Es sollte eigentlich ein ungeschriebenes Gesetz sein, dass man sich in einem Stahlgestell, in dem man sich auf engstem Raum mit mindestens 50 anderen Menschen für ein paar Stunden befindet, so verhalten sollte, dass die Reise nicht zu einem lauten und übel riechenden Höllentrip wird.

Aber nein. Im Fernbus interessieren ungeschriebene Gesetze offenbar niemanden. Deshalb sehe ich mich jetzt gezwungen, einen ersten Schritt in Richtung diplomatischen Fernbusstaates zu gehen und Regeln aufzuschreiben.

Aber der Reihe nach. Diese Idee kommt nicht von ungefähr, sondern hat einen konkreten Anlass: eine Reise vom Süden Deutschlands hoch ins fancy Berlin. Ich hatte mir einen stillen und besonders geruchsneutralen Platz in einem Bus gesichert und glaubte, damit stünde mir eine okaye Reise bevor. Doch die Fahrt sollte zu den längsten Stunden meines bisher noch gar nicht so langen Lebens werden. Mich in eine der hinteren Reihen zu setzen, war bereits ein Fehler, der mir teuer zu stehen kommen sollte. Wie ich schnell feststellen sollte, sind diese Plätze weniger für introvertierte Leute wie mich gedacht, die möglichst wenig Kontakt mit anderen haben wollen. Stattdessen tummeln sich dort die Menschen, die sich nicht aus freien Stücken sozial aversiv verhält. Menschen, die nerven.

Recht schnell nahm ich einen starken Geruch wahr. Hätte ich nicht ein leises Schnupfen und Röcheln vernommen, wäre ich wohl in der Pflicht gewesen, dem Busfahrer meine Sorge näher zu bringen, dass er wohl aus Versehen eine zwei Wochen alte Leiche an Bord gelassen hatte. Als der Scheintote auch noch anfing, unter lautem Knistern ein offensichtlich schon sehr lange verwesendes Tier seinem Gefängnis aus sieben Lagen Alufolie zu befreien, ging’s erst richtig los.

Schlimmste Gerüche, viel zu laute schlechte Musik, Rumgebrülle – okay, ich erspare euch die Details. Ihr habt solche Geschichten sicher selbst schon häufig genug erlebt. Also: Für mich, für euch, für alle kommen hier zwei simple goldene Regeln für Fernbusreisen.

1. Regel: Körperpflege

Absatz eins: Körperpflege sollte vor der Fahrt wenigstens in dem Maße betreiben werden, als dass die anderen Fahrgäste nicht auf die Idee kommen, im Pathologie-Team von Dr. House Unterschlupf gefunden zu haben.

Absatz zwei: In Absatz eins stand deutlich "vor der Fahrt", dennoch erscheint mir dieser Zusatz notwendig, der einfach betonen soll, dass die Körperpflege wirklich vor der Fahrt stattfinden sollte. Am Nägel feilen ist ja erst mal nicht so viel auszusetzen, wie eine Baustelle zur Stoßzeit muss es sich aber nicht anhören.

Absatz drei: Die Speisen, die natürlich ein wichtiger Bestandteil jeder längeren Fahrt sind – hey, mit vollem Magen schläft’s sich besser –, sollten in ihrem Geruch nicht den eines fettarmen Käseaufschnitts überschreiten. Wenn euer Gericht in einem siebenlagigen Fort Knox aus Alufolie versteckt werden muss, um den Geruch darin zu versiegeln, macht ihr was falsch!

2. Regel: Lautstärke

Absatz eins: Euer durch die Musik ausgedrückter Coolness-Level steigt nicht exponentiell zum Laustärke-Pegel. Hört eure Musik doch bitte einfach nur für euch!

Absatz zwei: Wenn ich von Musik schreibe, meine ich auch: Übermäßig laute Gespräche alias Gebrüll von direkt nebeneinander sitzenden Fahrgästen, übermäßig laute Gespräche am Telefon, Gebrüll durch den ganzen Bus und übermäßig lauten Sound aus dem Laptop, Tablet oder Smartphone. Puh – sind damit alle Eventualitäten abgedeckt? Hoffentlich.

Absatz drei (insbesondere für Reisende nach Berlin): Muss euer Rave schon im Bus anfangen, 300 Kilometer vor der Stadtgrenze? Mit eurer Musik müsst ihr nicht schon kurz nach der Abfahrt sämtliche Fernbusmitfahrer*innen dermaßen stressen, dass sie nicht mal mehr kleine, flauschige Katzenbabys beruhigt hätten.

Bitte ausdrucken, mitnehmen, in Fernbussen aufhängen, weitersagen – Gleichgesinnte werden es euch danken, ich auf jeden Fall. Und jetzt haue ich mich mit Baldrian ins Bett.

Welche weiteren Regeln wünscht ihr euch für den Fernbus?

Schreibt es uns! In die Kommentare oder per Mail.