Das Büro ist komplett eingerichtet. Topfplanze, Stadtplan an der Wand, ein Obstteller steht auf dem Tisch. Sogar die Wand ist frisch gestrichen und ein Teppich verlegt. Neben einem Kruzefix hängt das Plakat des CDU-Bundestagsabgeordneten Jan-Marco Luczak. "Gegen Mietendeckel klagen", steht darauf. Doch in diesem Büro wird nie jemand arbeiten, denn es befindet sich im Schacht der Berliner U-Bahn-Linie U9.

Dahinter steckt nach eigener Aussage das Künstler*innenkollektiv Rocco und seine Brüder. Auf ihrem Instagram-Account haben sie ein Bild des Büros hochgeladen.

Das ist potentiell tödlich.
Jannes Schwentu, Pressesprecher der Berliner Verkehrsbetriebe

In der Caption gibt das Kollektiv als Grund für die Aktion die steigenden Mietpreise in Berlin an. Die Aktionskünstler*innen schreiben, dass selbst der Landesverband der CDU seine Büros räumen muss, weil er sich die Mieten nicht mehr leisten könne. "Sogar die CDU, die wild gegen den Mietendeckel kämpft, wird nun Opfer ihrer eigenen Politik", steht dort.

Der CDU-Landesverband wollte die Aktion um den Mietendeckel, den Verlust des eigenen Büros und das Ersatzbüro im U-Bahn-Schacht nicht kommentieren. "Es gibt kein offizielles Statement und wir werden uns dazu auch nicht äußern", sagte Pressesprecher Ralf Jaksch.

Ähnliche Aktionen werden sich nie vollständig verhindern lassen

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) hatten erst durch eine Anfrage der Berliner Zeitung davon erfahren, die als erste darüber berichtete. "Sie haben nichts aufgebrochen, was einen Alarm auslöst", sagt Jannes Schwentu, Pressesprecher der BVG auf Anfrage von ze.tt.

Vor vier Jahren hatte das Kollektiv an genau derselben Stelle bereits ein Zimmer eingerichtet – damals ein Schlafzimmer. "Die Aktion ist daher nicht sonderlich originell, ich kann mich aber auch nicht groß darüber aufregen", sagt Schwentu. "Es geht ihnen rein um die Aufmerksamkeit." Man werde alles wegräumen und Anzeige wegen Hausfriedensbruch erstatten. "Durch die Aktion haben sie sich selbst, Fahrgäste und Mitarbeiter*innen der BVG gefährdet. Das ist potentiell tödlich", sagt Schwentu.

Das temporäre Büro war allerdings nicht in unmittelbarer Nähe der Gleise, wie der Pressesprecher sagt. Es handele sich um einen Notausgangsschacht. Den genauen Standort wollte er nicht preisgeben, Rocco und seine Brüder nennen einen Bahnhof der Linie U9 im Süden der Stadt. "Die Aktion ist wahrscheinlich sehr konzertiert abgelaufen, wenn man sich anschaut, was die da alles reingeschleppt haben", sagt Schwentu. Sich künftig gegen ähnliche Aktionen zu sichern, sei schwierig – Berlin hat 173 U-Bahnhöfe. "Es wird immer Möglichkeiten geben, dort reinzukommen", sagt Schwentu.

Auf einem der Fotos ist ein Mann in einer Jacke zu sehen, die der ähnelt, die BVG-Angestellte tragen. Im Instagram-Post wird er als BVG-Mitarbeiter Norbert Schmidt bezeichnet. "Bei uns arbeitet niemand mit diesem Namen", sagt Schwentu. Es handele sich wahrscheinlich um jemand aus dem Kollektiv. Rocco und seine Brüder reagierte nicht auf eine Anfrage von ze.tt.

Außerdem auf ze.tt: Keine U-Bahn-Linie ist so sehr Berlin wie die U8