Ich fühle euch, Männer. Ständig am hustlen, Termine ohne Ende, rumdiskutieren, von A nach B rennen, Arbeit, Arbeit, Arbeit, womöglich noch Studium dazu, ständig erreichbar über alle Kanäle, die Bude sauber halten – geh mir weg. Was sind das nicht für stressige Zeiten gerade.

Momente der Auszeit sind rar, nicht mehr als kleine Alltagsleckerlis, von denen wir uns viel zu wenig gönnen. Ich könnte jetzt die Beispielpeitsche auspacken, bleibe aber bei einem einzigen, praktikablen und ganz lebensnahen Mastertipp für mehr Entspannung: Setzt euch künftig hin beim Strullern.

Ein langer, beschwerlicher Kampf, der gar nicht hätte sein müssen

Warum ich plötzlich mit so einer uralten und vermeintlich ausdiskutierten Geschichte ums Eck komme? Weil ich der Meinung bin, dass wir in der ganzen Debatte ums männliche Sitzpinkeln womöglich jahrzehntelang etwas Essenzielles ausgeblendet haben. Wir dachten nie über die Möglichkeiten nach, über die Vorteile. Und das absolute Totschlagargument fürs Hinsetzen wurde uns einfach verschwiegen.

All die Jahre war das Thema negativ belegt. Es hieß, wir sollten uns auf der Schüssel niederlassen, um Spritzer rund um den Thron zu vermeiden. Es sei außerdem ohnehin nicht fair, dass wir stehen könnten, während Frauen sich hinsetzen müssten. Überall tauchten Sticker auf, die uns Männer mit gut gemeinten Illustrationen und Sprüchen nicht nur erklären sollten, dass auch wir uns hinzusetzen haben, sondern uns ganz nebenbei noch zu Deppen erklärten.

Hahaha, die dummen Männer, zu blöd zu erkennen, dass ihr Pipi Dreck im Bad macht.

Von unzähligen meiner Geschlechtsgenossen wurde das als Affront aufgefasst, als Provokation und Angriff auf die Männlichkeit. Wo kommen wir denn da hin, wenn wir nicht mal mehr im Stehen brunzen dürfen, verdammt noch mal, ihr Frauen wollt uns noch alles nehmen! Das führte nach und nach zu ganz abstrusen Dynamiken: Sitzpisser, so heißt es etwa landauf, landab am Herrenstammtisch, sind auf keinen Fall richtige Männer. Nein, das sind die, die sich weichklopfen haben lassen.

In diesem langen Kampf gab es Fehler auf allen Seiten. Das Thema ist aber zu wichtig, um es einfach abzuhaken und nicht mehr darüber zu sprechen; die Debatte ums Sitzpullern soll immerhin schon ganze Ehen zerstört haben und in manchen WGs hängt immer noch der Haussegen schief.

Das alles womöglich nur deshalb, weil uns Männern bei all dem Disput eine Sache nicht klar war: Der Klogang kann ein wunderbarer Moment der Entspannung sein. Und was wäre in dieser Situation entspannender als – Sitzen?

Ein meditativer Moment des Friedens und der Ruhe

Diese einfache Erkenntnis änderte einfach alles für mich.

Seit einigen Jahren kann ich gar nicht mehr anders, als mich hinzusetzen, wenn ich den Ruf der Natur höre und die Möglichkeit dazu habe. Einfach weil es angenehmer ist und weil Sitzen manchmal fast so schön wie Liegen ist. Das Smartphone bleibt mittlerweile auch weg. So wirkt die Biopause fast schon wie eine Kurzmeditation. Rein da, hinter sich abschließen, eine Minute Ruhe vom Alltag.

All der Hustle bleibt draußen, niemand will was von euch, ihr habt euren Frieden, für einen kurzen Moment. Es ist außerdem ein offenes Geheimnis, dass einem die besten Ideen unter der Dusche oder aufm Klo kommen. Seht ihr langsam all die Möglichkeiten, all die Vorteile, die sich euch durchs Schiffen im Sitzen auftun?

Natürlich gilt das größtenteils für den privaten Bereich oder die Arbeit, nicht für öffentliche Ekeltoiletten, das macht ja nur noch mehr Stress und man fängt sich womöglich was ein. Apropos Gesundheit: Medizinisch gesehen habe das Wasser lassen im Stehen keinen Vorteil, wie der Urologe Wolfgang Bührmann der Apotheken Umschau erklärte. Im Gegenteil: "Die männliche Harnröhre hat zwei Kurven. Wenn man auf der Toilette sitzt, kann man den Penis einfach hängen lassen. Das kommt der Natur entgegen", sagt Bühmann. Da habt ihr's: Hängen lassen kommt der Natur entgegen.

Auch für Männer, die Probleme mit der Prostata haben, könne das Hinhocken Wunder wirken: Wer sitzt, bekommt mehr Urin aus der Blase, weil Bein- und Beckenmuskulatur besser entspannen können. Und weniger Urin in der Blase bedeutet ein geringeres Risiko eine Blasenentzündung oder Blasensteine zu bekommen.

Der Urologe bemerkt außerdem, dass die Bereitschaft, sich hinzusetzen, in den jüngeren Generationen zunehme. Den Grund vermutet er in der sich verändernden Rollenverteilung. Heute müssten eben auch die Männer beim Badputz ran.

Auf jeden Fall ist das Sitzlurchen eine Win-Win-Situation: Wir spritzen nicht das ganze Bad mit Pisse voll, entgehen Streitigkeiten und haben nebenher noch eine kurze Zeit der Regeneration vom stressigen Alltag. Wie gesagt, vor allem der letzte Punkt fetzt. Tragt die frohe Botschaft hinaus, Männer. Lasst uns eine Bewegung starten, nennen wir sie: Meditativer Sitzpinkler-Club. Oder so.

Ach ja: gern geschehen.