Der „Führer“ Eine Kombination aus Hitlers persönlicher Ausstrahlung, der brutalen Vorgehensweise der sogenannten Braunhemden der Sturmabteilung (SA) unter Ernst Röhm sowie einer von Joseph Goebbels koordinierten massiven Propagandaaktion machte die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) im November 1932 zu Deutschlands größter politischer Partei. Im Frühjahr 1933 war ihr Führer Adolf Hitler bereits Deutschlands Diktator geworden.
Terra Nova Der Südpol war das Ziel der Terra-Nova-Expedition von Captain Robert Falcon Scott, die im Juni 1910 mit dem gleichnamigen Schiff und einer Crew aus 65 Personen aus Cardiff, Wales startete. In der Antarktis waren bereits viele Forscher*innen, doch nie zuvor hatte jemand den Südpol erreicht, Scott wollte der Erste sein. Kurz nach der Landung in der Antarktis nahm der Expeditionsfotograf Herbert Posting dieses Foto auf: Der Blick aus einer Grotte in einem Eisberg auf den Geologen Thomas Griffith Taylor und den Meteorologen Charles Wright, ihr Schiff Terra Nova ist im Hintergrund zu sehen.
Das Foto von Florence Owens (32) mit ihren Töchtern Katherine und Norma wurde zu einem Sinnbild des Elends während der wirtschaftlichen Rezension der Vereinigten Staaten von Amerika in den 1930er-Jahren. Es gab kaum Arbeit, Familien waren mittellos, Dürren hatten Millionen Hektar Ackerland in eine Wüste verwandelt. Das Porträt wurde in einem Lager für Erbsenpflücker*innen am Straßenrand des Highway 101 in Kalifornien aufgenommen.
Das Grammofon Im Jahr 1878 erhielt Thomas Edison das Patent für seinen Fonographen, ein Vierteljahrhundert später ging das Grammofon (ursprünglich ein Markenname) in Massenproduktion. So spielte das Gerät von Emil Berliner, ein in Deutschland geborener Geschäftsmann, bereits flache, gepresste Scheiben aus Schellack (Schellackplatten) ab, die für die Konsument*innen einfach zu handhaben waren.
1909 wurde schließlich das berühmte Grammofon-Label His Master’s Voice gegründet, auf dessen Logo ein Hund namens Nipper der Stimme seines Herrchens zuhörte. Dieses Foto eines Löwens, der dasselbe tut, wurde von dem deutschen Fotojournalisten Philipp Kester geschossen. Er inszenierte ähnliche Bilder mit einem Kamel, einer Giraffe und einem Elefanten.
Die erste „Weltausstellung“ In der ersten Weltausstellung 1851 gab es mehr als 100.000 Objekte zu sehen. Etwa sechs Millionen Besucher*innen reisten zu dem extra dafür errichteten Kristallpalast in London und bestaunten Lokomotiven, Wandteppiche, Porzellan, Seidenstoffe, Juwelen (unter anderem den riesigen Koh-i-Noor-Diamant und einen 50 Kilogramm schweren Goldklumpen), einen Dampfhammer, eine Druckerpresse, ein kanadisches Löschfahrzeug, ein faltbares Klavier und verschiedene Rüstungen der Kosaken aus Russland.
Kaiserinwitwe Cixi Nach dem Zweiten Opiumkrieg, als Kaiser Xianfeng mit seinem Hofstaat der Qing-Dynastie aus Peking geflohen war, rangierte sich eine politisch talentierte Frau an die Macht: Die Kaiserinwitwe Cixi. Gemeinsam mit der ranghöchsten Kaiserinwitwe Cian übernahm Cixi die Regentschaft für ihren noch minderjährigen Sohn Tongzhi (1856 bis 1875, Kaiser ab 1861) und nach dessen frühen Tod auch noch für ihren Neffen Guangxu (Kaiser von 1875 bis 1908).
Cixi und Cian regierten aus dem Hintergrund, denn Frauen war es offiziell nicht erlaubt, an den Regierungstreffen männlicher Amtsinhaber teilzunehmen. Cixi verfolgte eine offene, aber autoritäre Politik gegenüber westlichen Technologien und Bildungsaspekten, was ihr häufig Probleme in ihrem konservativen Umfeld einbrachte.
Der Unfall am Montparnasse Es ist einer der berühmtesten Bahnunfälle der Geschichte: der Unfall am Bahnhof Montparnasse in Paris am 22. Oktober 1895. Ein Zug, der von Granville nach Paris fuhr, kam am Ende des Gleises nicht zum Stehen, sondern überfuhr sowohl den Prellbock als auch den Bahnsteig, durchbrach dann die Außenwand des Kopfbahnhofs und stürzte auf den Place de Rennes. Dutzende Pariser Fotograf*innen kamen angerannt, um diesen spektakulären Unfall mit ihren Kameras einzufangen.
Neue Götter auf dem Olymp Dieses Foto wurde während den ersten modernen olympischen Spielen unter der Aufsicht des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) 1896 in Athen geschossen. Es zeigt die Teilnehmer des finalen 100-Meter-Laufs, den der Amerikaner Thomas Burke mit 11,8 Sekunden gewann. Auf der zweiten Bahn von links sieht man ihn bei seinem damals unüblichen Tiefstart.
Sueskanal Die Idee für den Sueskanal, einen künstlichen Wasserweg, über 160 Kilometer durch die ägyptische Wüste am Isthmus von Sues gegraben, kam dem französischen Diplomaten Ferdinand de Lesseps. Er hatte genug Einfluss auf den Wali (Vizekönig) von Ägypten, um diesen von der Idee zu überzeugen. Am 16. und 17. November 1869 wurde der Kanal im Zuge großer Feierlichkeiten für Schiffe aller Nationen geöffnet.
Der Kanal verbindet das Mittelmeer mit dem Roten Meer, stellt somit die Grenze zwischen Afrika und Asien dar und erspart den Handelsschiffen den Weg um Afrika herum.
Der Salzmarsch Der indische Anwalt und Bürgerrechtskämpfer Mohandas Gandhi wählte als Taktik gegen die britische Herrschaft in Indien das „Satyagraha“, übersetzt in etwa Gewaltlosigkeit. 1930 konzentrierten sich seine Bemühungen auf eine einzige Ware: das Salz. Unter britischer Herrschaft wurde Salz von der Regierung hergestellt, versteuert und mit erheblichem Aufschlag an die Inder*innen verkauft. Am 12. März verließ Gandhi Ahmedabad, um einen Marsch von mehr als 320 Kilometern zur indischen Westküste zu starten, wo er aus Protest Salz aus Meerwasser herstellen wollte. Einen knappen Monat später erreichte er sein Ziel – gemeinsam mit zehntausenden Menschen, die ihm gefolgt waren.
Gandhi wurde trotzdem verhaftet und mehrere Wochen eingesperrt. Doch sein gewaltfreier Protest hatte Folgen: weitere Salzrebellionen und andere Formen des zivilen Ungehorsams in ganz Indien. Die Brit*innen antworteten mit deren gewaltsamer Niederschlagung und machten die Ungerechtigkeit der imperialen Herrschaft für die ganze Welt noch deutlicher.
Die Entstehung der Arten Der britische Naturforscher Charles Darwin veröffentlichte 1859 sein Hauptwerk On the Origin of Species (Die Entstehung der Arten), das bis heute grundlegende Werk der Evolutionsbiologie. Demnach verändern sich Tier- und Pflanzenarten durch natürliche Selektion im Laufe langer Zeiträume und alle heute existierenden Lebewesen stammen von gemeinsamen Vorfahren ab.
Damit stellte er die Schöpfungsgeschichte infrage, was viele Geistliche gegen ihn aufbrachte. 1871 verfasste er mit The Descent of Man (Die Abstammung des Menschen) ein weiteres, ähnlich kontrovers aufgenommenes Werk.
Albert Einstein Er war der Erste, der die seit mehr als 200 Jahren gültigen Überlegungen Isaac Newtons zu Zeit, Raum, Energie und Masse kippen sollte. Ein deutscher Patentprüfer namens Albert Einstein, auf diesem Foto im mittleren Alter zu sehen, stellte das wissenschaftliche Verständnis darüber, wie das Universum aufgebaut ist, auf den Kopf.
Seine berühmteste Theorie ist bis heute wohl die spezielle Relativitätstheorie mit der Gleichung E = mc². Zehn Jahre später präsentierte Einstein 1915 eine zweite Theorie: die allgemeine Relativitätstheorie (ART). 1921 gewann Einstein den Nobelpreis für Physik.
Das Warschauer Ghetto Die deutsche Armee marschierte im Herbst 1939 in Polen ein. Die große jüdische Gemeinde in Warschau wurde gezwungen, sich mit weißen Armbinden zu identifizieren, ihre Bankkonten wurden eingefroren. 1940 wurde die jüdische Bevölkerung aus den Vorstädten und ländlichen Gegenden in die Innenstadt getrieben, wo ein Ghetto mit einer drei Meter hohen Mauer errichtet wurde. Innerhalb dieser Mauern mussten auf etwa 3,4 Quadratkilometern mehr als 400.000 Menschen unter schrecklichen Lebensbedingungen leben. Es wurde eine Hungerration von 150 Kilokalorien pro Tag festgelegt. Die Infektionskrankheit Typhus breitete sich aus. Im Jahr 1942 begannen die Deutschen, die jüdischen Bürger*innen in Zügen in das Vernichtungslager Treblinka zu verfrachten und zu ermorden.
Dieses Foto wurde 1943 während des Aufstands im Warschauer Ghetto aufgenommen. Am 19. April begannen sich mit Benzinbomben und Pistolen bewaffnete Rebell*innen gegen die Nazis zu wehren. Der Aufstand dauerte fast vier Wochen, bis das Ghetto im Mai mit Brand- und Sprengstoffsätzen zerstört und die letzten Häftlinge erschossen oder deportiert wurden.
„Reichspogromnacht“ Hitlers Mein Kampf war voll von antisemitischen Passagen. Als Reichskanzler wurde die Schikanierung, Verfolgung und später der Massenmord an der jüdischen Bevölkerung zu einem zentralen Ziel der NS-Politik. Als Hitler 1933 an die Macht kam, wurde Jüdinnen und Juden aus vielen Berufsfeldern wie Medizin, Recht, Film und Journalismus exkludiert. Sie durften kein Ackerland besitzen. Jüdische Kinder wurden aus den Schulen entfernt. Nach den im Jahr 1935 erlassenen Nürnberger Gesetzen wurden jüdische Personen ihrer Staatsbürgerschaft und ihrer Grundrechte beraubt. Gemischte Ehen wurde ihnen verboten, genau wie der Gebrauch der deutschen Flagge.
In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 koordinierten SA-Paramilitärs die sogenannte Reichspogromnacht, in dem sie Synagogen und jüdische Ladenfronten, wie auf dem Foto zu sehen, zertrümmerten, verbrannten und zerstörten. Tausende Unternehmen waren ruiniert. Es war das Ergebnis der Eskalation offener, brutaler Gewalt der antisemitischen Nazi-Politik.
Die Brüder Wright Es war auf den windigen Dünen von Kill Devil Hills bei Kitty Hawk im US-Bundesstaat North Carolina, wo die amerikanischen Brüder Orville und Wilbur Wright mehr als 700 Flüge mit einem Segelflieger versuchten. Am 17. Dezember 1903 gelang ihnen schließlich der erste erfolgreiche Flug mit einem Luftfahrzeug, das schwerer war als Luft und einen Motor besaß. Der Flug dauerte zwölf Sekunden und ging in die Geschichte ein.
Die Brüder nannten das Fluggerät Wright Flyer. Es war ein Doppeldecker aus Fichtenholz, das ein Pilot auf dem Bauch liegend steuerte. Nach vier kurzen Flügen an diesem Tag wurde das zerbrechliche Gerät von einem starken Windstoß ergriffen und zerstört.
„The Blitz“ Da Hitler während des Zweiten Weltkriegs nicht in der Lage war, eine Invasion Großbritanniens über den Seeweg durchzuführen, startete er einen Luftangriff, den die Brit*innen „Blitz“ nannten. Er richtete sich gegen zivile und industrielle Ziele in London, Hull, Liverpool und Glasgow. Alleine auf London wurden 18.000 Bomben abgeworfen. Die Stadt wurde im Herbst und Winter 1940 in 57 aufeinanderfolgenden Nächten angegriffen.
Sarah Bernhardt Die französische Schauspielerin Sarah Bernhardt ging in den Jahren 1891, 1896 und 1901 in den USA auf Tournee und begeisterte das Publikum, wie es nur selten zuvor jemand tat. Die Zuschauer*innen sprangen von ihren Stühlen, als sie in Werken berühmter französischer Bühnenautor*innen wie Victorien Sardous La Tosca und Edmond Rostands Cyrano de Bergerac spielte. Bernhardt ließ es sich nicht nehmen, manchmal selbst die Rollen berühmter Männer zu übernehmen. So spielte sie Shakespeares Hamlet oder auch Napoleons Sohn in Rostands L’Aiglon (Der junge Adler).
Die Freiheitsstatue Das Foto entstand 1881 in der Pariser Werkshalle der Gießerei Gaget, Gauthier & Co und zeigt Kunsthandwerker, wie sie an der linken Hand der späteren Freiheitsstatue arbeiten. Sie hält eine Tabula ansata, eine Inschriftentafel mit dem Datum der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, dem 4. Juli 1776. Bildhauer der gewaltigen neoklassizistischen Statue der römischen Freiheitsgöttin Libertas war Frédéric Auguste Bartholdi.
Das Porträt des 21-jährigen Lewis Powell, ein verwirrter Schwerverbrecher, der am 14. April 1865 in das Haus von US-Außenminister William H. Seward eindrang und mit einem Messer auf ihn einstach. Seward überlebte den Angriff. Powell war Unterstützer der Konföderierten, der Südstaaten, die 1861 die Union aus Protest gegen Lincolns Wahl verlassen hatte. Diese Absonderung hatte einen vierjährigen Bürgerkrieg zur Folge, in dem 620.000 US-Amerikaner*innen starben. Powell war ein Veteran der Schlacht von Gettysburg im Jahr 1863.
Fotografin Julia Margaret Cameron (1815-1879) hatte zwei Lieblingsmodelle, die sie in den 1860er- und 1870er-Jahren immer wieder fotografierte: ihre beiden Nichten Julia Jackson, die später die Mutter der Autorin Virginia Woolf werden sollte, und May Prinsep. May posierte auf diesem Foto von 1866 als Beatrice Cenci.
Das Genie hinter der wohl bekanntesten Formel der Physik, E = mc², kennen wir. Aber welche Augenfarbe hatte Albert Einstein eigentlich? Und in welcher Farbe war das Kleid der Frau, als ihr legendärer Kuss mit einem Matrosen auf dem Times Square nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs aufgenommen wurde? Von all diesen historischen Ereignissen gibt es überlieferte Fotos, die um die Welt gingen und als Teil der Geschichte selbst in die Geschichte eingingen – nur eben in schwarz-weiß. Genauso schwarz-weiß erinnern wir uns heute an diese Ereignisse, wir waren ja schließlich nicht dabei. Und so kann es vorkommen, dass wegen dieser Farblosigkeit manchmal Informationen verloren gehen. Oder wer weiß heute noch, dass die Freiheitsstatue eigentlich aus Kupfer besteht und jahrzehntelang rotbraun war, bevor sie sich aufgrund der Oxidation zu dem grün änderte, das wir alle kennen?
Erste Versuche mit der Fotografie in Farbe hatte es zwar bereits zum Ende des 19. Jahrhunderts gegeben. Ihren Siegeszug startete die angewandte Farbfotografie allerdings erst in den 1930er Jahren, als sie in Werbung, Mode und Industrie kommerziell genutzt wurde, im Fotojournalismus dann ab etwa 1945. Bedeutende Momente der Geschichte kennen wir bis dahin also nur in schwarz-weiß. Sei es die erste Weltausstellung 1851 in London, die ersten Olympischen Spiele 1896 in Athen oder die Eröffnung des Sueskanals 1869.
Die Künstlerin Marina Amaral möchte uns die großen Ereignisse unserer Geschichte ein wenig näher bringen. Deshalb kolorierte sie mittels digitaler Bildbearbeitung 200 ikonische Fotos und machte aus alten, monochromen Bildern lebhafte Farbfotos. So lässt sie die Geschichte der Welt von 1850 bis 1960 wieder aufleben, zeigt uns die Haar- und Bartfarbe berühmter Persönlichkeiten und gibt den Betrachter*innen einen ganz neuen Zugang zu vergangenen, oft verblassten Ereignissen. Die Ergebnisse veröffentlichte sie in einem Bildband.
Die Künstlerin schreibt darin, dass sie die Originalfarben nur mit sehr viel Recherche ausfindig machen konnte. Die Originalfarben würde man nämlich nicht anhand der Grautöne alter Fotos erkennen. Gleichzeitig, wenn das Graben nach Details erfolglos blieb, habe sie manchmal auch künstlerische Entscheidungen, ebenso wie es Historiker*innen tun, treffen müssen. Waren genügend Informationen gesammelt, konnte sie mit dem Kolorieren beginnen. „Die Werkzeuge sind digital, aber die grundlegenden künstlerischen Techniken haben sich seit Leonardo da Vinci nicht geändert“, schreibt sie. Schicht für Schicht, Farbe für Farbe, mit Augenmerk auf Ausleuchtung und Textur, erweckte sie jedes Foto von Hand zum Leben. Dabei dauerte die Kolorierung eines einzelnen Fotos manchmal eine Stunde, manchmal einen Monat oder funktionierte allzu oft gar nicht.