Vergangenen Sonntag hätte in Istanbul eigentliche die Gay Pride stattfinden sollen. Unterstützer*innen der LGBT-Community wollten ihre Solidarität, ihre Toleranz und ihre Forderung nach Gleichberechtigung stolz in die Öffentlichkeit tragen. Dazu kam es nicht.

Stattdessen wurde der Demonstrationszug vom Istanbuler Gouverneur am Vortag verboten – das dritte Jahr in Folge. Offizieller Grund der Behörden: Die Demonstration gefährde die Sicherheit von Bürger*innen und Tourist*innen sowie die öffentliche Ordnung. Die Polizei sperrte das Zentrum daher großräumig ab, Seitenstraßen wurden mit Barrikaden und Fahrzeugen blockiert, Aktivist*innen davon abgehalten, sich auf der zentralen Einkaufsstraße Istiklal zu versammeln.

Die Veranstalter*innen der Demo riefen dennoch zur Teilnahme auf. Mehrere hundert Menschen versammelten sich in der Nähe des Taksim-Platzes, riefen Slogans und wehten mit Regenbogenflaggen. Das veranlasste die türkische Polizei dazu, Gummigeschosse auf sie zu feuern und Wasserwerfer einzusetzen. Mehrere Menschen wurden laut dpa-Berichten festgenommen, die amtliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete schätzungsweise 20 Festnahmen.

Das Verbot wurde von mehreren Seiten scharf kritisiert. Amnesty International sei tief beunruhigt gewesen und forderte die Aufhebung des Verbots. Der Staat solle die Parade nicht verbieten, sondern schützen, hieß es. Ein Mitarbeiter der Menschenrechtsorganisation war vor Ort und berichtete auf Twitter über den Einsatz von Hunden und Helikoptern.

Volker Beck von den Grünen nannte das Verbot "einen klaren Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention" und forderte die Regierung zum Handeln auf. 2016 war er auf der Istanbuler Gay Pride selbst vorübergehend festgenommen worden.

Die Parade ist traditioneller Abschluss der Pride Week in Istanbul, sie wird seit mehr als zehn Jahren von Aktivist*innen organisiert. Da die Demo in diesem Jahr mit dem großen Fastenbrechen zum Abschluss des Ramadan-Monats zusammenfiel, wetterten vermehrt türkische Nationalist*innen und Rechtsextremist*innen in den sozialen Netzwerken dagegen.