Im Job ist alles super – nur dein*e Chef*in ist unerträglich und könnte jederzeit problemlos als garstige*r Disney-Antagonist*in durchgehen? Leider kein Einzelfall: Die Jobbörse Monster hat in einer Online-Umfrage herausgefunden, dass über 75 Prozent der befragten US-Angestellten aktuell unter einem*einer ätzenden Chef*in leiden – genauer gesagt unter machthungrigen, egoistischen, inkompetenten Mikromanager*innen.

Should I stay or should I go?

Der Fisch stinkt vom Kopf her – so heißt es zumindest im Volksmund. Eine Umfrage im Auftrag der Zeitarbeit-Firma Randstad hat ergeben, dass 58 Prozent der Menschen in ihrem Job bleiben würden, sogar für weniger Gehalt – wenn sie nur "für eine*n tolle*n Chef*in" arbeiten dürften. Im Gegenzug sagten 60 Prozent der Befragten, dass sie wegen eines*einer miesen Chef*in gekündigt haben oder kündigen würden. Das deckt sich mit den Ergebnissen einer Gallup-Untersuchung: Jede*r zweite hat einen Job schon mal nur wegen einer schlechten Führungskraft hingeworfen.

Das kennt auch Karriere-Beraterin Petra Barsch: "Menschen kündigen dann wegen Chefs, wenn Anerkennung, Rückendeckung, Feedback oder Unterstützung für Entwicklung fehlen, wenn Aufgaben unter Leistungsniveau vergeben werden, vor allem aber oft bei unkontrolliertem Verhalten – also ungehobelt, unflätig, herabwürdigend."

Zum Zwist im Job gehören zwei

Jetzt bitte nicht erbost aufspringen, aber: Vielleicht bist du nicht vollkommen unbeteiligt an der angespannten Situation. Eine aktuelle Studie legt zumindest nah, dass Angestellte einen Faktor in einer dysfunktionalen Organisation darstellen – in beide Richtungen. "Wir entfernen uns von der etwas eindimensionalen Sicht, dass Führungskräfte allmächtig und allein für negative Entwicklungen verantwortlich sind", sagt Professorin Susanne Braun von der Durham Universität in einer Pressemitteilung.

Das heißt selbstredend keinesfalls, dass chronisch-cholerisches Gebrüll deines*deiner Chef*in deine Schuld ist. Aber natürlich finden auch am Arbeitsplatz zwischenmenschliche Interaktionen statt und die sind logischerweise nicht nur einseitig. Verschiedene Charakterzüge von Chef*innen und Mitarbeitenden miteinander kombiniert, ergeben verschieden toxische Ergebnisse.

Warum genau nervt es dich so?

Angestellte mit gesundem Selbstvertrauen und einer ordentlichen Portion Empathie können theoretisch wie ein Puffer funktionieren und psychopathische Chef*innen dazu bringen, sich weniger egozentrisch zu verhalten. Aber das trifft längst nicht auf alle Menschen zu und kostet dazu unnötig viel Kraft.

Dennoch ist die Lage nicht komplett aussichtslos. Den Anfang könntest du bei dir selbst machen, meint Petra Barsch. "Schauen, ob man da wirklich am richtigen Platz sitzt. Herausfinden, ob nur man selbst oder auch das Umfeld ein Problem hat. Und sich fragen: Warum genau triggert mich dieses Verhalten so, was hat das vielleicht auch mit meinen eigenen Baustellen zu tun?" Nicht vergessen: Letztlich ist es absolut im Sinne des Unternehmens, zufriedene und produktive Mitarbeitende zu beschäftigten, die mit Herzblut bei der Sache sind.

Reden hilft – manchmal

Im nächsten Schritt solltest du – gut vorbereitet – das Gespräch suchen. "Die Vorgesetzten sollten wissen, wie es dem Mitarbeitenden geht. Manchmal nimmt man an, dass sie merken müssten, wie unglücklich man ist. Tun sie aber nicht, Vorgesetzte haben genug mit eigenen Aufgaben zu tun." Wenn das Gespräch zu keinem Ergebnis führt, kannst du mit der Personalabteilung und/oder dem Betriebsrat Kontakt aufnehmen und ein Gespräch zu dritt anstreben. Ein Wechsel in eine andere Abteilung könnte zum Beispiel auch eine Lösung sein.

Und wenn das alles nichts bringt? Dann steht am Ende doch die Kündigung. "Erst, wenn alle kommunikativen Mittel ausgeschöpft sind und wenn klar ist, dass es im Unternehmen keine gleichwertige oder ähnlich interessante Aufgabe in einem anderen Bereich gibt. Dann aber unbedingt den Grund in einem Trennungsgespräch angeben", sagt auch Autorin und Beraterin Petra Barsch.

Niemand sollte jeden Tag unter einem*einer furchtbaren Chef*in leiden müssen, das ist nicht gut für die psychische und langfristig auch physische Gesundheit. Und erst Recht nicht für die Qualität der Arbeit. Manchmal passt es eben einfach nicht und es dürfte leichter sein, eine neue Arbeit zu finden als eine*n neue*n Chef*in.