"Der Tag war anstrengend", seufzt Natalie Dedreux, als wir sie in Berlin treffen. Die 20-jährige Aktivistin hat an diesem Mittwoch gemeinsam mit 200 Menschen vor dem Bundestag gegen die Zulassung des Praenatests als Kassenleistung demonstriert. Sie ist außerdem Initiatorin der Petition Menschen mit Downsyndrom sollen nicht aussortiert werden

Mit dem Praenatest lässt sich in der frühen Schwangerschaft herausfinden, ob ein Fötus das

Downsyndrom

hat.

 Natalies Tag begann um vier Uhr morgens auf Instagram. "Das ist eigentlich nicht so mein Ding", schreibt sie zu einem Foto, das sie postet – und meint das frühe Aufstehen. Auf ihrem Instagram-Account schreibt sie: "Ich habe das Downsyndrom. Das Downsyndrom ist cool." Natalie Dedreux möchte Journalistin werden und macht gerade ein Praktikum beim Deutschlandfunk. Für die Demonstration hat sie sich einen Tag frei genommen.

Ich wollte heute den Politikern meine Petition in die Hand geben. Das hat leider nicht geklappt, die hatten zu viel zu tun. Schade. Die normalen Leute sollen sehen, wie cool man drauf ist mit Downsyndrom. Ich würde nicht sagen, dass Menschen mit Downsyndrom cooler sind als Menschen ohne. Die haben so viel Angst vor uns, dabei tun wir nix Böses. Ich kann nicht verstehen, dass Leute Angst vor mir haben.

Ich habe Angst davor, dass es vielleicht bald weniger Menschen mit Downsyndrom auf der Welt gibt. Eine Welt ohne Menschen mit Downsyndrom wäre kaputt. Es kam ja schonmal vor, dass Menschen mit Downsyndrom umgebracht wurden. Weil Hitler uns nicht mochte. Der hat gesagt, dass er das Downsyndrom nicht gut findet.

Manchmal werde ich angestarrt, weil ich Downsyndrom habe. Das mag ich nicht. Manchmal gucken mich Leute an und haben Respekt, das finde ich gut. Ich habe einen Freund, das finde ich auch gut. Seit einem Jahr ist er mein Freund. Wir wollen auch eine Familie gründen und vielleicht heiraten. Dann würde er einen Doppelnamen haben.

Ich möchte auch Mutter werden. Ich wünsche mir ein Kind mit Downsyndrom. Dann wäre es genauso normal wie ich. Einfach normal sein. Wenn es nicht das Downsyndrom hätte, bringe ich es trotzdem zur Welt. Aber lieber Downsyndrom. Ich würde mein Baby im Bauch nicht wegen einer Behinderung untersuchen lassen. Nur den Bauch. Um zu gucken, ob das lebensfähig ist oder nicht. Wenn es nicht lebensfähig wäre, würde ich es trotzdem zur Welt bringen. Ich kann das doch nicht einfach so abbrechen.

Ich frage mich: Warum macht ihr euch so große Sorgen? Die Leute denken, wir können nicht lesen und schreiben, was einfach nicht stimmt. Das finde ich nicht gut, sowas einfach zu sagen. Ich kann lesen und schreiben. Meine Fotos und Texte auf Instagram poste ich selbst.

Ich habe einen Herzschrittmacher, deshalb kann ich nicht Achterbahn fahren. Das ist doof. Ich würde gerne Achterbahn fahren. Sonst kann ich aber alles machen. Ich habe viele Freundinnen mit Downsyndrom, auch welche ohne. Meine Freundin Marie will Lehrerin werden, aber das klappt nicht, weil sie dafür das Abitur braucht. Ich will Journalistin werden, das geht auch ohne Abschluss.

Die Diskussion um den Praenatest hält mich ziemlich auf Trab. Ich kann leider nicht im Bundestag sprechen, weil ich arbeiten muss. Ich weiß aber, was ich sagen würde: Ich will nicht, dass der Bluttest auf Downsyndrom von der Krankenkasse bezahlt wird, weil es sonst weniger Menschen mit Downsyndrom gibt auf der Welt. Und Inklusion ist wichtig, dass immer und überall alle dabei sein dürfen und mitmachen. In Deutschland muss es mehr Inklusion geben.

Im Grundgesetz in Artikel drei steht, dass alle Menschen die gleichen Rechte haben, mit und ohne Behinderung. Wir haben das Recht auf Inklusion, mitmachen zu dürfen und auch dabei zu sein in der Schule und auf der Arbeit. Dann ist auch nicht mehr so viel Angst da. Die Leute brauchen keine Angst vor uns zu haben. Wir sind cool und wir haben ein gutes Leben.

ZEIT ONLINE hat der Frage Sollen Kassen den Bluttest auf Down-Syndrom zahlen? einen Schwerpunkt gewidmet.