Bescheidenheit ist eine Tugend. Das dürfte auch dem frisch gekürten Literaturnobelpreisträger Peter Handke bekannt sein. Dass es ihm aber sowohl an dieser, als auch an der Fähigkeit mangelt, professionell mit Kritik umzugehen, bewies der Österreicher bei einem informellen Treffen in seiner Heimatgemeinde Griffen in Kärnten. Wie das österreichische Fernsehen ORF sowie der Radiosender Österreich 1 berichten, eskalierte die Feier zu seinen Ehren am Dienstagabend, als Handke von den anwesenden Journalist*innen auf die Kritik von Saša Stanišić an seiner Auszeichnung angesprochen wurde.

"Ich stehe vor meinem Gartentor und da sind 50 Journalisten und alle fragen nur wie Sie", beschwerte sich Peter Handke. "Von keinem Menschen, der zu mir kommt, höre ich, dass er sagt, dass er irgendwas von mir gelesen hat. Es sind nur die Fragen: Wie reagiert die Welt? Reaktion auf Reaktion auf Reaktion." Und er setzte nach: "Ich bin ein Schriftsteller, ich komme von Tolstoi, ich komme von Homer, ich komme von Cervantes. Lasst mich in Frieden und stellt mir nicht solche Fragen."

Für weitere Statements stand Handke nicht mehr zur Verfügung. Er wolle gar nie wieder Journalist*innenfragen beantworten, kündigte er an und brach das Gespräch ab.

"Hier komme ich gerade von Miloševićs Begräbnis, aber ansonsten komme ich von Tolstoi."

Was war zuvor geschehen? Der aus Bosnien stammende Saša Stanišić hat den diesjährigen Deutschen Buchpreis gewonnen. Bei der Verleihung kritisierte Stanišić in seiner Dankesrede scharf, dass Peter Handke kurz zuvor den Literaturnobelpreis bekommen hatte. "Dass ich hier heute vor Ihnen stehen darf, habe ich einer Wirklichkeit zu verdanken, die sich dieser Mensch nicht angeeignet hat", sagte Stanišić. Er spielte damit auf die Relativierung Handkes von Verbrechen während des Jugoslawienkriegs an. "Diejenigen, die gegen Milošević in Scharen auf die Straße gingen, hat er ignoriert", fügte Stanišić hinzu. Er sei "erschüttert, dass so etwas prämiert wird".

Peter Handke hatte in früheren Werken mehrfach die Kriegsverbrechen während des Jugoslawienkrieges unter dem früheren serbischen Präsidenten Slobodan Milošević verharmlost. Bei Miloševićs Beerdigung im Jahr 2006 hatte er eine Grabrede gehalten.

Die von Handke kritisierte "Reaktion auf Reaktion auf Reaktion" in der Berichterstattung zu seiner Person erhält er indes auf Twitter. Innerhalb kürzester Zeit stiegen Memes und andere Verweise zu seiner Medienschelte in die Trends.

Die eigentliche Ehrung Handkes anlässlich der Auszeichnung mit dem Literaturnobelpreis wird derweil wohl nicht mehr stattfinden. Die geplante Veranstaltung in Griffen wurde am Mittwochmorgen überraschend abgesagt. Einen Ersatztermin soll es nicht geben.