Wer in den letzten Tagen durch Berlin spaziert ist, musste bei diesen Plakaten wohl zweimal hinsehen: Seit Freitag hängen in Berlin-Mitte und Berlin-Kreuzberg zahlreiche große Plakate, die auf den ersten Blick wie Werbeanzeigen der BILD-Zeitung aussehen. Roter Hintergrund, weiße Schrift und unten, rechts in der Ecke, das Logo der Zeitung, samt Slogan "Bild dir deine Meinung!" Schaut man sich dann jedoch die Botschaften auf den Werbeplakaten ein wenig genauer an, wird schnell klar, dass die BILD-Zeitung sicherlich nicht hinter der Kampagne steckt.

So steht etwa "Wir wissen, was Frauen lesen wollen!" in großen Lettern auf einem der Plakate. Der Zusatz "Luder, Krawall-Barbie, Mutti, Schlampe oder Teppich-Luder" ist direkt darunter zu finden. Auf einem weiteren Plakatmotiv ist "Bei uns steht die Frau an erster Stelle!" zu lesen, gefolgt vom Zusatz "*als BILD-Girl auf Seite 1". Außerdem ist auf allen der insgesamt vier Plakatmotive unten links "#UnfollowPatriarchy" zu sehen. Bei der Plakataktion handelt es sich um sogenanntes Adbusting, also um das Überkleben, Verändern, Umgestalten oder Verfremden von Werbung im öffentlichen Raum.

Täglich wird Gewalt an Frauen verharmlost
Britta Häfemeier, Gender Equality Media

Hinter der Aktion stecken Adbusting-Künstler*innen, die lieber anonym bleiben wollen. Der Verein Gender Equality Media, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, gegen sexistische Berichterstattung in den Medien vorzugehen, freut sich über die Aktion. "Studien belegen den engen Zusammenhang zwischen sexistischer Berichterstattung und Gewalt gegen Frauen, trans* und inter* Menschen und Queers – dagegen kämpfen wir", heißt es auf der Webseite.

Britta Häfemeier ist Vorstandsvorsitzende von Gender Equality Media und erklärt, was hinter der Plakataktion steckt: "Während sich am Wochenende die Presse bei ihrem Presseball in Berlin selbst gefeiert hat, feiern wir lieber die kreativen Künstler*innen und die Adbusting-Aktion für unsere Kampagne #UnfollowPatriarchy!" Denn die großen Verlagshäuser, so Häfemeier, hätten besonders in Sachen Geschlechtergerechtigkeit nicht viel zu feiern. "Täglich wird Gewalt an Frauen verharmlost, wird die Leistung von Frauen systematisch entnannt, werden Frauen als Lustobjekte dargestellt und auf ihre Körper reduziert. Die BILD-Zeitung allen voran", erklärt sie gegenüber ze.tt. Deshalb freue es den Verein auch besonders, dass die Adbusting-Aktion die BILD-Zeitung erwischt habe. "Aber vor allem freut es uns, dass es noch mehr Menschen gibt, die von sexistischen Medien ebenso genervt sind wie wir – und das sollten die großen Verlagshäuser dieses Landes auch endlich checken", erklärt Häfemeier weiter.

Gemeinsam gegen Sexismus

Die Künstler*innen hinter der Plakataktion wollen anonym bleiben, da Adbusting rechtlich eine Grauzone ist. Sie erklären: "Mit unserer Adbusting-Aktion wollen wir die Arbeit von Gender Equality Media unterstützen und auf die Straße bringen. Besonders die BILD ist Spitzenreiter in Seximus und Rassismus in der deutschen Medienlandschaft. Hier wird gezündelt, was das Zeug hält und das jeden Tag! Ganz im Sinne von nicht jedes Fake muss falsch sein, hängen jetzt in Berlin Plakate, auf denen endlich auch drauf steht, was drin steckt: Sexismus!"

Wir haben bei der Pressestelle der BILD-Zeitung um eine Stellungnahme zu der Adbusting-Aktion gebeten. Dort verweist man darauf, dass es die in der Adbusting-Aktion genannten BILD-Girls bereits seit 2012 nicht mehr auf der Titelseite der Tageszeitung gebe. Tatsächlich werden sie nun im Innenteil der Zeitung abgedruckt. Außerdem behalte man sich selbstverständlich alle juristischen Schritte vor, heißt es weiter.

Anmerkung der Redaktion: In einer vorherigen Version dieses Artikels war davon die Rede, dass der Verein Gender Equality Media hinter der Aktion steckt. Das war falsch und wurde entsprechend korrigiert. Richtig ist, dass Gender Equality Media die Aktion lediglich begrüßt. Außerdem wurde der Artikel um eine Stellungnahme seitens der BILD-Zeitung ergänzt.