Halligalli, Exzess, Ausnahmezustand: Es ist wieder Karnevalszeit. Doch während die meisten die Tage zur fröhlichen Feierei nutzen, sorgen Menschenmassen, allgemeine Enthemmtheit und Alkoholkonsum dafür, dass insbesondere Frauen viele Situationen erleben, in denen ihre persönlichen Grenzen nicht respektiert werden. Im vergangenen Jahr wurden laut Polizeiangaben zwei Frauen vergewaltigt, Übergriffe sind an der Tagesordnung.

Zu diesen traumatisierenden Erlebnissen kommt hinzu, dass es bislang kaum Anlaufstellen gibt, wo Betroffenen Unterstützung und Sicherheit geboten wird. Elf Kölner Organisationen, die sich auf den Schutz von Frauen und Mädchen konzentrieren, möchten das ändern. Seit 2017 haben sie sich zu der Initiative Edelgard zusammengeschlossen.

Bewusstsein schaffen und Betroffene stärken

Durch die Arbeit möchten die Mitwirkenden der Initiative ein Bewusstsein dafür schaffen, wie häufig Frauen und Mädchen Übergriffe erleben – insbesondere zu Zeiten von Großveranstaltungen wie Karneval. "Es geht darum, dass Mädchen und Frauen nicht alleine in der Verantwortung für sich und ihre Sicherheit sind, sondern dass das ein gesellschaftliches Thema ist", sagt Frauke Mahr. Sie ist Gesamtkoordinatorin des Vereins Lobby für Mädchen, der Teil der Edelgard-Initiative ist, und arbeitet seit 40 Jahren zu feministischen Themen.

Neben dem Schutz der Betroffenen soll das Projekt auch Männer für eigenes übergriffiges Verhalten und das Auftreten ihrer Freunde sensibilisieren. "Männer müssen ihr Verhalten verändern, damit der öffentliche Raum ein Ort wird, in dem Mädchen und Frauen sich sicher bewegen können." Dafür sei es wichtig, den Fokus zu verschieben, denn noch immer würde die Schuld für Übergriffe vor allem bei den Betroffenen gesucht und nicht bei den Täter*innen.

Männer müssen ihr Verhalten verändern, damit der öffentliche Raum ein Ort wird, in dem Mädchen und Frauen sich sicher bewegen können.
Frauke Mahr

Hilfe unter der Durchwahl 0221 221-27777

Die Initiative bietet Schulungen und Informationsveranstaltungen für Unternehmen und Geschäftsbesitzer*innen an, die als Schutzräume für Betroffene dienen sollen. Gerade während der Karnevalszeit sei außerdem das Projekt Edelgard mobil wichtig, um zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein zu können, erklärt Frauke Mahr.

Bei Großveranstaltungen fahren zwei ausgebildete Beraterinnen mit einem Auto an die Veranstaltungsorte, um dort zu informieren und zu unterstützen. Außerdem weisen sie auf die Hotline hin, unter der Betroffene die Mitarbeiterinnen von Edelgard erreichen können und Hilfe bekommen. "Wir suchen den Kontakt zu Frauen und Mädchen, geben ihnen die Karte mit und sagen: Hier kannst du anrufen, wenn du einen Übergriff erlebst." Während der Veranstaltungen bleibe das Auto meist an einem festen Ort stehen, erzählt Frauke Mahr. So wissen Betroffene, an welcher Stelle sie Hilfe bekommen können. Der Standort wird über die Social-Media-Kanäle bekannt gegeben. In Notfällen gebe es darüber hinaus die Möglichkeit, dass eine der Beraterinnen sich mit einem zweiten Wagen auf den Weg zu einer Person macht, die einen Übergriff erlebt hat und diese vor Ort unterstützt.


"Wir merken, dass das großes Interesse findet und viele Frauen sehr froh sind", bewertet Frauke Mahr den bisherigen Erfolg von Edelgard mobil, gibt allerdings gleichzeitig zu bedenken: "Das Beste wäre, wenn wir irgendwann nicht mehr da sein müssten."