Indem die Künstlerin Marina Amaral weltbekannte Schwarz-Weiß-Fotos koloriert, bringt sie uns historische Ereignisse näher.

Das Genie hinter der wohl bekanntesten Formel der Physik, E = mc², kennen wir. Aber welche Augenfarbe hatte Albert Einstein eigentlich? Und in welcher Farbe war das Kleid der Frau, als ihr legendärer Kuss mit einem Matrosen auf dem Times Square nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs aufgenommen wurde? Von all diesen historischen Ereignissen gibt es überlieferte Fotos, die um die Welt gingen und als Teil der Geschichte selbst in die Geschichte eingingen – nur eben in schwarz-weiß. Genauso schwarz-weiß erinnern wir uns heute an diese Ereignisse, wir waren ja schließlich nicht dabei. Und so kann es vorkommen, dass wegen dieser Farblosigkeit manchmal Informationen verloren gehen. Oder wer weiß heute noch, dass die Freiheitsstatue eigentlich aus Kupfer besteht und jahrzehntelang rotbraun war, bevor sie sich aufgrund der Oxidation zu dem grün änderte, das wir alle kennen?

Erste Versuche mit der Fotografie in Farbe hatte es zwar bereits zum Ende des 19. Jahrhunderts gegeben. Ihren Siegeszug startete die angewandte Farbfotografie allerdings erst in den 1930er Jahren, als sie in Werbung, Mode und Industrie kommerziell genutzt wurde, im Fotojournalismus dann ab etwa 1945. Bedeutende Momente der Geschichte kennen wir bis dahin also nur in schwarz-weiß. Sei es die erste Weltausstellung 1851 in London, die ersten Olympischen Spiele 1896 in Athen oder die Eröffnung des Sueskanals 1869.

Die Künstlerin Marina Amaral möchte uns die großen Ereignisse unserer Geschichte ein wenig näher bringen. Deshalb kolorierte sie mittels digitaler Bildbearbeitung 200 ikonische Fotos und machte aus alten, monochromen Bildern lebhafte Farbfotos. So lässt sie die Geschichte der Welt von 1850 bis 1960 wieder aufleben, zeigt uns die Haar- und Bartfarbe berühmter Persönlichkeiten und gibt den Betrachter*innen einen ganz neuen Zugang zu vergangenen, oft verblassten Ereignissen. Die Ergebnisse veröffentlichte sie in einem Bildband.

Die Künstlerin schreibt darin, dass sie die Originalfarben nur mit sehr viel Recherche ausfindig machen konnte. Die Originalfarben würde man nämlich nicht anhand der Grautöne alter Fotos erkennen. Gleichzeitig, wenn das Graben nach Details erfolglos blieb, habe sie manchmal auch künstlerische Entscheidungen, ebenso wie es Historiker*innen tun, treffen müssen. Waren genügend Informationen gesammelt, konnte sie mit dem Kolorieren beginnen. "Die Werkzeuge sind digital, aber die grundlegenden künstlerischen Techniken haben sich seit Leonardo da Vinci nicht geändert", schreibt sie. Schicht für Schicht, Farbe für Farbe, mit Augenmerk auf Ausleuchtung und Textur, erweckte sie jedes Foto von Hand zum Leben. Dabei dauerte die Kolorierung eines einzelnen Fotos manchmal eine Stunde, manchmal einen Monat oder funktionierte allzu oft gar nicht.

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