Der Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen steht in massiver Kritik. Ob er weiterhin in seinem Amt bleiben wird, ist fraglich. Die SPD-Spitze forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel zu seiner Entlassung auf. Merkel soll sich laut Welt bereits dazu entschieden haben, dass Maaßen gehen muss.

Seit einigen Tagen erhält Maaßen aber auch große Unterstützung, vor allem aus dem Netz. Auf Facebook und Twitter lassen sich zahlreiche Solidaritätsbekundungen finden. Sie sind mit dem Hashtag #wirsindmaassen versehen – sie stammen fast ausschließlich von Rechten und werden von mehreren AfD-Funktionären multipliziert.

AfD-Funktionäre von Lokalpolitikern bis Höcke nutzen den Fall für Kritik an Merkel

Wer den Hashtag auf Facebook eingibt, findet für Maaßen-Unterstützer*innen gegründete Gruppen und Hunderte Beiträge, in denen etwa von einer "linken Treibjagd auf Maaßen" gesprochen wird, wie im Fall des sächsischen AfD-Abgeordneten Ulrich Oehme. Losgetreten hatte die Solidaritätswelle offenbar ein Blogbeitrag von Vera Lengsfeld. Sie war Abgeordnete zunächst der Grünen, später saß sie für die CDU im Bundestag und gilt heute als AfD-Sympathisantin. ze.tt konnte außerdem mindestens sieben AfD-Funktionäre ausmachen, die auf Facebook in den vergangenen Tagen Postings mit #wirsindmaassen-Bezug absetzten.

In vielen Beiträgen, die ze.tt per Screenshot sammelte, zeigt sich: Die Solidarität mit Maaßen wird mit AfD-eigenen Interessen vermengt. So finden sich in den Postings häufig nicht nur Solidaritätsbekundungen mit Maaßen, sondern auch Hetze gegen Medien, Linke und Angela Merkel. Auch rassistische und antisemitische Aussagen lassen sich finden. So schreibt ein User etwa an Maaßen gerichtet: "Lass dich von diesen linken Juden nicht absägen. Das Volk steht hinter dir! Nicht du, das Merkel-Imperium muss weg!"

In einem Posting von Björn Höcke wendet sich der AfD-Politiker an Horst Seehofer, der vom "Parteisoldaten zum Staatsmann" werden solle. Er dürfe nicht vor Merkel einknicken und solle sich vor Maaßen stellen. Höcke wiederholt in dem Beitrag außerdem die Lüge der Grenzöffnung, mit der die AfD seit 2015 Stimmung gegen Geflüchtete macht. Der Beitrag ist seit Montagabend online und wurde bereits mehr als 1.700 Mal geteilt. Eine ze.tt-Analyse der Beiträge legt nahe, dass der Fall Maaßen von Rechten, insbesondere von der AfD, hauptsächlich für ihre Sache instrumentalisiert wird.

Die Plattform netzpolitik.org hat außerdem ausgewertet, wer hinter den unterstützenden Accounts auf Twitter steckt. Zum Zeitpunkt des Beitrags am Montagabend wurden etwa von mehr als 3.000 Accounts über 7.000 Tweets mit dem Hashtag gesendet. Die Accounts lassen sich grob in zwei Gruppen einteilen: Die Hälfte der Accounts ist nicht mit AfD-Accounts vernetzt, es handelt sich vermutlich um Tweets, die sich über den Hashtag lustig machen oder ihn kritisieren. Die andere Hälfte der zum Hashtag twitternden Accounts ist stark vernetzt und weist zahlreiche Verbindungen zum AfD-Umfeld auf.

Ihre Recherche fassen die Kolleg*innen von netzpolitik.org wie folgt zusammen: "Nichts deutet darauf hin, dass es sich hier um Bots, also automatisierte Accounts handelt, eher ist es eine politische Kampagne von AfD-Sympathisant*innen, die sich nun schützend vor den Chef des Inlandsgeheimdienstes stellen."

Die Sache dürfte Maaßen eher schaden

Die Angelegenheit hat einen Beigeschmack: Maaßen wird nicht nur aufgrund seiner Aussagen über Chemnitz kritisiert, sondern auch, weil ihm eine Nähe zur rechtspopulistischen AfD nachgesagt wird.

Er soll sich nicht nur mehrmals mit Alexander Gauland getroffen haben, sondern der Parteispitze auch angeboten haben, sie könne sich bei Fragen an ihn wenden. Zudem soll Maaßen der AfD vorab geheime Informationen aus dem unveröffentlichten Verfassungsschutzbericht gegeben haben. Dass jetzt ausgerechnet Menschen aus der AfD und ihrem Umfeld für ihn trommeln, dürfte seiner Integrität weiter schaden.

Maaßen hatte zuvor in einem Interview mit der Bild die Authentizität eines Videos aus Chemnitz bezweifelt, das zeigt, wie Neonazis Menschen über die Straße jagen. Recherchen von ze.tt und unseren Kolleg*innen von ZEIT ONLINE zeigten jedoch: Das Video ist echt. Ein Krisengespräch zwischen den Spitzen der Großen Koalition über Maaßens Verbleib findet heute Abend statt.