Tausende Menschen sind am Mittwoch in mehreren Städten der Türkei auf die Straße gegangen, um gegen Gewalt an Frauen und die Aufkündigung der sogenannten Istanbul-Konvention zu demonstrieren. Im Istanbuler Stadtteil Kadiköy versammelten sich Hunderte Frauen und skandierten unter anderem "Männer schlagen, der Staat schützt (sie)", berichtet die dpa. Auf ihren Plakaten und T-Shirts zeigten die Demonstrant*innen die Namen getöteter Frauen. In der westtürkischen Stadt Izmir soll es zu mehreren Festnahmen gekommen sein.

Die Türkei hat das internationale Abkommen des Europarats 2012 ratifiziert, eine der Töchter von Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan zählte zu den Vorkämpferinnen. Das Land hat sich damit gemeinsam mit 33 weiteren Staaten rechtlich verbindlich dazu verpflichtet, Gewalt gegen Mädchen und Frauen sowie häusliche Gewalt als Verbrechen einzustufen und diese zu bekämpfen. Frauenrechtsgruppen hatten in den vergangenen Jahren den türkischen Behörden jedoch immer wieder vorgeworfen, die Ziele der Konvention nicht umzusetzen. Nun soll die Regierung in Ankara erwägen, das Abkommen aufzukündigen. Ähnliche Pläne hatte Ende Juli auch der polnische Justizminister Zbigniew Ziobro für sein Land verkündet.

Gewalt gegen Frauen ist in der Türkei wie auch in vielen anderen Ländern weit verbreitet. Zuletzt hatte der Mord an der 27 Jahre alten Studentin Pinar Gültekin im Juli die Proteste gegen Femizide im Land noch einmal befeuert. Nach Angaben der Plattform Wir werden Frauenmorde stoppen wurden allein im vergangenen Jahr in der Türkei 474 Frauen von Männern getötet.

Aufmerksamkeit bekam das Thema Femizide in der Türkei zuletzt auch durch den Hashtag #ChallengeAccepted auf Instagram, unter dem später Frauen Selfies von sich in Schwarz-Weiß posteten. In einem Beitrag auf Instagram erklärte ein Nutzer, dass die Challenge ursprünglich in der Türkei entstanden sei, um für Gewalt gegen Frauen zu sensibilisieren. Sie sei eine Möglichkeit für Frauen gewesen, ihre Stimmen zu erheben und sich solidarisch mit den ermordeten Frauen zu zeigen – und um zu zeigen, dass es eines Tages auch ihr Schwarz-Weiß-Bild sein könnte, das in den Nachrichten zu sehen ist. nm/dpa