Warum geht das Foto gerade viral?

Venedig beklagt diese Woche das schlimmste Hochwasser seit Jahrzehnten. Wie schlimm es  ist, zeigt unter anderem ein Foto, das derzeit viral geht. Der italienische Politiker Andrea Zanoni, Mitglied der Mitte-Partei Italia dei Valori, postete Mitte der Woche mehrere Fotos des Ratzimmers im Palazzo Ferro Fini. Dort nahm er gerade an einer Sitzung teil, als das Hochwasser eindrang. Die Ironie dahinter: In der Sitzung sollte es um Maßnahmen für den Klimaschutz gehen, die allerdings von der rechtskonservativen und rechtspopulistischen Koalition der Parteien Lega, Fratelli D'Italia und Forza Italia verhindert wurden. "Zaias Lega [Anm. d. Red.: Luca Zaia ist amtierender Lega-Präsident der Region Venetien, zu der auch Venedig gehört] stimmt gegen unsere Änderungsanträge zur Bekämpfung des Klimawandels, und nach zwei Minuten wird die Ratskammer mit Wasser überflutet", schreibt Zanoni in großen Lettern in seinem Post. Selbst die hochwassersicheren Schotten, mit denen das Palazzo Ferro Fini gesichert ist, konnten das Wasser nicht aufhalten. "Wenn die Wähler*innen von Venetien weiterhin die Augen verschließen, wird Zaias Lega uns alle unter Wasser bringen", schreibt Zanoni weiter.

Wie ist die aktuelle Situation in Venedig?

Laut Medienberichten standen zwischenzeitlich 80 Prozent der Unesco-Welterbestadt unter Wasser. Anfang dieser Woche stieg der Wasserpegel auf den höchsten Stand seit dem Jahr 1966, für Freitagvormittag wurde eine Höhe von 145 Zentimetern vorhergesagt. Die italienische Regierung rechnet mit verheerenden Schäden an der historischen Bausubstanz, wobei das genaue Ausmaß noch unklar ist. Mittlerweile wurde der Notstand ausgerufen. Die Regierung stellt 20 Millionen Euro an Soforthilfe für die Stadt und ihre Bevölkerung bereit. Am Freitag sollen Schulen nicht öffnen, auch der Dogenpalast bleibt geschlossen. Wissenschaftler*innen sehen den durch die Klimakrise steigenden Meeresspiegel als Ursache für das Hochwasser.

Wie reagiert die Bevölkerung Venedigs?

In der Stadt ist unterdessen eine Diskussion über den mangelnden Hochwasserschutz entfacht. "Das Hochwasser in Venedig bringt das Problem der absoluten Trägheit an die Oberfläche, mit der man in Italien das Phänomen des Meeresspiegelanstiegs angeht", sagte Luigi Merlo vom Handelsverband Confcommercio. Das MO.S.E.-Projekt, ein Sturmflutsperrwerk aus beweglichen Fluttoren, verschlingt seit dem Baubeginn im Jahr 2003 Milliarden und sollte längst fertiggestellt sein. Viele geben politischen Skandalen, korrupten Beteiligten und der eingerosteten Bürokratie dahinter die Schuld. Unter Zanonis Facebook-Posting reagieren die Leute empört und verurteilen die Politik der Lega scharf. Viele Venezianer*innen werfen Politiker*innen zudem vor, die Stadt an Tourismus- und Kreuzfahrtunternehmen verkauft zu haben und sich nicht wirklich um den Schutz zu kümmern.