In der nordamerikanischen Prärie stehen zwei Klassenzimmer in kleinen Häusern, davor Gerüste für kleine Tipi-Zelte. Der nächste Ort ist ein wenig entfernt, doch die kleine Schule zieht dennoch Kinder an. Bislang werden nur die erste und die zweite Klasse unterrichtet. Bei betterplace.org sammeln die Betreiber nun Geld, um die Schule mit Campus aufzubauen.

Im Pine-Ridge-Reservat besteht die Waldorfpädagogik bereits im Jahr 1992, damals begann alles mit einem Kindergarten. Die Schweizerin Isabel Stadnick hat im Tagesanzeiger erzählt, wie sie in das Reservat fuhr, sich verliebte, heiratete, Kinder bekam – und dann keine passende Kita fand. Ihre Kinder sollten die Traditionen und Werte ihrer Vorfahren lernen. Es sind Werte, die vielen heute nicht mehr wichtig sind, fand eine Studie im Jahr 2011 heraus.

Dabei sind es gerade junge Menschen, die sich heute wieder mit den Bräuchen ihrer Großeltern beschäftigen wollen. In Peru gibt es eine Initiative, die die Sprache der Quechua erhalten will. Aus ihr ist bereits eine tolle Musikerin hervorgegangen, die in der Sprache ihrer Vorfahren moderne Songs covert.

"Schon die Lakota-Sprache wieder einzuführen, ist gar nicht so einfach, weil sie kaum mehr jemand fließend spricht", sagte Stadnick dem Tagesanzeiger. So ergeht es vielen indianischen Sprachen. Wukchumni, die Sprache der Yokuts, wird gar nur noch von einer Frau gesprochen. Kein Wunder – bis 1976 waren indianische Traditionen verboten, auch der Sprachunterricht in den Schulen. Dabei haben die Lakota eine große Vergangenheit. Sie waren einst der westlichste Stamm der Sioux-Indianer.

Warum Waldorf? Weil das Schulmodell zur Kultur der Indianer passt, begründet der Unterstützer-Verein auf seiner Webseite: "das ganzheitliche Menschenbild, die Einheit zwischen Natur und Mensch, den Lebensrhythmus und die Bedeutung des Geschichtenerzählens, vor allem für kleine Kinder".

Mitten im nordamerikanischen Nirgendwo: die Lakota Waldorfschule. Viele Schüler sind eine Weile unterwegs, bevor sie hier ankommen.

Der Kindergarten musste zwischenzeitlich schließen. Isabell Stadnick sammelte Spenden, gründete eine Stiftung. Im Jahr 2007 nahm die Kita den Betrieb wieder auf; seit 2012 werden Erstklässler unterrichtet. Die Lehrer stammen aus dem Reservat und werden auch hier ausgebildet, am Oglala Lakota College. Isabel Stadnick leitet die Schule mittlerweile.

Im amerikanischen Bildungssystem versagen viele der Nachfahren der amerikanischen Ureinwohner. Während in den USA immer mehr Schüler einen High-School-Abschluss schafften, blieben sie zurück.

Entsprechend ernst sind die Zahlen im Pine-Ridge-Reservat. Im Jahr 2010 schafften fast 75 Prozent der US-Schüler einen Abschluss, jedoch nur jeder zweite Schüler eines Indianer-Stammes. Die Arbeitslosenquote soll mehr als 80 Prozent betragen, heißt es bei Wikipedia und der Schulstiftung. An Elternbeiträge ist in der armen Region nicht zu denken, erzählte Isabel Stadnick dem Antroposophie-Magazin Anthromedia.

Die Schule will den Kindern bei der Suche nach ihrer Identität helfen. Die Lehrerinnen Joyce Little Whiteman und Naomi Last Horse verbinden deshalb Grundschulbildung mit alten Überlieferungen, Bräuchen und Werten des Stammes.  Respekt (Wayuonihan), Großzügigkeit (Wacante'ognaka), Mut (Wo'ohitika) und Weisheit (Woksape), das sind die Grundfesten der Lakota-Waldorf-Schule.

Auch der neue Campus der Schule wird sich an alten Wohnformen orientieren. Die Schüler sollen in riesigen Tipis lernen, gebaut in einem Kreis, wie einst ihre Vorfahren lebten. Nachwachsende Rohstoffe und erneuerbare Energien sollen die Materialien der Erbauer werden.

Bislang fehlt dafür jedoch das Geld. Wer spenden will, kann das bei betterplace.org tun, über die Webseite der Schule, die Freunde der Erziehungskunst Rudolf Steiners (Deutschland), über die Lakota-Stiftung (Schweiz), oder über die Website lakotawaldorfschool.org. Um die Schule irgendwann selbst zu finanzieren und die Wirtschaft in der Region zu stärken, hat das Schulteam das Lakota-Tipi-Camp eröffnet. Im Sommer können hier Gruppen für zwei Wochen in Tipis leben und das Leben der amerikanischen Ureinwohner kennenlernen; rund 2600 Euro pro Person kostet die Teilnahme. Mehr dazu steht hier.

In einer ursprünglichen Fassung dieses Artikels konnte der Eindruck entstehen, die Schule sei nicht angemessen ausgestattet. Dies war keinesfalls beabsichtigt. Wir bitten, dies zu entschuldigen.