In der satirischen Netflix-Serie Historical Roasts werden Witze über historische Personen gemacht. In einer Folge auch über Anne Frank, die dem Holocaust zum Opfer fiel.

"Begrüßen Sie Anne Frank und das Ende meiner Karriere. Es kann gut sein, dass ich hiernach eine Weile untertauchen muss", witzelt Komiker Jeff Ross. In schwarzem Anzug und mit gelber Armbinde, auf der ein Davidstern prangt, steht er vor dem Publikum seiner Show Historical Roasts. Er bittet Schauspielerin Rachel Feinstein auf die Bühne. Feinstein wird in den kommenden dreißig Minuten der Episode Anne Frank spielen. Dabei wird sie zum Ziel teils derber Witze, manche davon werden von einem Hitler-Darsteller vorgetragen.

Mit seiner Skepsis gegenüber dieser Historical Roasts-Folge lag Jeff Ross teilweise richtig: Zwar ist die Karriere des Komikers bis dato nicht beendet. Die dritte Folge seiner Netflix-Satiresendung steht jedoch in der Kritik. Die Anne-Frank-Stiftung aus Amsterdam bezeichnete die Episode Medienberichten zufolge als "geschmacklose Satire". Das niederländische Informations- und Dokumentations-Zentrum zu Israel schloss sich der Kritik an.

Anne Franks Familie wanderte 1934 in die Niederlande aus, um der Verfolgung durch die Nationalsozialist*innen zu entkommen. Ab 1942 tauchte die Familie Frank unter und versteckte sich gemeinsam mit anderen jüdischen Personen in einem Hinterhaus. Sie wurde allerdings entdeckt, Anne Frank starb im Alter von 15 Jahren kurz vor Kriegsende 1945 im Konzentrationslager Bergen-Belsen. Sie führte Tagebuch, durch dessen Veröffentlichung Frank nach dem Krieg weltberühmt wurde. 2009 hat die UNESCO Anne Franks Tagebuch in das Weltdokumentenerbe aufgenommen.

Zwischen Anerkennung und Beleidigung

Bei dem Roast-Format (auf Deutsch rösten, braten oder grillen) steht eine Person im Fokus, die auf bissige Weise sowohl geehrt als auch auf die Schippe genommen werden soll. Meist handelt es sich um Schauspieler*innen oder Politiker*innen, die von Kolleg*innen und Komiker*innen verbal in die Mangel genommen werden. So stellten sich beispielsweise in der Show Comedy Central Roast David Hasselhoff, Bruce Willis und Donald Trump den Witzen.

Komiker Jeff Ross hat sich mit seinen Auftritten in Roast-Shows einen Namen gemacht. Seine Netflix-Sendung ist die erste, in der sich die Witze gegen historische Figuren richten. Neben Anne Frank stehen Abraham Lincoln, Cleopatra oder Martin Luther King im Zentrum der Historical Roasts-Folgen.

"Wer hat es verdient, als letztes zu lachen?"

Jeff Ross erklärte, in seiner Roast-Show würden nur Figuren auftauchen, die er bewundere. In der Anmoderation der Folge berichtet er davon, wie sehr es ihn berührt habe, Anne Franks Tagebuch zu lesen. "Wer hat es verdient, als letztes zu lachen?", fragt er ins Publikum. Erfahrungsberichte wie das Tagebuch seien wichtig, um die Grausamkeiten des Holocausts nicht zu vergessen. "Heute Abend repräsentiert unser Ehrengast nicht nur die Opfer der Nazis, sondern auch die Geflüchteten und die Asylsuchenden, denen der Zugang zu einem besseren Leben verwehrt wird."

Als neben Rachel Feinstein drei als Komiker Don Rickles, US-Präsident Franklin Roosevelt und Adolf Hitler verkleidete Schauspieler*innen die Bühne betreten, ruft Ross in die Menge der lachenden, applaudierenden Zuschauer*innen: "Alles klar, lasst uns diese Nazi-Party starten!" Ross stammt, genau wie Rachel Feinstein und Hitler-Darsteller Gilbert Gottfried, aus jüdischen Familien. Mit seiner Netflix-Show wolle er dagegen ankämpfen, dass die Geschichte von Anne Frank vergessen würde. Historical Roasts solle eine Debatte über die Geschichte anregen.