Seit ich acht Jahre alt bin, spiele ich Fußball im Verein. Es ist ein toller, faszinierender, einzigartiger Sport. Er verlangt Teamgeist, Konzentration, Ballgefühl, Kondition und vor allem den Willen zu kämpfen. Anmut und Gefühl gibt es auf dem Platz genauso wie Grobheit und Verletzungen. Der Sport ist nicht weiblich oder männlich, er ist einfach nur schön.

Die ersten zwölf Jahre meiner Karriere habe ich mitten im Ruhrgebiet auf einem Ascheplatz verbracht. Das sind diese roten Plätze mit den kleinen, fiesen Steinen, die sich bei einer Blutgrätsche in die Haut fressen. Die Sonntagabende nach den Spielen waren wir zumeist damit beschäftigt, die Reste des Platzes aus unseren blutenden Knien zu puhlen – aber das war es wert. Die Narben dieser Verletzungen trage ich auch heute noch stolz auf meinen Beinen. Sie zeigen wer ich bin – auch dann, wenn ich Röcke oder Kleider trage.

Solange wir den Ball am Fuß hatten, war uns das einfach egal."

Wir waren nicht anders als andere Frauen und gleichzeitig waren wir nicht anders als andere Fußballer. Wir wollten gewinnen, Spaß haben und den Sport genießen. Daran konnten auch die Kommentare der Schiedsrichter nichts ändern, die uns vor dem Spiel ermahnten, nicht so rumzuzicken und uns nicht aufzuregen, wenn das Make-up verschmiere. Auch an die "Titten, Titten"-Rufe von der Seite bei der Brustannahme gewöhnten wir uns. Wenn der Spaß am Spiel groß genug ist, wird alles andere zur Nebensache, auch beleidigende Kommentare. Solange wir den Ball am Fuß hatten, war uns das einfach egal. Genau wie es der Frauennationalmannschaft egal ist, wenn ihnen als Profisportlerinnen vorgeworfen wird, sie könnten keinen vernünftigen Freistoß schießen.

Klassisches Beispiel eines Kommentars:

Der Vergleich von Männer- und Fraußenfußball hinkt

Solche Bemerkungen hört man heute leider immer noch, fast 50 Jahre nachdem der DFB das Verbot von Frauenfußball offiziell aufgehoben hat. In der Zeit davor, im Jahr 1955, hieß es von den Männern im Fußballbund, "dass diese Kampfsportart der Natur des Weibes im Wesentlichen fremd ist". Doch schon damals ließen sich die Frauen nicht davon abhalten, diesen sogenannten Kampfsport weiter auf dem Bolzplatz zu betreiben. Seit 1970 dürfen Frauen offiziell wieder spielen, doch – dem DFB sei Dank – hinkt der organisierte Frauenfußball den Männern um ein halbes Jahrhundert hinterher. Wer also unbedingt einen Vergleich zwischen Männer- und Frauenfußball heranziehen möchte, der sollte die heutigen Damen mit den Leistungen der Herren Mitte des 20. Jahrhunderts vergleichen.

Ein Bereich, in dem die Frauen den Männern jedoch um Meilen voraus sind, ist der Umgang mit Homosexualität. Dass es im Frauenfußball von Lesben nur so wimmelt und dass nach dem Spiel unter der Dusche regelrechte Orgien stattfinden, ist ein Vorurteil, das der männlichen Fantasie entsprungen ist. Fakt ist, dass es in allen Mannschaften, in denen ich gespielt habe, mehr hetero- als homosexuelle Frauen kickten. Fakt ist aber auch, dass es überall mindestens eine homosexuelle Spielerin gab. Für uns spielte das keine Rolle. Wichtig waren Ballbehandlung, Dribbelkünste und Passgenauigkeit – nicht, was die Damen mit wem in ihrer Freizeit trieben. Natürlich rührt die Versteifung auf den angeblichen Lesbensport daher, dass im Männerfußball die Homophobie Hochkonjunktur hat. Wer sich dort outet, riskiert seine Karriere.

Aus euch spricht die Furcht, euren Sport an die Frauen zu verlieren."

Angst ist wohl auch der Grund, warum viele Männer immer noch Beleidigungen rufen müssen. Aus euch spricht die Furcht, euren Sport an die Frauen zu verlieren. Ihr merkt, dass Frauen genauso viel Spielverständnis, Laufbereitschaft und Technik aufbringen können wie die Männer. Und dass sie dem Sport ihren eigenen Stempel aufdrücken. Die Kommunikation der Frauen auf dem Platz ist eine andere. Entschuldigungen, Aufmunterungen und Komplimente sind bei den Frauen viel häufiger als bei den Männern.

Ungleiche Bezahlung

Dabei könntet ihr euch doch eigentlich zurücklehnen. In keinem Sport steckt so unendlich viel Geld wie im Männerfußball. Jugendspieler mit Talent werden schon im Kindesalter auf Fußballinternaten untergebracht, bekommen als Teenager Profiverträge und einen eigenen Manager. Die Gehälter der Bundesligaspieler sind astronomisch, Topspieler verdienen an wenigen Tagen so viel wie ihre weiblichen Pendants als Jahresgehälter erhalten.

Die meisten Profifußballerinnen studieren neben dem Sport, arbeiten oder machen eine Ausbildung. Man stelle sich vor, ein Herr Müller, Özil oder Schweinsteiger würde neben dem Training an seiner Abschlussarbeit schreiben. Ihre Leistungen wären nicht dieselben. Und doch wird bei jedem Spiel, jedem Turnier der Damen der leidige Vergleich mit den Männern herangezogen – oder wie ihr es ausdrückt: zwischen Pferde- und Eselrennen. Frauen sind in kaum einem Sport physisch so leistungsstark wie die Männer, im Fußball müssen sie es dazu noch mit den finanziell aufgeblasensten Profis in ganz Europa aufnehmen.

Wenn ihr euch nicht für Frauenfußball interessiert, ist das okay."

Liebe Männer, ich habe es satt. Eure strunzdummen Kommentare, die ihr wahrscheinlich über eure Wampe hinweg in die Tastatur hackt. Wenn ihr euch nicht für Frauenfußball interessiert, ist das okay. Welche Spiele ihr guckt und welche nicht, juckt keine*n, uns Frauen am allerwenigsten. Aber wenn ihr das nächste Mal Frauen seht, die kicken, tut mir einen Gefallen, macht einfach den Fernseher aus, scrollt weiter oder geht nach Hause. Und ganz vielleicht überwindet ihr ja doch eines Tages euer männliches Trauma der Emanzipation und schaut euch ein Spiel an. Ihr werdet merken: Frauen können Fußball spielen. Viele davon besser als ihr.