Es ist schon erstaunlich, was einige Arbeitgeber sich immer wieder herausnehmen. Seien es Pausenkürzungen, rechtswidrige Überwachung am Arbeitsplatz oder, wie jüngst in Belgien und Frankreich geschehen, ein eigenmächtig erteiltes Kopftuchverbot für weibliche Angestellte. Vor dem europäischen Gerichtshof werden diese beiden Fälle zurzeit verhandelt, morgen wird ein EU-Gutachter einen Zwischenstand bekanntgeben.

Solche Verbote gibt es auch hierzulande in den Chefetagen größerer und kleinerer Unternehmen. Dabei ist die Rechtslage eigentlich klar: Das Grundgesetz billigt jedem Menschen in Deutschland Religionsfreiheit zu. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verbietet Benachteiligung aufgrund von Ethnie, sexueller Orientierung, Behinderung oder eben religiöser Zugehörigkeit. Es ist also rechtswidrig, einer Frau zu kündigen oder ihr von Anfang an den Job zu verwehren, weil sie ein Kopftuch tragen möchte. Das gilt uneingeschränkt, zumindest für den Privatsektor.

Weil aber oft der juristische Durchblick und die Fähigkeit zu Differenzierung fehlen, gibt es immer wieder Arbeitgeber, die sich an den leidigen Neutralitätsgeboten der Bundesländer orientieren und nach Gutdünken das Kopftuch auf Arbeit verbieten wollen. Frei nach dem Motto: "Wenn der Staat das darf, warum dann nicht auch ich?".

Weil wir aber nicht in in Ludwigs absolutistischem Frankreich leben, in dem weiße Männer aus der Oberschicht frei nach Lust und Laune regieren, sondern in einer Demokratie, die die Rechte von Frauen unterstützt, sollte jedem klar sein, worauf solche Verbote im Grunde genommen abzielen. Arbeitgeber, die so etwas fordern, drücken dem Kopftuch ihre eigene eingeschränkte Sicht auf. Jede Frau, die das Tuch trägt, ist wahlweise unterdrückt, islamistisch unterwegs oder unterstützt den globalen Terror. Sie alle lehnen – natürlich – die "westlichen" Werte ab und stellen nur durch ihre Existenz einen Angriff auf das aufgeklärte, moderne Deutschland dar. Eigene Deutungen des Kopftuchs, persönliche Motive und rein spirituelle Faktoren fallen komplett unter den Tisch.

Es liegt in der Natur der Sache, dass nur Frauen von solchen Zuschreibungen und Verboten betroffen sind. Genau die Wesen also, die ohnehin nicht den besten Stand auf dem Arbeitsmarkt genießen. Wenn wir also Frauen in die Unabhängigkeit verhelfen wollen, dann sollten wir nicht an ihrem Recht auf selbstgewählte Kleidung zerren, sondern sie vor genau solchen Diskriminierungen schützen.