Der von Republikaner*innen dominierte Senat des US-Bundesstaats Alabama hat seine Gesetze zu Schwangerschaftsabbrüchen verschärft. In Zukunft sind Abbrüche nur noch bis zur sechsten Schwangerschaftswoche möglich, also bevor der Fötus einen Herzschlag entwickelt. Häufig wissen die Schwangeren zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass sie schwanger sind. Ausnahmen sollen nur möglich sein, wenn das Leben der Schwangeren in akuter Gefahr ist. Die psychischen Folgen einer ungewollten Schwangerschaft werden dabei nicht berücksichtigt: Auch im Falle einer Vergewaltigung oder von Inzest ist das frühzeitige Beenden der Schwangerschaft verboten. Ärzt*innen, die trotzdem Abbrüche vornehmen, müssen mit einer Haftstraße von bis zu 99 Jahren rechnen.

Damit ist Alabama der fünfte Bundesstaat der USA, der das sogenannte Heart Beat Bill verabschiedet hat. In Mississippi, Georgia, Kentucky und Ohio gibt es ein solches Gesetz bereits. Es ist ein weiterer Schritt der Abtreibungsgegner*innen, die Neubewertung eines Urteils aus dem Jahr 1973 zu bewirken. Der Supreme Court hatte damals entschieden, dass Schwangerschaftsabbrüche unter die Privatsphäre fallen und keine Straftat darstellen. Doch seit Donald Trump zwei Richter des Supreme Courts ernannt hat, herrscht dort eine konservative, frauenfeindliche Mehrheit. Eine Neubewertung des Urteils wäre damit prinzipiell möglich.

Protest auf Social Media

Diese Möglichkeit macht vielen Menschen in den USA Angst. Laut Schätzungen hat dort jede vierte Person mit Uterus in ihrem Leben mindestens einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen. Trotzdem ist das Thema stark tabuisiert. Darum rief die US-amerikanische Schauspielerin Busy Philipps auf Twitter dazu auf, unter dem Hashtag #youknowme von den eigenen Erfahrungen mit einem Abbruch zu berichten.

Zahlreiche Frauen kamen Philipps Aufruf nach. In ihren Tweets erzählen sie von ihrer Entscheidung, eine Schwangerschaft zu beenden. So unterschiedlich ihre Gründe für einen Abbruch auch sind: Die Personen, die auf Philipps Tweet reagierten, schildern fast ausschließlich positive Erfahrungen und ein Gefühl der Erleicherung. "Ich fühle mich nicht schuldig", "Ich bin keine Verbrecherin" oder "Ich bereue nichts" ist in den Kurznachrichten zu lesen.

Einige Nutzer*innen äußerten Bedenken darüber, dass – ähnlich wie bei #metoo – den Schilderungen von Frauen und Menschen mit Uterus erst geglaubt würde, wenn sie ihre traumatischen Erfahrungen öffentlich teilten. Trotzdem solidarisierten sich viele Menschen mit den Nutzer*innen, die unter dem Hashtag #youknowme twitterten.

Ein wichtiges Wahlkampfthema: Entscheidungsfreiheit

Viele Demokrat*innen sind entsetzt über die Entscheidungen in Alabama. Einige demokratisch geprägte Staaten sahen sich gezwungen, selbst liberale Gesetze zur Regelung von Schwangerschaftsabbrüchen zu verabschieden. So sollen in Zukunft in New York auch Spätabtreibungen nach der 24. Schwangerschaftswoche möglich sein, wenn das Kind nicht lebensfähig wäre. Für die Republikaner*innen kommt dies der Legalisierung von Kindsmord gleich. Es ist zu erwarten, dass die Gesetzeslage zu Schwangerschaftsabbrüchen auch beim Präsidentschaftswahlkampf 2020 eine wichtige Rolle spielen wird.