle wissen auch genau: Die großartigsten Songs handeln definitiv nicht von erfüllter Liebe.

Sie haben weniger zu erzählen

"Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen", schrieb der Dichter Matthias Claudius. Womit wir wieder beim Anfang wären. Das ist wahr, der umgekehrte Fall trifft allerdings ebenso zu: Wer wenig Spannendes erlebt, hat entsprechend wenig zu berichten. Und das macht stets zufriedene Menschen zu eher uninteressanten Gesprächspartner*innen.

Der Person, die auf der Party über muckelige Serienabende und Chili-con-Carne spricht oder der, die von den Herausforderungen einer Rucksackreise oder einer leidenschaftlichen, möglicherweise unglücklichen, Liebe erzählt – wem würdest du lieber zuhören?

Glück ist im Leben meist ein vorübergehender Zustand – wer nicht weiß, was Regen ist, kann den Sonnenschein nicht genießen. Eventuell sollten wir uns statt dauerhaften Glücks vielmehr die Fähigkeit wünschen, das kleine Glück in all den flüchtigen Augenblicken erkennen und genießen zu können, okay damit zu sein, wenn es geht und uns umso mehr freuen, wenn es wieder vorbeischaut.