Wir treffen Louis Hofmann in einem Garten in Berlin-Schöneberg. Auf einem Biertisch sind Snacks angerichtet, ein bisschen Obst, ein paar Getränke. Hofmann wird den ganzen Nachmittag hier verbringen, um Interviews zu führen. Gleich am nächsten Tag wird er wieder am Set stehen und spielen. Ein Termin folgt dem anderen, trotzdem ist Louis Hofmann entspannt und fröhlich. Die Beine übereinandergeschlagen beantwortet er mit ruhiger, sanfter Stimme die Fragen zu seinem neuesten Filmprojekt. Prélude feierte seine Premiere beim Filmfest München, jetzt startet er im Kino.

ze.tt: Louis, in Prélude spielst du einen jungen Pianisten, der an einem angesehenen Konservatorium studiert. Anfangs ist er total motiviert, zerbricht aber schließlich am Leistungsdruck. Was hat dich an der Rolle des David fasziniert?

Louis Hofmann: Wenn ich ein Drehbuch lese, dann setze ich mich an eine Stelle und bewege mich nicht mehr, bis ich es durch habe. Ich erhoffe mir von einem Drehbuch, dass es mich packt. Dass ich danach regelrecht aufwache. Im Fall von

Prélude hat mich das Musikthema interessiert, weil ich seit vielen Jahren Schlagzeug spiele. Und es gibt natürlich auch Parallelen, was den systematischen Druck angeht, den man als Schauspieler durchaus auch zu spüren bekommt.

Ich finde es falsch, wenn von Kindern und Jugendlichen etwas Besonderes, eine bedeutende Leistung erwartet wird. So etwas sollte nicht aus Druck und Zwang heraus entstehen, sondern aus Eigenmotivation.
Louis Hofmann

Von der Film- und der Musikbranche im Speziellen ist bekannt, dass mit dem Erfolg ein enormer Druck verbunden ist. Umfragen ergeben immer wieder, dass deine Generation – du bist Jahrgang 1997 – aber einen grundsätzlichen Druck bei der Karriere- und Lebensplanung zu spüren scheint. Woher kommt der?

Dieser Film und meine Rolle stehen symptomatisch für etwas in meiner Generation, das sehe ich auch so. Ich glaube, viele erleben einen Widerspruch. Einerseits sind wir so erzogen worden, dass alles möglich ist, dass alle Rahmenbedingungen gegeben sind für das bestmögliche Leben und dass wir unsere Träume verfolgen können. Aber dann bekomme ich doch immer mal wieder mit, dass Eltern eine Ausbildung als eher nicht so gut abstempeln und sich wünschen, dass ihr Kind den akademischen Weg einschlägt. Obwohl viele ein Sicherheitsnetz haben, wird ihnen mitgegeben, sich nicht darauf zu verlassen und nach Höherem zu streben. Ich finde es falsch, wenn von Kindern und Jugendlichen etwas Besonderes, eine bedeutende Leistung erwartet wird. So etwas sollte nicht aus Druck und Zwang heraus entstehen, sondern aus Eigenmotivation.

Deine Figur verliert diese Eigenmotivation fortlaufend, weil seine Professorin ihn in ein Korsett zwängt. Wie gelingt es, sich die Lust zu bewahren, auch wenn man plötzlich unter Druck steht?

Davids Grundproblem ist, dass er alles mit sich selbst ausmacht und mit niemandem redet. Ich glaube, dass sich alle großen Probleme, die im Kopf noch viel größer erscheinen, bewältigen lassen, wenn man sie mit anderen Menschen teilt. Dann verlieren sie an Größe. Der Film bedeutet auch nicht, dass Druck grundsätzlich etwas Schlechtes ist. Vielleicht hätte David auch von ihm profitiert und eine erfolgreiche Karriere als Pianist machen können, wenn er sich intensiver mit den Gedanken in seinem Kopf durch die Hilfe anderer auseinandergesetzt hätte. Aber er ist dem nicht gewachsen und entwickelt Wahrnehmungsstörungen, die zu seinem Untergang führen.

Es ist eine gute Sache, dass von Vätern mehr Verantwortung gefordert wird und für eine gleichberechtigte Entlohnung gestritten wird.
Louis Hofmann

Dieser Untergang scheint gegen Ende des Films kurzzeitig abwendbar: David besucht eine ehemalige Schulfreundin. Sie hat früh ein Kind bekommen und gerade einen Job in einer Bücherei ergattert. Ihr scheint es zu gelingen, den Druck sowohl der Karriere als auch des Privatlebens zu meistern. Trotzdem kann sich David an ihr kein positives Vorbild nehmen. Woran liegt das?

An dieser Stelle des Films ist er schon zerstört. Seine Gedanken sind zu festgefahren, als dass er noch einen Ausweg sehen könnte. Er hat seine Entscheidung auch schon getroffen. Ich glaube auch, dass es immer noch ein bisschen in unseren Köpfen steckt, dass man sich zwischen Karriere auf der einen und Familie auf der anderen Seite entscheiden muss. Vor allem bei Frauen, weil sie ja nun mal neun Monate schwanger sind und ihren Job temporär nicht weiter ausüben können. Aber zum Glück wird daran gerade gearbeitet. Es ist eine gute Sache, dass von Vätern mehr Verantwortung gefordert wird und für eine gleichberechtigte Entlohnung gestritten wird. Familie und Karriere sollten sich nicht im Weg stehen.

Egal, wie gut man plant und sich um Karriere und Familie bemüht – die Möglichkeit des Scheiterns lässt sich nie ausschließen. David findet im Film keinen vernünftigen Umgang mit seinem Scheitern. Wie geht man gut mit Rückschlägen um?

Es gibt eine spannende Dokumentation: A Song of an unknown Actress. Der Film zeigt Schauspieler, die viele Jahre lang keinen Job kriegen, Freunde raten ihnen, es endlich sein zu lassen. Aber die Schauspieler wollen ihren Traum nicht loslassen und kämpfen und leiden weiter. Gerade wenn man mit großer Eigenmotivation an eine Sache herangeht, ist es schwer, seinen Traum einfach so loszulassen. Ich finde das gut, auch wenn es vielleicht übertrieben romantisch und idealistisch ist. Rückschläge gehören eben dazu. Wichtig ist es, dass man dieses Gefühl nutzt, reflektiert und sich nicht davon erschlagen lässt.