Achtung, dieser Text enthält Spoiler!

Eigentlich hat die erste Staffel von The End of the F***ing World die Geschichte von Alyssa (Jessica Barden) und James (Alex Lawther) auserzählt. Die Serie basiert auf der gleichnamigen Comic-Reihe von Charles S. Forsman, und die endet, ebenso wie Staffel eins, damit, dass die beiden Jugendlichen nach der Flucht aus ihren Elternhäusern von der Polizei geschnappt werden. Doch die Dramedy von Regisseur Jonathan Entwistle erfreute sich derartiger Beliebtheit, dass die Macher*innen eine zweite Staffel entwickelten – losgelöst von der Comicvorlage.

Abgesehen von der Beliebtheit der Serie bot sich das Ende von Staffel eins auch hervorragend für eine Fortsetzung an. In der letzten Szene am Strand ertönt ein Schuss – niemand weiß, ob James, der vor der Polizei davonrennt, getroffen wurde oder nicht, stirbt oder überlebt. Der perfekte Cliffhanger. Der Trailer zur zweiten Staffel spielt mit dieser Spannung. Darin ist nur Alyssa zu sehen, wie sie sich ihre Haare färbt, wie sie in einem Diner Burger brät und wie sie in einem Hochzeitskleid vor den Altar tritt.

Das Problem mit Menschen, die wenig Liebe erfahren haben, ist, dass sie Liebe nicht erkennen können. Deswegen können sie leicht getäuscht werden.
Alyssa

Mit großer Spannung steigt man als Zuschauer*in in die Fortsetzung ein und freut sich auf den bissigen Humor, mit dem Alyssa und James einen Ausweg aus ihrer Perspektivlosigkeit suchen. Doch zwei Jahre nach den Erlebnissen der ersten Staffel bekommen wir erst mal einen neuen Charakter vorgestellt. Die erste Folge erzählt, wie Bonnie (Naomi Ackie, bald auch im neuen Star Wars zu sehen) unter der strengen Erziehung ihrer Mutter litt und wie sie in den Armen eines Professors Zuflucht fand. Bei dem Prof handelt es sich um den Vergewaltiger, den Alyssa und James in Staffel eins mit einem Messer erstechen. Nun sinnt Bonnie auf Rache und begibt sich auf die Suche nach den bekannten Protagonist*innen von The End of the F***ing World.

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Emotionale Gewalt, Missbrauch und Bonnies toxische Beziehung zu dem Professor nehmen der zweiten Staffel schon zu Beginn die Leichtigkeit. Insbesondere die Beziehung zwischen Alyssa und James – der, jawohl, noch am Leben ist – ist gestört. Was sich in Staffel eins als deutliche Liebesgeschichte abzeichnete, ist nun nicht mehr so sicher. "Das Problem mit Menschen, die wenig Liebe erfahren haben, ist, dass sie Liebe nicht erkennen können. Deswegen können sie leicht getäuscht werden", sagt Alyssa einmal in einem Voiceover. Von vorgetäuschter und enttäuschter Liebe bekommen wir hier viel. Keine Liebe durch die Eltern, fehlende Liebe in Beziehungen und die Angst davor, sowas wie Liebe überhaupt zuzulassen, heben The End of the F***ing World auf eine neue Ebene. Die Serie ist erwachsener geworden.

Mit ihrer neuen Ernsthaftigkeit reicht die zweite Staffel nicht ganz an die Genialität der ersten heran. Der Soundtrack aus Indiesongs und 1960er-Jahre-Schnulzen ist immer noch großartig. Ebenso die schauspielerische Leistung der drei Hauptcharaktere. Aber jetzt, da die Charaktere erwachsen sind, geht auch der jugendliche Leichtsinn verloren, der vorher so bezeichnend für The End of the F***ing World war. Mit einem Mal fühlen sich die Probleme viel realer an. Das Komische ist beinahe gänzlich verschwunden, die Tragik überwiegt.

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