Monika ist 19 Jahre alt, studiert Theaterwissenschaften und Kunstgeschichte und sitzt als Landesvorsitzende der Schülerunion Nordrhein-Westfalen mit CDU-Ministerpräsident Armin Laschet an einem Tisch. Warum ist sie mit 19 im Landesvorstand der CDU?

Monika Czyż kritzelt Notizen auf einen Block und frühstückt dabei ein belegtes Brötchen vom Catering. Es ist kurz nach 9 Uhr und sie muss heute noch eine kurze Rede halten. Vorbereitet hat sie das nicht. "Ist aber halb so wild, die Leute hier mögen keine langen Reden zur Lage der Nation", sagt sie und hebt zwischen durch fast schon mechanisch ihre Hand mit der Stimmkarte nach oben, wenn die Antragskommision eine Abstimmung fordert. Sie sieht routiniert aus, wie eine, die gut viele Aufgaben auf einmal jonglieren kann, weil man oft viele Aufgaben auf einmal bewältigen muss.

An einem Tisch mit Laschet und Co

Sie trägt weiße, leicht abgewetzte Sneaker, Jeans, die unten hochgekrempelt sind und eine weiße Bluse unter einem grauen Pullover. Am rechten Ärmel ist ein kleiner roter Fleck auf der sonst schneeweißen Bluse. Ihre blonden Haare sind leicht zerzaust und sie sieht irgendwie müde aus. "Gestern war hier noch Party", sagt sie grinsend.

Sie ist die Landesvorsitzende der Schüler Union NRW, einer Interessensvertretung von Schüler*innen innerhalb der CDU. Sie ist damit das jüngste Mitglied im CDU-Landesvorstand und sitzt an einem Tisch mit NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, NRW-Innenminister Herbert Reul oder dem neuen Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus.

Der CDU-Landesvorstand spiegelt die Struktur der CDU. Das durchschnittliche CDU-Mitglied ist männlich und 60 Jahre alt. Die CDU hat damit den höchsten Altersdurchschnitt aller Parteien im Bundestag. Bei der Bundestagswahl 2017 hat die CDU weitaus weniger Stimmen bei den 18- bis 24-Jährigen als bei den älteren Wähler*innen geholt. Das liegt auch an der konservativen Politik der CDU. Konservativ ist nicht hip, es klingt irgendwie rückwärtsgewandt und verstaubt, manchmal sogar autoritär. Das passt nicht zu den systemkritischen, weltoffenen Studierenden von heute, die Selbstgedrehte rauchen, die Welt verändern wollen und Freund*innen auf der ganzen Welt haben.

"Konservativ heißt nicht, sich gegen Fortschritt zu verschließen"

Trotzdem sagt Monika von sich selbst, sie sei konservativ. "Zumindest politisch", schiebt sie immer hinterher, wenn man sie danach fragt. Für sie ist Konservativsein nämlich ausschließlich eine Frage nach der politischen Haltung und hat nichts mit der Persönlichkeit oder Klamotten zu tun. Wenn sie ins Theater geht, mag sie den abstrakten "total abgefahrenen Kram" lieber als das klassische Theater und Politik würde sie auch nicht machen, wenn sie nichts verändern wolle.

Konservativ bedeutet für sie, dass "Leute durch Arbeit viel für sich und ihre Familien verdienen und aufbauen können, ohne dass der Staat unnötig in ihr Privatleben eingreift". Aber niemand würde "zurückgelassen". Es bedeutet, dass man sich zwar dem Fortschritt nicht verschließe, aber ihn mit den christlich-sozialen Werten vereinbare: "Wir wollen Regeln vereinbaren zum Beispiel im Bereich der Digitalisierung. E-Mails sind total praktisch, aber das darf nicht dazu führen, dass Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen 24/7 auf Mails antworten müssen."

Zur Politik kam Monika schon 2013. Sie war damals 13. "Als ich Politiker im Fernsehen gesehen habe, hatte ich irgendwie unheimlich riesigen Respekt vor denen. Ich meine, die bilden sich eine Meinung und wollen unsere Welt ein bisschen besser machen und müssen sich dann in den Medien damit behaupten", sagt sie. Diese Standhaftigkeit hatte Monika damals sehr beeindruckt erzählt sie: "Das wollte ich auch." Am Anfang hatte Monika noch mit dem Gedanken gespielt, in die SPD einzutreten: "Ich hätte es mir hier im Ruhrgebiet, natürlich auch leicht machen können, aber-", sie stoppt kurz und schmunzelt, "das klingt jetzt total nach Klischee, aber irgendwie waren die christlichen Werte für mich ausschlaggebend." Monika ist in einer katholischen Familie aufgewachsen und ist "immer brav mit Mama in die Kirche gegangen". "Bei den ganz krassen Abstimmungen zu harten gesellschaftlichen Themen hatten die CDU-Abgeordneten die christlichen Werte einfach immer am besten im Blick", sagt sie. 

Das klingt jetzt total nach Klischee, aber irgendwie waren die christlichen Wert für mich ausschlaggebend." – Monika Czyż über ihre Gründe, der CDU beizutreten

Obwohl Monika erst 19 ist, wird sie im CDU-Landesvorstand ernst genommen: "Ich trete ja keine großen wirtschaftspolitischen Diskussionen los. Wenn ich etwas sage, sage ich das immer als Landesvorsitzende der Schüler Union und vertrete die Schüler innerhalb der CDU." Das sei authentisch und die Aufgabe für die sie gewählt wurde. "Ich glaube, ich werde auch genau deswegen ernst genommen. Weil ich zu den Dingen was sage, zu denen ich was zu sagen habe und wo wir Schüler Experten sind. Das Thema Unterrichtsausfall zum Beispiel wurde auch wegen Impulsen aus der Schüler Union im damaligen Wahlprogramm der CDU aufgenommen."

Aber gerade am Anfang musste sie sich behaupten. "Da hat man schon den ein oder anderen Spruch gedrückt bekommen, gerade als junge Frau. Wenn man dann aber gut kontert, haben alle Spaß und man versteht sich über alle Generationen hinweg meist besser, als man denkt."

"Erst mal studieren und dann mal gucken"

Auf Monikas Facebookseite finden sich fast nur Beiträge der Jungen Union, die sie geteilt hat. Fotos, wie sie Kreisverbände besucht, beim kommunalen CDU-Wahlkampf hilft oder wie sie sich für das entgegengebrachte Vertrauen bedankt, weil sie für verschiedene Positionen innerhalb der CDU gewählt wurde. Darunter kommentieren Menschen, die sie manchmal sogar siezen. Monika bedankt sich jedes Mal höflich und likt den Kommentar.

Auch auf der politischen Tagung der Jungen Union, für die Monika ihre kurze Rede vorbereitet, verhält sie sich wie ein Profi. Auf dem Weg zum Plenarsaal bleibt sie oft stehen und begrüßt Leute. Ein Händeschütteln hier, eine Umarmung da. Man sieht ihr an, dass sie sich hier wohl fühlt. Sie kennt fast alle. Auch ihr Terminkalender sieht aus wie von einem Profi: Treffen mit politischen Arbeitskreisen in ihrer Heimatstadt Bochum, Tagungen der Jungen Union in Kiel und Besuche in Brüssel. Man könnte denken, Monika ist auf dem besten Weg, es in der CDU weit zu bringen: Landesvorsitzende der Schülerunion NRW, das jüngste Mitglied das jemals in einen CDU-Kreisvorstand gewählt wurde und engagiert und umtriebig auf vielen CDU-Veranstaltungen vertreten.

Wenn man sie aber fragt, ob sie eine Karriere in der CDU anstrebe, winkt sie ab: "Erst mal studieren und dann mal gucken. Ich würde mich freuen, wenn ich hier in Bochum gute Politik machen kann, in der Bezirksvertretung oder mal im Stadtrat. Hier kann man den Leuten ganz konkret in der Stadt, in ihrer Umgebung helfen." Wenn sie das sagt, weiß man nicht so richtig, ob das die ehrliche Antwort einer 19-Jährigen ist, die nicht weiß, wo es hingehen wird, oder kalkuliertes Understatement einer Politikerin. Vielleicht ist es auch einfach irgendwie beides.

Alles entspahnt?

Um kurz nach 11 Uhr wird der Antrag von Monika und ihrem Kreisvorstand diskutiert. Ihr Redebeitrag ist kurz und knapp, aber präzise. Ein kurzer Applaus und dann Schweigen als die Antragskommission vorne im Plenarsaal zur Abstimmung auffordert. Nach und nach gehen die Hände mit den Stimmkarten in die Luft. Erst ganz vorne und dann auch weiter hinten. Ihr Antrag wird abgelehnt. Sie verliert kurz die Fassung, verschränkt ihre Arme vor der Brust und sitzt trotzig zurückgelehnt auf ihrem Stuhl: "Mann!" Dann setzt sie sich wieder gerade hin.

Im Saal wird Jens Spahn als Gastredner angekündigt und der Plenarsaal feiert ihn wie einen Popstar. Monika möchte zum Rauchen vor die Tür. Unterwegs trifft sie eine Freundin, die gleich das Facebook-Live-Interview mit Jens Spahn machen wird: "Fang doch an mit ‚Alles entspahnt Jens?‘" "Spinnst du?" "Auch nicht für einen Fünfer?" Irgendwo ruft einer was vom deutschen Inlandsprotokoll und dass Duzen gar nicht ginge. Monika zieht die Schultern hoch und geht rauchen. Draußen stehen andere Raucher*innen und Monika stellt sich dazu. Sie rauchen, tauschen Geschichten von der Party am Vortag aus und lachen. Ein Typ mit Undercut und Hipsterbart läuft mit einem Bierfass im Arm vorbei zum Plenarsaal.