Glamping soll die große Freiheit und Komfort auf einmal bieten. Ein Trendcheck.

In der Luft liegt ein Hauch von Pinie, außer der Natur ist nichts zu hören. Inmitten eines Waldstückes steht ein großes Safari-Zelt, von außen eher unauffällig. Doch im Inneren eröffnet sich eine eigene Welt: komfortables Doppelbett, kleine Küche, einladende Badewanne.

Was wie eine Szene aus einem Harry-Potter-Film klingt, entspricht mittlerweile immer häufiger der Realität: Genau ein solches Safari-Zelt könnte auf einem Campingplatz in Frankreich, Italien, Kroatien oder in den USA stehen. Der Begriff Glamping, ein freches Wortspiel aus Glamorous und Camping, fasst solche schicken Campingunterkünfte zusammen. Sie bieten einerseits Naturnähe und Freiheit, andererseits muss hier niemand auf Komfort verzichten.

Auf der Suche nach Freiheit

In Deutschland haben Campingurlaube seit den 1950ern Tradition. Spätestens mit dem VW-Bulli in den 1970er-Jahren war dem Leben on the road dann plötzlich keine Grenzen mehr gesetzt. Seitdem verbesserten und vermehrten sich die Campingplätze weltweit. Gerade die Jungen suchen nach der großen Freiheit beim Reisen und scheinen das Vanlife für sich entdeckt zu haben. Auf Instagram wimmelt es von schönen jungen Paaren, die ihr scheinbar perfektes Leben im ausgebauten Bulli zelebrieren. Die dann weiterfahren, wenn sie wollen und stehenbleiben, wo es am schönsten ist.

So langsam bröckelt das Vanlife-Image etwas. "#Vanlife ist oft mehr #parkinglotlife als sonst was", schreibt Gabriella Hummel in ihrem Artikel So ist es wirklich in einem Van zu leben auf ze.tt. Sie reist mit ihrem Freund und VW-Bus gerade durch Mittel- und Nordamerika. "Wir schlafen mindestens die Hälfte der Nächte auf Parkplätzen. In den USA auf jenen von Walmart, in Mexiko an der Tankstelle, in Mittelamerika vor Hostels und Hotels." Ganz abgesehen von fehlender Privatsphäre, Moskitoinvasionen und eingeschränkten Duschmöglichkeiten. Dagegen klingt Glamping nach einer wahren Alternative für alle, die der Natur nah, aber nicht zu nah sein wollen.

Kein Zelt aufbauen, keinen Schlafsack mitschleppen

Bereits 2011 berichtete die Welt unter dem Titel Camping für ganz Anspruchsvolle über den aufkommenden Trend des Glamping, der sich von den USA und dem UK langsam nach Deutschland vorarbeitete. Mittlerweile gibt es zahlreiche Internetportale, die sich solchen Unterkünften widmen, wie etwa glamping.info in Deutschland. Sogar ein eigenes Magazin namens Glamping kann der Trend verzeichnen.

Wie auch beim Camping, bei dem im Zelt, im Wohnwagen oder im Wohnmobil genächtigt wird, bietet Glamping allerlei Unterkunftsarten. Im Gegensatz zum Camping muss der*die Urlauber*in aber seine*ihre Unterkunft, Luftmatratze und Schlafsack nicht selbst mitbringen, sondern bekommt eine gesamte Ausstattung gestellt.

Von Tipi bis Baumhaus ist alles dabei

Die Bandbreite der Schlafmöglichkeiten ist dabei schier unendlich. Glamping.com, eines der weltweit größten Portale für Glampingmöglichkeiten, unterscheidet zwischen insgesamt 14 Unterkunftsarten: Von Hütten, über Zelte und Tipis, bis hin zu Baumhäusern und Großraumwohnwagen ist alles dabei. Vom klassischen Camping ist das schon weit entfernt.

Wie schwammig der Begriff des Glamping ist, wissen auch die Betreiber des deutschen Buchungsportals glamping.info. "Es geht um subjektive Kriterien, die den Glamourfaktor unterstreichen sollten. Den entsprechenden Luxus kann auch die Exklusivität der Unterkunft ausmachen. Ein Baumhaus ohne besonders luxuriöse Ausstattung, dafür mit Blick auf den Ozean."

Wer glampt?

Oft beginne das Ende des Campinglebens mit dem Umstieg auf Glamping, stellt Marco Walter vom Ecocamping auf der ITB, der Fachmesse für internationale Tourismus-Wirtschaft, fest. Gerade ältere Leute, die aufgrund altersbezogener Hindernisse auf ihren Campingwagen verzichten müssen, seien eine nicht unwesentliche Gruppe innerhalb der Glampingfans. Außerdem motiviere Glamping auch jene Personengruppen, für die ein Campingurlaub aus verschiedenen Gründen, etwa wegen fehlenden Komforts, nie infrage käme: "Immerhin sind 90 Prozent der Europäer Nichtcamper und würden somit für diesen Tourismuszweig unzugänglich bleiben".

Auch Loek van de Loo, der Gründer von Glamping-Anbieter Vacanceselect, glaubt daran, dass der Markt noch weiter wächst, denn das Interesse an besonderen Unterkünften sei groß: "Für das Jahr 2020 rechnen wir mit einem Anstieg für normale Campingunterkünfte von zehn Prozent. Bei den Glamping-Buchungen hingegen erwarten wir einen Anstieg der Nachfrage von 20 bis 30 Prozent."

Nachhaltiges Glampen

Doch wie steht es um die Nachhaltigkeit beim Glamping? Dass ein Campingurlaub auf jeden Fall deutlich weniger CO2-Emissionen verursacht als eine Fernreise mit Hotelübernachtung, leuchtet ein. Walter sieht auch in Glamping und Nachhaltigkeit nicht zwangsläufig einen Widerspruch. So betont er im Video-Interview mit fairtravelblog, dass Glampingunterkünfte im Energieverbrauch immer noch niedriger als durchschnittliche Hotelaufenthalte lägen. Die kleinen Räume würden für Effizienz stehen.

Zudem könne bei der Anreise ordentlich CO2 gespart werden – sofern man zum Glampen jetzt nicht gerade von Europa nach Australien fliegt: "Man reist mit leichtem Gepäck an und kann deshalb auch die Bahn oder ein kleines Auto nehmen, wenn nicht sogar Fahrrad fahren." Beim Camping braucht es durch das Gepäck oft ein großes Auto, Wohnwagen oder Wohnmobil.

Letztlich hängt es vom Anbieter selbst ab, welche Kriterien in Sachen Umwelt- und Naturschutz er erfüllt. So gibt es beispielsweise Glampingunterkünfte auf dem weltweit ersten komplett CO2-neutralen Campingplatz. Jesolo International in Italien produziert seit 2009 rund 90 Prozent weniger Kohlendioxid als zuvor, die übrigen zehn Prozent gleicht der Campingplatz durch energieeffiziente Warmwasseraufbereitung und großflächige Fotovoltaikanlagen aus.

Alternative: ja oder nein?

Für diejenigen, die Lust auf Urlaub mit überschaubarem Naturbezug haben und sich nicht komplett aufs Zelten, ein eigenes Wohnmobil oder einen eigenen Wohnwagen einlassen wollen, scheint Glamping eine gute Reiseform zu sein. Doch wie der Name schon sagt: Mit der Einfachheit, der Rauheit und auch den Preisen von Camping hat das Ganze oft nur noch im entfernteren Sinne etwas zu tun. So wie eben auch die magischen Zelte bei Harry Potter.

Mit dem sogenannten Vanlife lässt sich Glamping also nur schlecht vergleichen. Denn diejenigen, die sich auf eine längere Reise im Bulli einlassen, entscheiden sich meist für einen kompletten Lebensstil – nicht nur für ein paar gut organisierte Tage im Off. Doch was einem*r eher zusagt, wo man sich wohler fühlt und wie viel man bereit ist, zu zahlen, muss jede*r für sich selbst entscheiden.

Und jetzt lasst uns das Wort Glamping bitte nie wieder benutzen.