Vor kurzem hatten wir über ein Paar berichtet, das eine Beziehung über 11.000 Kilometer führt. Sie ist für den Job nach New York gegangen, er wohnt in Seoul. Ihr Weg, trotzdem Nähe herzustellen: Sie teilen sich einen gemeinsamen Instagram-Account. Wir hatten euch gebeten, uns eure Erfahrungen mit Fernbeziehungen zu erzählen. Einer von ihnen war Manuel – mit ihm haben wir über seine Fernbeziehung von Marburg in Deutschland nach Gabarone in Botsuana gesprochen.

"Ich erinnere mich gut an den Tag, an dem ich Rose das erste Mal gesehen habe. Es war ein Dienstag, der 10. September 2013. Rose stammt aus Botsuana und war mit der Band "Kalahari Roses" zu Gast in Marburg, der Stadt, in der ich lebe. Ich bin selbst Musiker und Grafiker, spiele Bass und mag afrikanische Musik. Ich habe auch die Platte ihrer Band zu Hause. Nach dem Konzert kam ich zu meiner Frau und meiner Tochter (7) nach Hause und sagte: "Die eine Frau hat mich sehr beeindruckt."

Damals habe ich mir nicht mehr dabei gedacht. Drei Tage später war ich für die Abschieds-Jam-Session vor der Abreise eingeladen. Gegen Ende des Jams verließ der Bassist die Bühne – ich glaube, er konnte nicht mehr. Ein Freund von mir, Gitarrist und Chef der Band, sah mich und rief mir zu: "Manu, spiel du!"

Ich war aufgeregt, aber es klappte gut. Das lag auch daran, dass das erste Stück ein Reggae-Lied war, das ich von ihrer Platte kannte. Diese Musikrichtung habe ich selbst lange gespielt. Nach dem letzten Lied sahen Rose und ich uns an. Ich glaube es war eher Erstaunen in diesem Moment, etwas in der Richtung von: "Was war das denn gerade?"

Danach sprachen wir beide kurz miteinander, mehr aber auch nicht. Im Nachhinein würde ich trotzdem sagen, dass es ein besonderer Moment war: Sie sang wahnsinnig gut, sah super aus und war riesengroß in ihren High-Heels. Selbst ohne die ist sie noch acht Zentimeter größer als ich.

Ich schickte ihr eine Freundschaftsanfrage auf Facebook. Am Anfang schrieben wir uns aber eher sporadisch. Dann trennte sich Rose im August 2014 von ihrem damaligen Freund, mit dem sie auch einen Sohn hat. Der ist jetzt zwei Jahre alt. Einen Monat später ging die Ehe mit meiner damaligen Frau (33) nach sieben Jahre zu Ende. Das hatte beides aber überhaupt nichts miteinander zu tun, erst später fing der Kontakt zwischen Rose und mir richtig an.

Am Anfang hatten weder Rose noch ich eine Beziehung im Sinn. Ich hatte schon das Gefühl, dass eine große Nähe und großes Vertrauen zwischen uns herrscht, aber erst tauschten wir uns zum Beispiel noch viel über Musik aus. Dann fingen wir an, über unsere vorherigen Beziehungen zu sprechen. Im März 2015 wurden die Chats auf Facebook immer häufiger und auf einmal auch flirtiger. Bis wir uns Hals über Kopf verliebten. Der 11. März ist für uns offiziell der Tag, seit dem wir zusammen sind.

Ich bin eigentlich ein sehr rationaler Typ und am Anfang habe ich mir gedacht: "Das ist total unrealistisch wegen der Entfernung." Aber dann kam ich zu dem Schluss, dass ich durchaus zwei bis drei Mal im Jahr nach Botsuana fliegen könnte. Obwohl wir auf Facebook ein Paar geworden sind, haben wir es beide sehr ernst genommen. Wenig später fingen wir dann an, zu telefonieren. Bei unserem ersten Telefonat hat sie mir etwas vorgesungen. Das war so schön, dass ich fast gestorben wäre. Spätestens da wusste ich, dass ich mehr will.

Knapp drei Monate später kam Rose für sieben Wochen nach Deutschland. Sie studierte Modedesign und hatte Semesterferien. Als ich sie am Flughafen abholte, gab es schon einen kurzen Moment der Schüchternheit, aber dann war es sehr vertraut. Ich habe daraufhin einfach meinen Alltag mit ihr geteilt: Sie war bei Jobs dabei oder mit in der Schule bei einem Schulband-Coaching. Ich genoss es einfach, Zeit mit ihr zu verbringen. Das hatten wir uns die ganzen drei Monate gewünscht.

Natürlich gab es auch Missverständnisse und kleinere Probleme. Zum Beispiel steht sie auf Science-Fiction-Filme. Die mag ich zwar gar nicht, aber natürlich haben wir uns ein paar zusammen angesehen. Auch wegen der Sprache gab es manchmal Missverständnisse, weil sie ja kein Deutsch spricht. Aber das ließ sich immer sehr schnell und konstruktiv lösen.

Im August, einen Monat später, flog ich für zwei Wochen nach Botuana. Wir fuhren 1400 Kilometer in den Nordwesten. Dort lebt ihre Mutter und ihr Sohn. Das war ein richtig kleines Dorf. Die Familie war sehr freundlich, auch wenn sie nicht so viel mit mir sprachen. Viele trauen sich nicht, Englisch zu reden und ich bin auch kein Smalltalker. Die Frauen haben sich immer über mich amüsiert, wenn ich mitgeholfen habe: Wasser schöpfen, Spülen, Wäsche waschen – das macht in Botsuana kein Mann.

Der Altersunterschied zwischen uns beiden spielte nie eine Rolle. Sie ist durch ihre Trennung viel reifer geworden und ich bin zwar 38, aber eben Musiker und gefühlt viel jünger. Rose sagte mir mal, dass Frauen in Botsuana glauben, dass Männer älter sein müssen – sonst sind sie zu unreif.

Dass wir zusammen Musik machen können, ist so etwas wie das i-Tüpfelchen. Ich liebe afrikanische Musik und Rose ist nicht nur eine tolle Sängerin, sondern auch eine spannende Songwriterin – und jetzt produzieren wir gemeinsam ihre Platte. 'Ke a gana' ist der erste Vorbote unserer Arbeit.

Das nächste Mal kommt Rose an Weihnachten nach Deutschland. Darauf freue ich mich schon. Natürlich wollen wir irgendwann heiraten. Das ist der einzige Weg, wie es funktionieren kann. Wie willst du eine Afrikanerin sonst nach Deutschland holen? Wir wollen hier ein gemeinsames Leben aufbauen und auch zusammen Kinder bekommen."