Männer reden ständig über Fußball. Weibliche Stimmen hingegen, die sich über den Abstiegskampf, die Fankultur oder auch die am Freitag startende Frauenfußball-WM in Frankreich austauschen, gibt es kaum. Das wollen Rebecca Görmann und Kristell Gnahm ändern.

Frauen reden über Fußball, kurz FRÜFheißt ihr Podcast. Das Projekt entstand aus der Erkenntnis, dass Frauenstimmen in der Fußball-Podcastwelt eine Rarität sind. Wenn, dann war es meist die eine Quotenfrau zwischen vielen Männern. Frauen, die sich mit anderen Frauen über Fußball unterhielten, das gab es kaum.

"Wir haben schnell sehr viele Frauen gefunden, die sich mit Fußball beschäftigen und mitmachen wollten", sagt Kristell. Das Angebot an Frauen mit Fußballsachverstand war also durchaus groß. Am Anfang waren die Macherinnen noch skeptisch, wie ihre Idee wohl aufgenommen würde: "Ich habe mir große Mühe dabei gegeben, die Soundqualität möglichst gut hinzukriegen", erzählt Kristell, "um bloß keine Angriffsfläche zu bieten". Der Shitstorm blieb aus, im Gegenteil: "Wir haben unglaublich viele positive Rückmeldungen bekommen – von Frauen wie von Männern", sagt Kristell.

Von Frauen, für Frauen

Auf der Webseite des Podcasts steht, quasi als Disclaimer, der Satz: "FRÜF ist keine Sportschau in rosa und keine Analyse von Spielerfrauen-Instagram-Profilen – bei FRÜF geht es um Fußball. Punkt." Das Vorurteil, Frauen interessierten sich gar nicht für den Sport an sich, ist immer noch weit verbreitet. Kristell und Tamara wollen das widerlegen und gleichzeitig eine weibliche Perspektive auf den Sport zeigen. Und das heiße, eben nicht die Spielerfrisuren zu bewerten. Eine Podcast-Folge handelt zum Beispiel von weiblicher Fußballsozialisation: Wie ist man als Mädchen zum Fußball gekommen? Wie waren die Reaktionen im Umfeld? Wer sind Vorbilder und welches Geschlecht haben sie? Fragen, die sich Männer vermutlich nicht stellen.

Dass das Geschlecht im Fussball immer noch so eine große Rolle spielt, ärgert auch Kristell: "Mir wäre es lieber, es wäre einfach egal", sagt sie. Dass das nicht der Fall ist, zeigt auch das unterschiedliche Interesse am Männer- und Frauenfußball. In den Supermärkten finden sich zur WM, die am Freitag beginnt, keine Deutschlandfahnen. Public Viewing? Fehlanzeige. In einem Spot machten sich die Spielerinnen der Nationalmannschaft erst kürzlich selbstironisch darüber lustig, dass niemand ihre Namen kennt.

Es geht um die Liebe zum Sport, egal ob von Männern oder Frauen gespielt

Auch dass der Zusatz "Frauen-" verwendet wird, wenn es sich um die WM der Frauen handelt, deutet darauf hin, dass Fußball, der von Frauen gespielt wird, immer noch als das vermeintlich Andere gesehen wird. "Ich würde mir wünschen, dass wir in beiden Fällen einfach von Fußball sprechen können", sagt Tamara, eine der FRÜF-Stimmen. "Es ist ja der gleiche Sport." Der Podcast kommt diesem Ziel einen Schritt näher. Es geht um die Liebe zum Sport, egal ob er von Männern oder Frauen gespielt wird. Kristell ist Fan des FC Augsburg, der Männermannschaft, Tamara unterstützt den SC Freiburg, bei dem sowohl die Männer als auch die Frauen in der ersten Bundesliga spielen.

In der aktuellen Sonderausgabe des Podcasts zur WM analysiert Kristell mit anderen Frauen die Ausgangslage der deutschen Mannschaft. Gegenüber ze.tt zeigte sie sich, was die derzeitige Situation in Deutschland angeht, skeptisch: "Während in England, Spanien und Frankreich sehr viel für den Frauenfußball getan wird, stellen viele Vereine hier ihre Förderung wieder ein." In Spanien wurden Spiele der männlichen Liga verlegt, weil sie zeitgleich mit dem weiblichen Champions League Finale stattfanden, in dem der FC Barcelona spielte. In Deutschland hingegen mussten 2017 die Frauen vom VfL Wolfsburg auf die Feier der Meisterschaft verzichten, aus Rücksicht auf die Männer in der Relegation.

Kristell und Tamara geht es vor allem darum, die Wahrnehmung ein wenig zu verschieben. "Wir haben schon Rückmeldungen bekommen, dass sich andere Frauen jetzt auch trauen, Sport-Podcasts zu machen", sagt Kristell. Alle Stimmen sollen gehört werden, weibliche und männliche, wenn es um die "schönste Nebensache der Welt" geht. Oder eben auch um alles andere.