Wir sind von Müll umgeben. Ständig und zu jeder Uhrzeit. Jeder Stift, mit dem wir schreiben. Jedes Kleidungsstück, das wir tragen. Unsere Handys, der Inhalt unseres Rucksacks, der Rucksack selbst. So gut wie alles ist vergänglich und landet früher oder später im Müll. Abfall ist das Leid einer jeden Konsumgesellschaft und zu einem gewissen Grad unvermeidbar.

Was vermeidbar wäre und trotzdem in übertriebenen Ausmaß existiert, ist Verpackungsmüll. Obwohl Supermarktketten nach und nach auf Plastiktüten verzichten und immer öfter Stofftaschen und Mehrwegnetze anbieten, steigt unsere Müllproduktion. Laut einer neu veröffentlichten Statistik des Umweltbundesamts (UBA) haben die Deutschen im Jahr 2017 18,7 Millionen Tonnen Verpackungsmüll angesammelt, drei Prozent mehr als noch im Jahr davor. Jede Person hat damit durchschnittlich 226,5 Kilogramm Verpackungen in den Abfall geworfen – ein Rekordwert. Knapp die Hälfte davon geht auf das Konto von privaten Endverbraucher*innen, der Rest stammt von Industrie und Gewerbe.

"In Deutschland haben wir im Jahr 2017 erneut einen Höchststand erreicht", sagt UBA-Verpackunsexperte Gerhard Kotschik. Das liege unter anderem an der steigenden Zahl von Single-, Senior*innen- und Zwei-Personen-Haushalten. Sie würden relativ gesehen mehr Verpackungsmüll produzieren als Haushalte mit mehreren Menschen, erklärt Kotschik. "Der Zubereitungsgrad bei Lebensmitteln steigt, also Fertiggerichte beispielsweise. Es gibt einen Trend zu To-go-Essen und Getränken in Einwegverpackungen. Und nicht zuletzt der Onlinehandel führt zu zusätzlichen Verpackungseinheiten." Wie es sein kann, dass das Verpackungsaufkommen steigt, obwohl es heute vielen Menschen wichtig ist, Plastikmüll zu vermeiden? "In den letzten Jahren hat eher eine starke Substitution stattgefunden", sagt der Experte im Deutschlandfunk. "Menschen, die weniger Kunststoff verwenden, greifen stattdessen nun zu Einwegverpackungen aus anderen Materialien, wie Papier. Wichtig wäre aber, Verpackungen insgesamt zu verringern und zu vermeiden."

Mach's dir in deinem Wochenmüll gemütlich

Wie viel Müll wir tagtäglich produzieren, ist uns oft nicht bewusst. Er ist ja auch leicht zu ignorieren. Wir kaufen und konsumieren, die Reste und Überbleibsel werfen wir in die Mülltonne – und schon sind sie nicht mehr unser Problem. Aus den Augen, aus dem Sinn. Vielen ist der Komfort, die Schnelligkeit und das Stillen unmittelbarer Bedürfnisse wichtiger. Was später passiert, ist nebensächlich. Doch würden wir unsere Abfälle sammeln, statt zu entsorgen, würden wir wohl in kurzer Zeit einem ziemlich großen Berg Müll gegenüberstehen.

Wie das tatsächlich aussehen könnte, zeigt Gregg Segal. Für sein Projekt 7 Days of Garbage bat der Fotograf aus Altadena im US-Bundesstaat Kalifornien Freund*innen, Familienmitglieder und Bekannte, eine Woche lang nichts wegzuschmeißen. Den gesammelten Müll sollten sie anschließend in Segals eigenen Garten bringen, verstreuen und sich für ein Fotoshooting hineinlegen. "7 Days of Garbage ist mein Weckruf", sagt der Fotograf. "Wir haben unsere Betten gemacht und jetzt liegen wir in ihnen." Ein Bett aus Müll, als Zeichen dafür, dass wir alle zum weltweiten Abfallproblem beitragen.

Weniger und gesünder konsumieren

Ein bisschen erinnert es an die einstigen Abnehmshows im Privatfernsehen, wenn Ernährungsexpert*innen zu Beginn jeder Folge den Kandidat*innen einen Essensberg präsentieren. Er soll veranschaulichen, wie viel sie in einer durchschnittlichen Woche zu sich nehmen, und einen augenöffnenden Effekt provozieren. Gregg Segal möchte auch Augen öffnen. Indem wir das gesammelte Ausmaß unseres Abfalls sehen (und darin liegen), soll uns bewusst werden, wie viel wir wegschmeißen. An der übermäßigen Müllproduktion seien die Endverbraucher*innen nämlich genauso schuld wie Industrie und Gewerbe.

Auffällig ist, dass der Großteil des Mülls auf den Bilder von Nahrungsmitteln stammt. Keks- und Chipspackungen, Einkaufstüten, Plastikflaschen, Abfälle, die in der Lebensmittelindustrie entstehen. Die meisten Menschen erzeugen keine eigenen Lebensmittel, sie sind abhängig von der Industrie des Essens und Kochens. Das Ergebnis ist die Zunahme einer verschwenderischen Lebensweise und die Gefährdung des Planeten. Segal wollte den Teilnehmer*innen mithilfe seines Projekts nicht nur das Ausmaß des erzeugten Mülls vor Augen führen, sondern ihnen auch bewusst machen, wie gesund oder ungesund sie sich ernähren. Er beschreibt 7 Days of Garbage als eine Art Ernährungstagebuch, das auch gesundheitliche Implikationen liefern könnte.

Es ist schwer, vielleicht sogar unmöglich, ein müllfreies Leben zu führen. Möglich ist aber, sich seiner Ernährung und dem dadurch erzeugten Abfall bewusster zu werden. "Vielleicht werden diejenigen, die sich meine Bilder ansehen, innehalten und darüber nachdenken, wie viel Müll sie jede Woche produzieren. Hat erst mal ein Denkprozess gestartet, kann ein Gespräch beginnen – und am Ende vielleicht sogar das eigene Konsumverhalten hinterfragt werden", sagt Segal.

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