Bei der Konferenz Das islamische Kopftuch in Frankfurt fasst Schwarzer eine junge muslimische Frau an und verspottet sie. Ihr Verhalten entlarvt ihren Rassismus. Ein Kommentar

"Sie betreiben einen weißen Feminismus, der nicht intersektional ist!" und "Wären Sie Feministin, wären Sie dafür, dass wir unser Kopftuch tragen dürfen!" rufen die Studierenden, die vor der Frankfurter Goethe-Universität gegen die dort stattfindende Konferenz protestieren, in der über muslimische Verschleierung diskutiert wird. In ihrer Mitte: Alice Schwarzer, einst feministische Vorreiterin, heute vor allem durch eine Haltung bekannt, die trans* Menschen ausschließt, Geflüchtete unter Generalverdacht stellt und immer wieder gegen den Islam argumentiert. Dort, in Frankfurt vor der Universität, wirkt Alice Schwarzer wütend, fast trotzig. Sie gestikuliert wild in Richtung der jungen Frauen und schreit: "Hundert Pro habt ihr noch nichts von mir gelesen."

Die Situation spitzt sich zu, als Schwarzer ungefragt eine junge Muslima anfasst. Als diese sagt, dass sie nicht angefasst werden wolle, reißt Schwarzer in gespielter Überraschung ihre Hand in die Höhe, belächelt die Aufforderung und kommt dann ganz nah an die junge Frau heran. Sie sagt laut: "Ich dachte, nur ein Mann darf Sie nicht anfassen." Als Demonstrierende Schwarzer darauf hinweisen, dass diese Haltung übergriffig und rassistisch sei, winkt sie nur ab und sagt: "Darum geht's nicht."

Das Video, das von Zuher Jazmati aufgenommen und gestern über seinen Instagramaccount @xanax-attax geteilt wurde, verbreitete sich schnell im Internet. Bei der Konferenz hatte Schwarzer gesagt, sie erkenne an, dass die Entscheidungsgründe für ein Kopftuch sehr vielfältig sein können. Ihr Verhalten beweist das Gegenteil. Denn sie schaut spöttisch auf die Demonstrantin herab, beleidigt sie rassistisch und spricht der jungen Frau das Recht ab, über ihren eigenen Körper zu bestimmen. Das hat mit Feminismus nichts mehr zu tun.

Konferenz der Kritiker*innen

Die Konferenz mit dem Titel Das islamische Kopftuch – Symbol der Würde oder der Unterdrückung? hatte bereits nach ihrer Ankündigung Proteste ausgelöst. Die Veranstalterin Prof. Dr. Susann Schröter, Leiterin des Forschungszentrums Globaler Islam, fiel in der Vergangenheit durch eine kritische Haltung gegenüber dem Kopftuch auf. Doch genauso wenig wie es den Islam oder den Feminismus gibt, gibt es das Kopftuch. Auch die Auswahl der Redner*innen wurde kritisiert. Eingeladen waren überwiegend Personen, die für ihre kritische Haltung gegenüber dem Islam bekannt sind. Darunter Terre des Femmes-Vorstandsmitglied Dr. Necla Kelek, die ehemalige Schulleiterin Ingrid König – und Alice Schwarzer.

Einige Studierende empfanden diese Konferenz und die Redner*innenliste als unhaltbar. Kein Wunder, die Diskussion über Verschleierung vermengt viel zu häufig die Umstände in streng muslimisch geprägten Ländern, in denen Frauen gegen einen Kopftuchzwang kämpfen, mit den Zuständen in Deutschland. In einer demokratischen, freiheitlichen Gesellschaft können Frauen selbstbestimmt entscheiden, ob sie ein Hijab tragen. Das Kopftuch ist damit kein Symbol der Unterdrückung, sondern persönliche und religiöse Ausdrucksform. Der ständige Zweifel daran, ob Kopftücher wirklich freiwillig getragen werden, befeuert nur die Positionen von beispielsweise Rechtspopulist*innen. So bekam Alice Schwarzer für ihre Äußerungen regelmäßig Applaus von der AfD. Vorrangig die Risiken eines Kleidungsstücks wie des Kopftuchs zu diskutieren, während es in Deutschland täglich zu Übergriffen auf Muslim*innen kommt, ist paradox.

Kampagne gegen Universitätsprofessorin Schröter

In ihrer Wut darüber, dass die wissenschaftliche Diskussion vor allem von Gegner*innen des Hijab organisiert und geführt wurde, entschieden sich Studierende dazu, die Kampagne #schröter_raus zu starten. Sie forderten, dass die Konferenz abgesagt und Prof. Dr. Schröter ihres Amtes enthoben werden sollte. Ihre Begründung: Die Konferenz würde rechte und rechtspopulistische Positionen stärken. Außerdem wollten die Studierenden auf den institutionalisierten Rassismus an Universitäten aufmerksam machen, der Lebensrealitäten zur Diskussion stellt.

Die Kritik an der Konferenz wurde in den Medien unter anderem als Angriff auf die Meinungsfreiheit und als Hetze bezeichnet. Viele Politiker*innen solidarisierten sich mit Schröter. Die Organisator*innen der Kampagne wurden als "Islamisten" betitelt. Das Instagramprofil, auf dem sie ihre Forderungen teilten, wurde mit Kritik, Anfeindungen und Beleidigungen überhäuft. Letztendlich wurde das Profil gelöscht.

Trotzdem fanden sich die Kritiker*innen am Mittwoch vor dem Gebäude in Frankfurt zusammen, um ihre Kritik an der Veranstaltung und den Redner*innen sichtbar zu machen. Dort kam es auch zu dem Übergriff von Schwarzer auf eine junge Demonstrierende mit Kopftuch.

Schwarzers weißer Feminismus

Schwarzer fällt schon seit Jahren mit rassistischen Äußerungen auf und spricht muslimischen Frauen, die sich für ein Kopftuch entscheiden, das Recht auf Selbstbestimmung ab. "Das Kopftuch ist das Zeichen, das die Frauen zu den anderen, zu Menschen zweiter Klasse macht", sagte sie 2006 gegenüber der FAZ und verglich im gleichen Atemzug das Kopftuch mit dem Judenstern. Als sie von den Demonstrierenden vor der Konferenz auf diese Relativierung des Holocausts angesprochen wurde, schien es, als wüsste sie nicht, um welche Äußerung es ginge. Sie entgegnete, ihre Kritiker*innen würden den Kontext der Äußerung nicht kennen. Auch heute noch sieht Schwarzer das Kopftuch als "Symbol der Unterdrückung", wie sie in einem Artikel auf EMMA erklärte, und begrüßt, dass dies ebenfalls der Tenor bei der Konferenz gewesen sei.

Schwarzer benutzt Begriffe wie "verordnete Fremdenliebe" und nennt die Toleranz gegenüber Frauen, die ein Kopftuch tragen, falsche Toleranz. Damit offenbart sie nicht nur ihre abwertende Haltung gegenüber Frauen, die sich selbstbestimmt für ein Hijab entscheiden. Sie macht deutlich, dass sie den Islam als etwas Fremdes empfindet und nicht als Teil einer pluralen Gesellschaft in Deutschland. Das abfällige Verhalten gegenüber der Demonstrantin steht damit sinnbildlich für Schwarzers von Rassismus getrübten Blick auf die Welt.