Die Trump-Administration behauptet, sie hätte eindeutige Beweise dafür, dass syrische Behörden im Saydnaya-Gefängnis in der Nähe von Damaskus getötete Gefangene verbrennen würden.

Wie lauten die Vorwürfe?

Die US-Regierung wirft der syrischen Regierung vor, systematisch die Leichen der im Saydnaya-Gefängnis hingerichteten Insassen zu verbrennen. "Anfang 2013 gestaltete das syrische Regime ein Gebäude des Saydnaya-Komplexes um, um dort ein Krematorium beherbergen zu können", sagte Stuart Jones, stellvertretender Nahost-Beauftragter des US-Außenministeriums. "Obwohl viele der Gräueltaten des Regimes gut dokumentiert sind, glauben wir, dass dieses Krematorium einen Versuch darstellt, das hohe Ausmaß der Massentötungen in Saydnaya zu verschleiern." Etwa 50 Personen würden täglich im Gefängnis gehängt werden, erklärte Jones am Montag bei einer Pressekonferenz in Washington.

Woher kommen die Beweise?

Die Annahme basiert auf kürzlich freigegebenen Satellitenaufnahmen, berichtet die New York Times. Jones habe Bilder an Journalist*innen weitergegeben, auf denen die Dächer aller Gebäude des Komplexes mit Schnee bedeckt seien – mit Ausnahme von einem. Das soll auf eine innere Hitzequelle hindeuten. In Kombination mit älteren Satellitenbildern desselben Gebäudekomplexes, die unter anderem ein Hochleistungsventilationssystem und Feuerschutzmauern zeigten, würden die neuen Bilder die Annahme nahelegen, Saydnaya sei ein Exekutionszentrum. Diese Informationen habe Jones von einer zuverlässigen Menschenrechtsagentur und von den US-Geheimdiensten. Welche Menschenrechtsagentur das sei, legte er allerdings nicht offen.

Die Satellitenaufnahmen stammen vom Januar 2015. Warum sie erst jetzt der Öffentlichkeit freigegeben wurden, ist nicht klar.

Sind diese Vorwürfe neu?

Nein. Diese Vorwürfe gibt es bereits lange, wobei sie sich nicht immer auf das Saydnaya Gefängnis bezogen. Mindestens sechs Syrer*innen hätten der New York Times in den vergangenen vier Jahren von Leichenverbrennungen erzählt. Sie hatten behauptet, sie entweder selbst gesehen oder einen seltsamen Geruch wahrgenommen zu haben, der von verbrannten Haaren stammen könnte. Jedes Mal in der Nähe von Gefängnissen oder Militäreinrichtungen.

Was ist das für ein Gefängnis?

Der Bau liegt 17 Kilometer nördlich von Damaskus in einer Halbwüste auf einer Höhe von 1.300 Metern. Laut eines Berichts von Amnesty International, den auch Jones in der Pressekonferenz zitierte, wurden im Gefängnis seit Beginn des Syrienkriegs im Jahr 2011 zwischen 5.000 und 13.000 Zivilist*innen hingerichtet. Diese Tötungen seien im Auftrag des syrischen Regimes unter Assad passiert.

Gibt es eine Stellungnahme von Assad?

Weder die syrische noch die russische Regierung haben sich bisher zu den Vorwürfen geäußert. Syriens Staatspräsident Baschar al-Assad hatte schon in der Vergangenheit alle Vorwürfe, er würde Kriegsverbrechen begehen, zurückgewiesen. Seine Taten würden immer auf den schwierigen Herausforderungen der Terrorismusbekämpfung basieren – Terrorismus, der durch seine westlichen und arabischen Feind*innen geschürt würde.

Und von anderen?

Menschrechtsorganisationen seien laut der New York Times von den Vorwürfen der Trump-Administration überrascht gewesen. Vor allem, weil einige der Satellitenfotos bereits zwei Jahren alt und nicht besonders eindeutig seien. "Es muss noch viel Forschung betrieben werden", sagt Geoffrey Mock, Nahost-Experte bei Amnestey International. Auch syrische Unterstützer*innen der Opposition zweifeln: Wenn die USA diese Beweise über die Existenz eines Krematoriums schon so lange in ihrem Besitz hatten, warum wurden sie erst jetzt veröffentlicht? Manche werfen der Obama-Administration vor, die Bilder absichtlich vorenthalten zu haben.

Paulo Pinheiro, Vorsitzender der internationalen Syrien-Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrats, schrieb in einer E-Mail: "Ich habe bezüglich eines Krematoriums keine Informationen."

War es das, was Trump vergangene Woche an den russischen Außenminister und Botschafter leakte?

Angeblich nicht. In der Pressekonferenz von Montag erklärte Jones, dass die USA die Satellitenbilder nicht an Russland weitergegeben hätten.