Das tut dann nochmal extra weh.Schmerzen kann man aushalten und warten, bis sie irgendwann weniger werden. Aber besser ist, man wird selbst aktiv. Wir haben mit Menschen gesprochen, die Trennungsschmerz erlebt haben, Psycholog*innen befragt und daraus für euch die Bausteine der Trennungsschmerz-Überwindung aufgeschrieben:

11 Tipps nach der Trennung, zum Abarbeiten und Abhaken

  • Lenk dich ab. Klingt erstmal ein bisschen ungesund, aber Ablenkung ist tatsächlich ein wichtiger Verarbeitungsschritt. Ablenkung kann vieles bedeuten: Feiern gehen, exzessiv laufen, viel viel arbeiten, den Kalender pickepackevoll organisieren. Hauptsache, der Fokus geht eine zeitlang vom Schmerz weg. Denn mit Ablenkung fächelt man seiner Psyche erstmal ein wenig Luft zu. Ablenkung ist Selbstschutz.
  • Heul doch! Anders gesagt: Lass den Schmerz zu. Denn auch der sollte seinen Raum finden. Günter H. Seidler ist Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychoanalytiker und Experte für Psychotraumatologie. Er rät in Bezug auf Trennungsschmerz: "Das Abschalten sollte langsam und vorsichtig gelockert und gelöst werden und dann sollte man versuchen, den Schmerz auch dosiert zuzulassen." Schmerz zuzulassen klingt zwar nicht sonderlich reizvoll, aber ist nunmal Teil der Dialektik des Drüberwegkommens: Ablenken, sich dem Schmerz aussetzen, ihn überwinden. Seidler rät, sich dem Schmerz alleine – oder auch mit nahestehenden Menschen – in einem sicheren Rahmen (also nicht bei 180 Kilometern pro Stunde auf der Autobahn) hinzugeben. Ganz konkret kann das heißen: ordentlich weinen, im Wald laut brüllen, ins Sofakissen schlagen. Oder was ihr sonst noch tun könnt, ohne andere zu verletzen oder angezeigt zu werden.
  • Rede darüber. Auch mehrmals. Nimm Angebote von Freund*innen an, zu erzählen und zu erzählen. Du musst nicht so tun, als wäre alles okay. Selbst wenn du eher zur nicht-so-mitteilungsfreudigen Fraktion gehörst: Auf fremde Nachfrage, ob alles okay sei, mal ehrlich "Nee, ich bin gerade verlassen worden" zu antworten, kann sich richtig, richtig gut anfühlen.
Warum war diese Person so wichtig für mich?
  • Nimm es nicht (zu) persönlich. "Eine Trennung kann das Selbstwertgefühl zusammenbrechen lassen", erklärt der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Michael Bohne, "aber es ist wichtig zu sehen, dass das durch den Verlassenen selbst passiert. In solch einem Moment macht sich der Verlassene total abhängig von der anderen Person und hält sich selber nicht mehr für liebenswürdig. Dann wird die Entwertung von außen angenommen und erst dadurch findet die Entwertung statt."
  • Fall auf die Füße. Klar, wir sollten Trauer und Abschiedsschmerz er- und ausleben, aber diese Gefühle lassen sich entschärfen, wenn wir anfangen zu reflektieren. Zum Beispiel: Warum war diese Person so wichtig für mich? Wer gut reflektiert, kann sich auch für zukünftige Situationen ein Stückchen immun machen.
  • Lass es irgendwann gut sein. Reflexion ist wichtig, aber mache keinen Teufelskreis draus. Gedankenkarusselle können sich anfühlen wie fremdgesteuerte Vehikel, aber wir müssen nicht ihre willfährigen Opfer sein. Auch wenn du dich fürchterlich unfair behandelt siehst: jetzt ist es vorbei, geh weiter. Shakespeares Dramenfigur Hamlet ist zwar nicht unbedingt ein Vorbild in Sachen Selfcare, aber er wusste immerhin, dass es unsere Gedanken sind, die schädlicher wirken können als das Ding selbst: "… an sich ist nichts weder gut noch schlimm; das Denken macht es erst dazu", erklärt er Rosenkranz in einer Szene des zweiten Akts. Damit hat der Prinz von Dänemark antizipiert, was in der modernen Psychologie gelehrt wird: Unsere Gedanken sind nicht unsere Gefühle. Aber Gedanken – vor allem solche, die immer wieder um dasselbe kreisen – können negative Gefühle entstehen lassen. So verfestigen sie sich auch. Daher gilt auch im Zusammenhang mit Trennungsschmerz, dass wir die Beschäftigung mit der Ex-Beziehung irgendwann cold turkey abbrechen sollten. Für Günter Seidler ist das mit einem Drogenentzug vergleichbar: Auch der sei nicht wirklich abgeschlossen, wenn man jeden Abend an einer Schnapsflasche schnuppernd ins Bett geht. Selbst wenn man nicht daraus trinkt, die Flasche muss weg.
  • Schmeiß Sachen weg. Es mag dir lieblos vorkommen, aber sich Sachen zu entledigen, die an die Beziehung erinnern, tut gut. Wegschmeißen ist nicht herzlos. Nimm die Lieblingstasse in die Hand, schaue sie an, sage Tschüss und dann stelle sie in deinen Hausflur (Berlin) oder leg sie zum Müll (Rest der Welt). Das ist befreiend, aber klar, es ist auch schwer. Besonders dann, wenn der*die Expartner*in kein Scheusal war, sondern ein Mensch, den man immer noch mag. Wir sind schließlich sentimentale Wesen, wir hängen an Dingen, wir laden sie mit Bedeutung auf und wir glauben, wenn wir an diesen Dingen hängen, wird uns auch die Bedeutung der Dinge bleiben. Es kann daher verführerisch sein, ein altes Hemd aufzubewahren, es sich ab und zu ans Gesicht zu halten und noch ein wenig Ex-Duft zu erschnüffeln. Solches Aufheben gibt uns das Versprechen, dass das Ende kein Ende war. Denn, und das sollte man auch nicht vergessen: Trennungen sind ja auch deswegen so schmerzhaft und schwer, weil die Beziehung in den allerseltensten Fällen nur schlecht war. Sie war eben auch gut und schön und eine Trennung macht das deutlich. Trotzdem: Miste aus. Alles andere hindert dich daran, nach vorne zu schauen.
  • Hör Musik. Musik ist ein wunderbarer Emotionskatalysator. Mit dem richtigen Song lassen sich Stimmungen auffangen, verstärken, nachfühlen. Ein Song kann einen in "X hatte mich eh nicht verdient" bestärken, triumphale Überlegenheitsgefühle auslösen oder auch beim radikalen Ausleben des vorherigen Punktes "Heul doch!" unterstützen. Ich weiß das ganz sicher, denn ich habe mein 14. Lebensjahr dank Mach die Augen zu von den Ärzten überstanden.
  • Geh aus, etwas trinken und eskaliere – aber vergiss nicht, auch zu essen. In anderen Worten: Bleib am Leben.
  • Lösch die Nummer. Meine Freundin Katha hat noch Monate nach der Trennung bei Whatsapp nachgeschaut, wann ihr Ex online war. Und einmal hat sie dabei gesehen, dass er anfing, ihr zu schreiben. Es kam aber nie eine Nachricht an. Du kannst dir vorstellen, wie gut das bei Katha mit dem Loslassen funktioniert hat. Nun sind wir alle unterschiedlich. Die Eine kommt nie mehr in Versuchung, ständig seinen Insta-Account nach Spuren einer Neuen zu durchforsten, der Andere legt sich ein Profil mit falschem Namen zu, um hemmungslos auf allen Kanälen stöbern zu können. Wenn du zur letzten Kategorie gehörst: Entfolge der Person, schalte sie stumm. Lösche die Nummer, blocke sie im Zweifel. Erscheint dir kindisch? Egal. Hauptsache, es hilft.
  • Sei nicht sauer auf deine Gefühle. Sei traurig, sei wütend. Auch wenn du den Eindruck hast, dass diese Gefühle niemand verdient hat. Ambivalenz ist okay. Negative Gefühle auszublenden gehört nicht zur seelischen Gesundheit. Sie sind Teil des Lebens.

Schließlich, und ich weiß, das kann ein bisschen kränkend klingen: Dein Kummer mag sich episch anfühlen. Er mag sich ganz ganz besonders anfühlen. Einzigartig. Aber das ist er nicht. Das ist auch ein Grund, warum ich hier nicht von Liebeskummer schreibe. Ich finde den Begriff etwas zu pompös. Und nochmal: Ich weiß wirklich, dass es sich manchmal ganz anders anfühlen kann. Aber ich glaube zugleich nicht, dass es bei Schmerzen hilft, wenn man sich auch noch metaphysisch in sie reinsteigert. Trennungsschmerz und unerfüllte Zuneigung sind ziemlich alltägliche Phänomene. (Bitte schau mal in die Scheidungsstatistiken.) Und die Leute, die uns glauben machen, dass diese Gefühle etwas völlig Einzigartiges sind, sind einfach nur richtige gute Songwriter*innen.

Es wird besser. Versprochen.